Weltweit erste Heart Valve Unit nimmt Fahrt auf

Dr. Anja Braunwarth

Links: Hinter diesen Türen widmen sich die Kollegen speziell den Herzklappen. Rechts: Dank moderner Technik lassen sich sämtliche Befunde direkt am Bett abrufen. Links: Hinter diesen Türen widmen sich die Kollegen speziell den Herzklappen. Rechts: Dank moderner Technik lassen sich sämtliche Befunde direkt am Bett abrufen. © Peter Pulkowski

Immer mehr Ältere bedeutet auch immer mehr Herzklappenerkrankungen. Um dem wachsenden Bedarf an interventionellen Eingriffen optimal gerecht werden zu können, hat die Universitätsmedizin Mainz die weltweit erste Heart Valve Unit eingerichtet.

Die Zahl der Herzklappenpatienten ist durch die stetig älter werdende Bevölkerung in den letzten Jahren explosionsartig angestiegen. So nimmt etwa die Inzidenz von Mitral- und Trikuspidalvitien stetig zu, weil es immer mehr Herzinsuffiziente gibt, berichtet Professor Dr. Thomas Münzel von der Kardiologie I der Universitätsmedizin Mainz. Das Durchschnittsalter bei Aortenklappeneingriffen liegt heute bei 80–85 Jahren, bei Mitralklappen sind es noch junge 60–70 Jahre.

Bislang sah das Procedere für die Patienten, die eine interventionelle Herzklappenversorgung bekommen, so aus: von der Ambulanz auf Station, zum Katheter, in die Intermediate Care Einheit und zurück auf Station. Gerade für ältere Menschen bedeutet aber dieser häufige Wechsel der Stationen inklusive der betreuenden Teams eine enorme Belastung, betont Prof. Münzel. Dieser Aspekt und der wachsende Bedarf an Klappeninterventionen brachte die Mainzer Kardiologen auf den Gedanken, eine eigene Herzklappeneinheit zu gründen. Von der Idee bis zur Umsetzung dauerte es nur wenige Monate und im April dieses Jahres war es so weit: Die weltweit erste Heart Valve Unit öffnete ihre Pforten. Acht Intermediate-Care(IMC)-Betten plus 17 auf einer Normalstation haben hier ihren Platz. Von der Ankunft bis zur Entlassung bleiben die Kranken in der Hand eines festen Teams, im medizinischen Bereich bestehend aus sechs Ärzten und 15 Pflegekräften.

Die Einheit in Zahlen

Die Mainzer Uniklinik gehört zu den führenden Klappenzentren weltweit, hier finden pro Jahr mehr als 700 interventionelle Eingriffe an Klappen statt. 400 davon entfallen auf die Aorten-, 250 auf die Mitralklappe und die restlichen auf die Trikuspidalis. „Bei der Trikuspidalinsuffizienz kommt die Chirurgie an ihre Grenzen“, erklärt Prof. Münzel. Die Patienten sind aber hochsymptomatisch und haben eine extrem schlechte Lebensqualität. Die Mainzer Kollegen begannen in diesem Jahr damit, diese Klappe interventionell zu versorgen – mit großem Erfolg. Sie hoffen, dass sie mit diesem Vorgehen ein gutes Beispiel liefern können, das schnell Nachahmer in anderen Zentren finden wird.

Optimale Nachbehandlung wird sichergestellt

Dr. Thomas Jansen, verantwortlicher Oberarzt, fasst den wesentlichen Vorteil der Einheit so zusammen: „Alle wissen alles.“ Von Anfang an erfahren die Zuständigen, wie die oft alten, multimorbiden Patienten ticken, wie sie auf Therapien reagieren und wie sich die Versorgung besser personalisieren lässt. Das Entlassmanagement ist ebenfalls die ganze Zeit eingebunden, um die optimale Nachbehandlung, z.B. Reha oder Akutgeriatrie, sicherzustellen. Auch das Pflegepersonal begrüßt das Konzept. Pia Zuppke, seit zwei Jahren in der Weiterbildung zur Heart Failure Nurse, und Denise Martens – sie kann eine abgeschlossene Weiterbildung für die Chest Pain Unit und ein Hochschulzertifikat in Pflegewissenschaft bzw.- forschung vorweisen – betonen, wie viel Spaß die Arbeit hier macht. Durch den engen Kontakt mit den Ärzten sind sie viel mehr als früher in die Betreuung der Patienten eingebunden und werden auch mehr gefordert. Zudem haben sie die Gelegenheit, regelmäßig an Weiterbildungen teilzunehmen.

„Es geht mir gut“

Heute morgen hat Erwin-Philipp Freitag einen MitraClip® bekommen, jetzt liegt er strahlend in seinem IMC-Bett. „Es geht mir sehr gut, ich bin nicht mehr benommen und habe keine Schmerzen, erzählt der 83-Jährige. Herr Freitag klagte im Mai dieses Jahres das erste Mal über Luftnot bei Belastung, im Juni erhielt er die Diagnose einer Mitralklappeninsuffizienz. Der rüstige Rentner bringt schon einige Krankenhauserfahrung mit, er leidet an einem Diabetes, einem Plasmozytom, bekam vor sechs Jahren einen Stent und ist niereninsuffizient. Doch als er von der neuen Einheit hörte, zögerte er nicht lange. „Das Konzept hat mir gefallen und ich fühle mich auch rundum gut betreut“, so sein Kommentar. Ihm fällt auch die gute Teamarbeit angenehm auf. Jetzt blickt er optimistisch nach vorne und freut sich auf die Reha, die er schon in wenigen Tagen antreten kann.

Die Patienten profitieren durch messbar weniger postinterventio­nelle Delirien und einen kürzeren Krankenhausaufenthalt. Im Durchschnitt können sie nach ein bis zwei Tagen von der Intermediate Care auf die Normalstation verlegt werden. Die Gesamtliegezeit hat sich seit Einführung der Unit um knapp 30 % verkürzt. Die Kosten der Einrichtung beliefen sich auf ca. 200 000–300 000 Euro. „Und es hat sich gelohnt“, sagt Prof. Münzel. Er hofft, dass das Beispiel Schule macht und bundesweit rasch mehrere solcher Units eingerichtet werden. Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie prüft bereits, ob und wie man sie künftig zertifizieren könnte.

Medical-Tribune-Bericht

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Links: Hinter diesen Türen widmen sich die Kollegen speziell den Herzklappen. Rechts: Dank moderner Technik lassen sich sämtliche Befunde direkt am Bett abrufen. Links: Hinter diesen Türen widmen sich die Kollegen speziell den Herzklappen. Rechts: Dank moderner Technik lassen sich sämtliche Befunde direkt am Bett abrufen. © Peter Pulkowski
Professor Thomas Münzel, Chefarzt der Kardiologie I, Universitätsmedizin Mainz Professor Thomas Münzel, Chefarzt der Kardiologie I, Universitätsmedizin Mainz © Peter Pulkowski