
Wenn GERD die Schwangerschaft stört

Grundsätzlich gilt die Montreal-Klassifikation der gastroösophagealen Refluxerkrankung (GERD) bei Schwangeren wie bei Gesunden, betonte Prof. Dr. Kerstin Schütte, Klinik für Innere Medizin, Gastroenterologie, Diabetologie im Marienhospital Osnabrück. Allerdings wird in der Schwangerschaft i. d. R. die Diagnose nicht endoskopisch gesichert. Geht man in Bezug auf mindestens einmal wöchentliche Refluxbeschwerden von einer Prävalenz von mehr als 20 % in der Bevölkerung aus, ist auch bei symptomatischen Schwangeren anzunehmen, dass die GERD häufig schon vorher bestand. Denn bei einem nicht unerheblichen Teil der Betroffenen bleibt die Refluxösophagitis ohne Symptome. In der Schwangerschaft kommen zusätzliche Faktoren hinzu, die eine GERD begünstigen:
- ein abnehmender Druck des unteren Ösophagussphinkters (LES)
- eine verminderte maximale Kontraktionskraft des LES durch hormonelle Einflüsse
- eine hormoninduzierte verminderte Peristaltik im Ösophagus
- ein zunehmend erhöhter intraabdomineller Druck
So verwundert es nicht, dass die Prävalenz von GERD bei Schwangeren höher ist als bei Nichtschwangeren und dass die Häufigkeit mit jedem Trimenon zunimmt.
Peptische Ulkuserkrankung erhöht Komplikationsrisiko
In einer Untersuchung in Magdeburg waren im dritten Trimenon gut 50 % der 510 beobachteten Schwangeren von typischen Refluxbeschwerden betroffen. Die meisten erhielten keine Therapie zur Symptomlinderung. Dabei kann eine peptische Ulkuserkrankung Konsequenzen für Mutter und Kind haben, betonte Prof. Schütte. In einer retrospektiven US-Kohortenstudie war das Vorliegen eines Ulkus mit einem erhöhten Risiko für Präeklampsie/Eklampsie, vorzeitigen Blasensprung, Kaiserschnitt, venöse Thromboembolien und mütterlichen Tod assoziiert. Bei den Neugeborenen traten mehr kongenitale Anomalien auf und es kam bei einer Ulkuskrankheit der Mutter häufiger zu intrauteriner Wachstumsretardierung , intrauterinem Fruchttod und öfter zu Frühgeburten als bei werdenden Müttern ohne Ulkus.
Schwangere mit GERD sollten über Allgemeinmaßnahmen aufgeklärt werden, die die Beschwerden lindern können. Prof. Schütte rät z. B., den Oberkörper beim Schlafen erhöht zu lagern, die Mahlzeiten als kleine Portionen über den Tag zu verteilen und auf spätes Essen zu verzichten. Es stehen aber auch sichere Möglichkeiten für eine medikamentöse Therapie zur Verfügung, die man den Betroffenen anbieten kann. Laut der Datenbank Embryotox sind die Antazida Magaldrat und Hydrotalcit auch in der Schwangerschaft einsetzbar. Gleiches gilt für Sucralfat. Als H2-Rezeptorantagonist der ersten Wahl ist Famotidin anzusehen, Cimetidin kann aber auch zum Einsatz kommen. Erst wenn das nicht ausreicht, sollten PPI erwogen werden. Welcher Wirkstoff der sicherste in der Schwangerschaft ist, bleibt unklar. Während Embryotox Omeprazol als besonders sicher einstuft, empfiehlt die US-Arzneimittelbehörde FDA aufgrund der Studienlage alle PPI außer Omeprazol.
Endoskopie nur bei Alarmsymptomen indiziert
Eine Endoskopie der Speiseröhre (ÖGD) sollte möglichst erst postpartal durchgeführt werden. Es gibt Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für Frühgeburtlichkeit und intrauterine Wachstumsretardierung. Eine ÖGD kann indiziert sein bei Alarmsymptomen für Komplikationen und andere Erkrankungen sowie bei Nichtansprechen auf eine Step-up-Therapie, erläuterte Prof. Schütte. Dann sollte die Untersuchung frühestens im zweiten Trimenon vorgenommen werden. Zur Sedierung kommt Propofol infrage.
Eine GERD in der Schwangerschaft kann nach der Geburt abklingen, ist aber ein Risikofaktor für das spätere erneute Auftreten solcher Symptome. Prof. Schütte plädierte dafür, die Symptome der Schwangeren ernst zu nehmen, sie nicht unversorgt zu lassen und auf Alarmsymptome, die auf andere Ursachen der Beschwerden hinweisen, zu achten.
Kongressbericht: Viszeralmedizin 2024
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