Wie wissenschaftlich ist die Therapie der COPD-Exazerbation?

Friederike Klein

Die nicht-invasive Beatmung hat bei Klinikpatienten mit akuter COPD-Exazerbation einen festen Platz. Die nicht-invasive Beatmung hat bei Klinikpatienten mit akuter COPD-Exazerbation einen festen Platz. © iStock/baytunc

Hinter der Therapie der akuten COPD-Exazerbation stehen durchaus Fragezeichen. Gemacht wird viel, ob es wirklich sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt, konstatierte Professor Dr. Claus Vogelmeier vom Universitätsklinikum Marburg.

Es sind gleich mehrere Standbeine, die die Therapie der akuten Exazerbation einer COPD heute stützen. Da sind die intensivierte Bronchodilatation, die Gabe systemischer Steroide, die Applikation von Sauerstoff und – durchaus umstritten – von Theophyllin. Unter bestimmten Voraussetzungen kommen Antibiotika ins Spiel und die nicht-invasive Beatmung.

Zur intensivierten Bronchodilatation gibt es vor allem alte Daten, betonte Prof. Vogelmeier. Eine Cochrane-Metaanalyse aus dem Jahr 2002 fand keine Unterschiede zwischen dem Anticholinergikum Ipatropiumbromid und kurz wirksamen Beta-2-Agonisten (SABA), was die Veränderung der Einsekundenkapazität nach bis zu 90 Minuten anging. Die Kombination beider Therapieansätze verbesserte den Effekt gegenüber der Einzelsubstanz-Gabe nicht.

Höhere SABA-Dosis bleibt ohne Effekt

Dass sich eine Dosiserhöhung des SABA kaum auf die Einsekundenkapazität von schwer kranken COPD-Patienten auswirkt, zeigte eine randomisierte Studie mit Albutertol. Hinsichtlich Peakflow und stationärer Behandlungsdauer war gar kein Unterschied zwischen der 2,5- und 5-mg-Dosis festzustellen.

Etwas besser ist die Datenlage für die Steroidtherapie, meinte Prof. Vogelmeier: „Es gibt eine klare Evidenz, dass sie wirkt.“ Allerdings: „Dass sie richtig gut wirkt, da habe ich meine Zweifel.“ Man hat Hinweise für ein selteneres Therapieversagen und weniger Rückfälle sowie eine schnellere Erholung der Einsekundenkapazität. Eine kürzere Therapie über fünf Tage scheint ebenso effektiv wie eine vierzehntägige zu sein.

Desolate Studienlage zum Einsatz von Antibiotika

Unklar ist, wer von der Steroidgabe am meisten profitiert. Für Patienten mit weniger als 2 % Eosinophilen im induzierten Sputum sind die Substanzen möglicherweise in der Exazerbation unwirksam. Das legt zumindest eine Metaanalyse nahe. Eine Praxisstudie hat kürzlich bestätigt, dass es unter oraler Steroidgabe häufiger zu Therapieversagen und Hospitalisierung wegen einer CODP-Exazerbation kommt, wenn die Eosinophilenzahlen niedrig sind.

Intravenöses Theophyllin hat in der Therapie der akuten Exazerbation der schweren COPD ausgedient, betonte Prof. Vogelmeier. In einer Studie brachte der Wirkstoff zusätzlich zu Bronchodilatatoren und systemischen Steroiden gegeben keine klinisch relevanten Effekte, stattdessen steigerte er die Nebenwirkungsrate.

Die Studienlage für Antibiotika zur Therapie der akuten Exazerbation bezeichnete der Marburger Kollege als „finster“. Es gebe zwar viele Studien, die seien aber häufig methodologisch sehr schlecht. So lasse der Blick ins „Kleingedruckte“ einer hochrangig publizierten Arbeit zum Erfolg der ambulanten Therapie der akuten Exazerbation bei milder bis moderater COPD mit Amoxicillin/Clavulansäure vermuten, dass ein Großteil der Patienten gar keine Exazerbation hatte, sondern eine Pneumonie. Röntgenthoraxaufnahmen erfolgten nicht. „Wir haben keine Idee, was für ein Problem die Patienten wirklich hatten“, erklärte Prof. Vogelmeier.

Andere Studien zeigten keine Effekte von Antibiotika bei der COPD-Exazerbation. Weil die Evidenzlage so schwach ist, halten sich die Leitlinien mit der Empfehlung einer Antibiose entsprechend zurück.

Betablocker für tachykarde Exazerbations-Patienten?

Die nicht-invasive Beatmung (NIV) ist dagegen laut Prof. Vogelmeier zweifellos von Bedeutung. Wer mit einer AE stationär behandelt werden muss, sollte sie erhalten. Im Vergleich zur intermittierenden mechanischen Ventilation auf der Intensivstation senkt die NIV die Infektionshäufigkeit.9 In Marburg ist die Möglichkeit der NIV bereits im Notarztwagen vorhanden, berichtete der Kollege. Das sei ein wichtiger Fortschritt.

Ob es in den nächsten Jahren neue Medikamente für die Behandlung der akuten Exazerbation einer COPD mit möglicherweise besserer Evidenz geben wird, ist völlig unklar. Möglicherweise bringt aber schon die Therapie von Begleiterscheinungen einen Fortschritt. Viele Patienten werden sehr tachykard und es könnte interessant sein, den Einsatz von Betablockern in dieser Situation zu untersuchen. Leider gebe es dafür aber kein Interesse bei der Industrie, beklagte Prof. Vogelmeier.

Quelle: 51. Bad Reichenhaller Kolloquium

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Die nicht-invasive Beatmung hat bei Klinikpatienten mit akuter COPD-Exazerbation einen festen Platz. Die nicht-invasive Beatmung hat bei Klinikpatienten mit akuter COPD-Exazerbation einen festen Platz. © iStock/baytunc