Was Sie bei eingefleischten Veganern beachten müssen

Friederike Klein

Über eine vergane Kost ist es möglich, die meisten Nährstoffe in ausreichender Menge zuzuführen – aber eben nicht alle. Über eine vergane Kost ist es möglich, die meisten Nährstoffe in ausreichender Menge zuzuführen – aber eben nicht alle. © iStock/laflor

Nie wieder Milchprodukte, Fleisch, Fisch, Meeresfrüchte, Honig oder Ei essen. Fehlt dem Körper da nicht irgendwas? Über eine rein pflanzliche Kost ist es möglich, die meisten Nährstoffe in ausreichender Menge zuzuführen – aber eben nicht alle.

Ob die vegane Ernährung die Gesundheit fördert, hängt stark von der Zusammensetzung dessen ab, was man statt der tierischen Nahrung verzehrt. Wichtig ist auch, wie die Nahrungsmittel prozessiert sind und ob man Supplemente einsetzt oder nicht, betonte Professor Dr. Bernhard Watzl vom Max Rubner-Institut in Karlsruhe, Mitautor eines Positionspapiers der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Die meisten Veganer entscheiden sich aber auch nicht primär aus gesundheitlichen Gründen für diese Ernährungsform, sondern geben eher ethische oder ökologische Motive an.

Der häufig genannte Mangel an kritischen Nährstoffen muss allerdings differenziert betrachtet werden. Zwar weisen Veganer laut Prof. Watzl ohne Supplemente einen Mangel an Vitamin B2, B12 und D, Kalzium, Jod, Zink und langkettigen Omega-3-Fettsäuren auf. Aber Omnivore versorgen sich meist auch nicht ausreichend mit Vitamin D, Jod und Kalzium. Außerdem haben sie häufig einen Mangel an Folsäure, sekundären Pflanzenstoffen und Ballaststoffen, den Veganer meist nicht aufweisen.

Das Risiko für verschiedene Zivilisationskrankheiten sinkt

Es gibt durchaus Hinweise, dass eine vegane Ernährung im Vergleich zur Mischkost, das Risiko für Adipositas, Diabetes, koronare Herzkrankheit, Krebs, Divertikulose und Katarakt senkt. Demgegenüber stehen allerdings ungünstige Effekte wie ein hohes Frakturrisiko bei Kalziummangel oder Entwicklungs- und kognitive Störungen durch einen Vitamin-B12-Mangel.

Die US-Akademie für Ernährung und Diätetik hat dennoch 2016 festgestellt, dass eine gut geplante vegetarische oder vegane Diät als gesund, adäquat und möglicherweise günstig gelten kann bezüglich der Prävention und Behandlung einiger Erkrankungen. Dieser Auffassung haben sich inzwischen viele Länder angeschlossen – die DGE nicht, betonte Prof. Watzl (s. Kasten). Das gilt besonders für sensible Lebensphasen, in denen der Verzicht auf jegliche tierische Lebensmittel das Risiko für Nährstoffdefizite und damit für Gesundheitsstörungen erhöht.

„Vegan bitte nur für erwachsene Nicht-Mütter“

„Bei einer rein pflanzlichen Ernährung ist eine ausreichende Versorgung mit einigen Nährstoffen nicht oder nur schwer möglich. Der kritischste Nährstoff ist Vitamin B12. Zu den potenziell kritischen Nährstoffen bei veganer Ernährung gehören außerdem Protein bzw. unentbehrliche Aminosäuren und langkettige Omega-3-Fettsäuren sowie weitere Vitamine (Riboflavin, Vitamin D) und Mineralstoffe (Kalzium, Eisen, Jod, Zink, Selen). Für Schwangere, Stillende, Säuglinge, Kinder und Jugendliche wird eine vegane Ernährung von der DGE nicht empfohlen. Wer sich dennoch vegan ernähren möchte, sollte dauerhaft ein Vitamin-B12-Präparat einnehmen, auf eine ausreichende Zufuhr v.a. der kritischen Nährstoffe achten und ggf. angereicherte Lebensmittel und Nährstoffpräparate verwenden. Dazu sollte eine Beratung durch eine qualifizierte Ernährungsfachkraft erfolgen und die Versorgung mit kritischen Nährstoffen regelmäßig ärztlich überprüft werden.“

Dr. Margrit Richter, Deutsche Gesellschaft für Ernährung, Bonn, Erstautorin des DGE-Positionspapiers, nannte junge Frauen, die schwanger werden können, Frauen mit aktuellem Kinderwunsch, Schwangere und Stillende sowie Kinder und Jugendliche als Gruppen, die sich nicht vegan ernähren sollten. Bei Kindern gibt es Fallberichte über neurologische Symptome, Hirnatrophie, makrozytäre Anämie, Wachstumsretardierung und Entwicklungsverzögerung. Auch Jodmangelstruma, Osteopenie und Rachitis sowie eine erhöhte Infektionsneigung können im Zusammenhang mit einer veganen Ernährung auftreten. Alle übrigen Erwachsenen können sich vegan ernähren, sollten aber in jedem Fall ein Vitamin-B12-Präparat einnehmen, gezielt nährstoffdichte und angereichtere Lebensmittel verwenden, die Spiegel kritischer Nährstoffe (Jod, Zink) beim Arzt kontrollieren lassen und eine qualifizierte Ernährungsberatung in Anspruch nehmen. Die Warnung vor einer veganer Ernährung von Kindern und Jugendlichen muss nicht in Stein gemeißelt bleiben. Verschiedene Studien untersuchen die Auswirkung dieser Kostform – mit entsprechender Supplementierung insbesondere von Vitamin B12 – auf die Entwicklung von Säuglingen, Kindern und Jugendlichen.

Mangel bei den Kleinen auch mit vegetarischer Ernährung

Soeben wurde aus der deutschen VeChi-Studie zur vegetarischen und veganen Kinderernährung berichtet, dass etwa 90 % der vegetarisch und vegan ernährten Kleinkinder im Durchschnitt eine normale Entwicklung von Körpergewicht und Körpergröße aufwiesen. Ein Teil der veganen und der vegetarisch verköstigten Kinder waren allerdings zu klein für ihr Alter. Die Zufuhr von Kalzium, Jod und Vitamin B12 war in allen drei Gruppen kritisch (Vergleich: Mischkost). Vegan ernährte Kinder erreichten nur etwa die Hälfte der empfohlenen Kalziumzufuhr. Dafür schafften nur sie im Durchschnitt die Referenzwerte für die Zufuhr von Eisen und Folsäure und lagen um 45–50 % über der Zufuhr der Mischkostkinder. Die Supplementierung der kleinen Veganer mit Vitamin B12 funktionierte überwiegend gut, aber die Vegetarier erreichten nur in jedem zweiten Fall die Zufuhrempfehlung für Vit­amin B12. Das klingt noch nicht nach Entwarnung, sondern erweitert das Entwicklungsrisiko für Kinder auch auf die vegetarische Ernährung.

Quelle: 124. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin

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Über eine vergane Kost ist es möglich, die meisten Nährstoffe in ausreichender Menge zuzuführen – aber eben nicht alle. Über eine vergane Kost ist es möglich, die meisten Nährstoffe in ausreichender Menge zuzuführen – aber eben nicht alle. © iStock/laflor