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Zwitter sorgt für Irritationen

Unter dem Asthma-COPD-Overlapsyndrom (ACO) versteht man eine persistierende Atemflussminderung mit klinischen Merkmalen, die sowohl dem Asthma als auch der COPD zugeordnet werden können. Anhand der Literatur haben Dr. Clarus Leung und Dr. Don Sin von der University of British Columbia in Vancouver vier wichtige Komponenten für die Definition ausgemacht:
- die spirometrisch definierte Atemflusseinschränkung
- relevantes Rauchen oder Exposition gegen inhalative Noxen in der Anamnese
- ein diagnostiziertes Asthma vor dem Alter von 40 Jahren
- eine ausgeprägte Bronchodilatator-Reversibilität oder bronchiale Hyperreaktivität
Das ACO ist in der Praxis selten eine primäre Diagnose, sondern wird meist festgestellt bei Patienten, die bereits an Asthma oder COPD leiden. Laut Literaturangaben beträgt die Prävalenz des ACO in der Allgemeinbevölkerung etwa 1–11 %, bei Asthmatikern 11–61 % und bei COPD-Patienten 4–66 %. Die großen Schwankungen liegen an unterschiedlichen Definitionen, die in den Studien benutzt wurden und unterschiedlichen untersuchten Populationen, erläutern die beiden Kollegen.
ACO-Kranke leiden meist unter stärkeren Symptomen, mehr und schwereren Exazerbationen sowie einer schlechteren Lebensqualität als Patienten mit Asthma oder COPD. In der Pathogenese wirken wahrscheinlich genetische und Umgebungsfaktoren wie Atopie und Asthma im Kindesalter sowie spätere Exposition gegen inhalative Noxen zusammen. In einer tasmanischen Kohorte z.B. erwies sich eine niedrige FEV1 im Alter von 7 Jahren als assoziiert mit einem ACO, aber nicht mit Asthma im Alter von 45 Jahren. Von den damals gesunden Feuerwehrleuten, die beim Terroranschlag auf das World-Trade-Center im Einsatz waren und somit erheblichen Staubmengen ausgesetzt waren, erkrankten fast 5 % bis 2017 am ACO.
Für mehr Spezifität Biomarker kombinieren
Einige Leitlinien sehen Biomarker wie IgE, FeNO und Eosinophilie als Minorkriterien des ACO vor. Vor allem in Kombination erhöhen diese die Spezifität der Diagnose. Ein FeNO-Wert über 25–39,5 ppb zusammen mit einer Bluteosinophilie ≥ 250/µL kann ein ACO mit einer Spezifität von 96 % von der COPD abgrenzen, differenziert aber nicht zwischen Asthma und ACO. Typisch für das Overlap-Syndrom ist auch eine hohe IL-5-Expression. Insgesamt halten die US-Kollegen einzelne Marker für wenig aussagekräftig, mit einer Kombination steigt aber die Spezifität.
Auch radiologisch lassen sich einige Merkmale feststellen. Beim ACO finden sich Ventilationsdefekte vor allem in der Lungenperipherie und segmentale Luftwege zeigen eine stärkere Wanddicke als beim Asthma. Dies weist auf Unterschiede im Remodelling der Luftwege hin. Die Bronchien 3. und 4. Generation weisen beim ACO eine höhere Wanddicke auf als bei der COPD. Nachgeordnete Bronchien haben ein kleineres Lumen und weniger Emphysem. Klinisch bedeutet dies einen höheren Widerstand während In- und Exspiration. Insgesamt kennzeichnet das ACO eine ausgeprägtere Erkrankung kleiner Atemwege als bei der COPD.
Was die Therapie angeht, scheinen ACO-Patienten einigen Studien zufolge von körperlichem Training sehr gut zu profitieren. Lungenfunktion, Gehstrecke, die Kraft von peripherer und Atemwegsmuskulatur sowie die Lebensqualität bessern sich.
Da sowohl Asthma- als auch COPD-Studien ACO-Patienten zumeist ausgeschlossen haben, ist die Evidenz für die medikamentöse Therapie des Syndroms insgesamt schwach. In der initialen Phase ähnelt das ACO mehr dem Asthma als der COPD. Deshalb kann man einen Effekt inhalativer Steroide (ICS) erwarten.
Eine Therapie mit ICS und lang wirksamen Betaagonisten (LABA) hatte einer Metaanalyse zufolge einen größeren Effekt auf das Risiko für Tod oder Hospitalisierung als eine LABA-Monotherapie. Was den Abfall der FEV1 anging, gab es keinen Unterschied zwischen ICS, ICS/LABA und Placebo. In einer anderen Studie erwies sich eine Bluteosinophilie ≥ 300/µL als Prädiktor für eine Reduktion von Exazerbationen unter ICS.
Abseits inhalativer Medikamente
Tripletherapie kann erste Wahl sein
Für die Tripletherapie (ICS/LABA/LAMA) ist die Evidenz besonders limitiert. Die Daten, die vorliegen, lassen jedoch darauf schließen, dass sich damit ein additiver Effekt in puncto Lungenfunktion erreichen lässt. Für Patienten mit moderatem bis schwerem ACO kann die Tripletherapie als Therapie der Wahl betrachtet werden. Der IgE-Antikörper Omalizumab, zugelassen für schweres allergisches Asthma, hat bei ACO-Patienten ähnliche positive Effekte im Asthmakontrolltest-Score und auf Exazerbationsraten gezeigt wie bei Asthmatikern. Auch der IL-5-Antikörper Mepolizumab erwies sich als effektiv bei COPD-Patienten mit Eosinophilie und wiederholten Exazerbationen. Viele dieser Patienten vom eosinophilen Phänotyp erfüllen auch Kriterien für das ACO. Zusammenfassend merken die Autoren kritisch an, dass ACO-Patienten in der Praxis seltener ICS und Biologika erhalten als solche mit Asthma, obwohl sie mehr Symptome und Exazerbationen haben.Quelle: Leung C, Sin DD. CHEST 2021; DOI: 10.1016/j.chest.2021.09.036
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