Wenn Wunden nicht heilen wollen

Maria Weiß

Bei einigen Hautveränderungen müsse man aber doch hellhörig werden und möglichst eine Biopsie veranlassen. Bei einigen Hautveränderungen müsse man aber doch hellhörig werden und möglichst eine Biopsie veranlassen. © iStock/Alexander Traksel

Diabetische Fußulzera­, Ulcus cruris venosum bzw. arteriosum sowie Dekubitalgeschwüre machen 80 % bis 90 % aller chronischen Wunden aus. Die Kunst ist es, jene Läsionen zu identifizieren, hinter denen sich andere Erkrankungen verbergen.

In der Regel reicht für die Diagnose diabetischer Fußulzera und Ulcus cruris venosum die typische Klinik. „So sehr wir sie lieben, sind Biopsien hier komplett entbehrlich“, erklärte Professor Dr. Joachim Dissemond von der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie am Universitätsklinikum Essen. Bei einigen Hautveränderungen müsse man aber doch hellhörig werden und möglichst eine Biopsie veranlassen. Er nannte einige Beispiele für solche Erkrankungen.

Kutane Leukozytoklastische Angiitis

Typisch für diese auf die Haut beschränkte Vaskulitis sind palpable Purpura, livide Erytheme sowie multiple Ulzera und Nekrosen. Am häufigsten sind idio­pathische Formen – aber auch Medikamente­, Infektionen oder Tumorleiden können Auslöser sein. Wichtigste diagnostische Maßnahme ist die Biopsie. Therapeutisch werden Immunsuppressiva wie Kortison eingesetzt.

Pyoderma gangraenosum

Die Erkrankung beginnt mit sterilen Pusteln, dann kommt es zu schmerzhaften tiefen Ulzerationen mit unterminierten Rändern und lividen Erythemen. 70 % finden sich an der Streckseite der Unterschenkel – sie können aber im Prinzip überall vorkommen. Typischerweise ist die Erkrankung assoziiert mit Komorbiditäten wie chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED), Neoplasien oder auch Dia­betes. Während es sich früher um eine reine Ausschlussdiagnose handelte, lässt sich heute bei Anwendung des sogenannten Paracelsus-Scores klinisch eine klare Dia­gnose stellen, sagte der Dermatologe. Therapie der Wahl ist auch hier eine Immunsuppression, zum Beispiel mit Glukokortikoiden, Cyclosporin oder TNF-α-Inhibitoren.

Necrobiosis lipoidica

Bei dieser Erkrankung zeigt sich ein typisches Bild mit gelb-orange­farbenen Verfärbungen, Teleangi­ektasien, Atrophien und extrem therapierefraktären Ulzera. Fast immer sind die Streckseiten der Unterschenkel betroffen, eventuell auch der Fußrücken. 50 % bis 60 % der Betroffenen haben einen Dia­betes mellitus oder entwickeln bald einen. Die Biopsie­ zeigt ein sehr charakteristisches Bild. Für die Therapie­ gibt es sehr wenig Evidenz und kein Medikament ist für dieses Krankheitsbild zugelassen. Die besten­ Erfolgsaussichten bestehen mit immunmodulatorischen Wirkstoffen wie Fumarsäure­.

Livedovaskulopathie

Typisch sind weiße atrophische Bereiche (Atrophie blanche) und Livedo racemosa. Diese auf Thrombosen beruhenden Haut­infarkte der dermalen Gefäße werden nicht mit Immunsuppressiva, sondern mit Gerinnungshemmern wie Heparin­ oder Nicht-Vitamin-K-ab­hängigen oralen Antikoagulanzien behandelt.

Ekthyma

Das Ekthyma ist quasi die ulzerierende Form der Impetigo, bei der sich follikulär gebundene Pusteln („Pickel“) zu scharf begrenzten multiplen Ulzera auswachsen. Kofaktoren können mangelnde Hygiene (häufig beispielsweise bei Wohnungslosen) oder auch Immunsuppression und Diabetes sein. Behandelt wird antimikrobiell – z.B. mit Polyhexan­methylenbiguanid (PHMB).

Immer muss bei einem Ulkus differenzialdiagnostisch an Basalkarzinome, Plattenepithelkarzinome oder maligne Melanome gedacht werden, die sich auch an Unterschenkeln und Füßen manifestieren können, erinnerte der Dermatologe. Eine einzige Gewebeprobe reiche dann oft nicht aus: „Wenn Ihr Bauchgefühl sagt, dass da etwas nicht stimmt, sollten Sie lieber weitere Biopsien entnehmen“, riet Prof. Dissemond. Sobald man mit der üblichen Therapie von Ulcus cruris und diabetischen Ulzera scheitert, sollte nach anderen möglichen Ursachen gesucht werden.

Quelle: Diabetes Kongress 2021

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Bei einigen Hautveränderungen müsse man aber doch hellhörig werden und möglichst eine Biopsie veranlassen. Bei einigen Hautveränderungen müsse man aber doch hellhörig werden und möglichst eine Biopsie veranlassen. © iStock/Alexander Traksel