GOP 01735 Eine seltene Abrechnungsposition, die man kennen sollte
Bei GKV-Versicherten mit chronischen Erkrankungen ist die Belastungsgrenze für Zuzahlungen auf 1 % der jährlichen Bruttoeinnahmen festgeschrieben, wenn die Betreffenden wegen derselben schwerwiegenden Krankheit in Dauerbehandlung sind. Diese Belastungsgrenze erhöht sich auf 2 %
- für nach dem 1. April 1972 geborene chronisch kranke Versicherte, die ab dem 1. Januar 2008 die Gesundheitsuntersuchung nach der GOP 01732 vor der Erkrankung nicht regelmäßig in Anspruch genommen haben,
- für nach dem 1. April 1987 geborene weibliche und nach dem 1. April 1962 geborene männliche chronisch kranke Versicherte, die an einer Krebsart erkranken, für die eine Krebsfrüherkennungsuntersuchung nach § 25 Abs. 2 SGB V besteht, und die diese Untersuchung ab dem 1. Januar vor ihrer Erkrankung nicht regelmäßig in Anspruch genommen haben.
Wenn durch eine Beratung eine solche Anhebung der Zuzahlungsgrenze bei Frauen verhindert wird, kann seit dem 1. Januar 2008 die GOP 01735 berechnet werden.
Wann gelten die Untersuchungen als regelmäßig beansprucht?
Die Chroniker-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) definiert, dass die genannten Untersuchungen dann als regelmäßig in Anspruch genommen gelten, wenn die Versicherten eine Beratung über deren Chancen und Risiken in einem Präventionspass nachweisen. Diese Regelung umfasst die Untersuchungen zur Früherkennung
- des Brustkrebses (Mammografie-Screening),
- des Darmkrebses (Schnelltest auf okkultes Blut oder Früherkennungskoloskopie) und
- des Zervix-Karzinoms.
Welche Versicherten gelten als schwerwiegend erkrankt?
Die Einstufung als „schwerwiegend chronische Krankheit“ folgt der Definition des G-BA, d.h., sie muss wenigstens ein Jahr lang, mindestens einmal pro Quartal ärztlich behandelt worden sein (Dauerbehandlung) und eines der folgenden Merkmale aufweisen:
a) Es liegt eine Pflegebedürftigkeit des Pflegegrades 3, 4 oder 5 vor.
b) Es liegt ein Grad der Behinderung (GdB) oder ein Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von mindestens 60 oder eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 60 vor.
c) Es ist eine kontinuierliche medizinische Versorgung (ärztliche oder psychotherapeutische Behandlung, Arzneimitteltherapie, Behandlungspflege, Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln) erforderlich, ohne die nach ärztlicher Einschätzung eine lebensbedrohliche Verschlimmerung, eine Verminderung der Lebenserwartung oder eine dauerhafte Beeinträchtigung der Lebensqualität durch die aufgrund der Krankheit verursachte Gesundheitsstörung zu erwarten ist.
Beratungsleistung für wenige Spezialfälle | ||
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GOP | Legende | Euro |
01735 | Beratung gemäß § 4 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Umsetzung der Regelungen in § 62 SGB V für schwerwiegend chronisch Erkrankte („Chroniker-Richtlinie“) zu Früherkennungsuntersuchungen für nach dem 1. April 1987 geborene Frauen
| 11,84 |
Wie wird die Dauerbehandlung bescheinigt?
Nach § 3 der Chroniker-Richtlinie müssen Versicherte die Dauerbehandlung durch eine ärztliche Bescheinigung nachweisen, in der die Krankheit angegeben ist. Dabei kann auf die Unterlagen, die der zuständigen Krankenkasse bereits vorliegen, verwiesen werden. Bis zu einer Vereinbarung des Dokumentationsvordrucks für die Dokumentation gemäß § 4 der Chroniker-Richtlinie kann diese Bescheinigung auf Muster 16 erfolgen. Bei einer festgestellten Pflegebedürftigkeit des Pflegegrades 3, 4 oder 5 nach dem zweiten Kapitel SGB XI wird nach Ablauf eines Jahres seit dem Beginn der Pflegebedürftigkeit in einem dieser Pflegegrade das Vorliegen einer Dauerbehandlung unterstellt. Zum Beleg für den Grad der Behinderung, den Grad der Schädigungsfolgen, die Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Pflegegrad müssen Versicherte die entsprechenden amtlichen Bescheide in Kopie vorlegen. Die Krankheit, wegen der sich die Versicherten in Dauerbehandlung befinden, muss in dem Bescheid zum GdB, GdS oder zur MdE als Begründung aufgeführt sein.
Müssen sich alle Patienten zur Früherkennung beraten lassen?
Ausgenommen von der Pflicht zur Beratung sind Versicherte mit schweren psychischen Erkrankungen nach Nummer 9 der Richtlinien über die Durchführung von Soziotherapie in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß Soziotherapie-Richtlinien. Eine Ausnahme gilt auch bei geistig wesentlicher Behinderung im Sinne der Eingliederungshilfe-Verordnung sowie für Versicherte, die bereits an der zu untersuchenden Erkrankung leiden.
Wer darf die Leistung abrechnen?
Die GOP 01735 kann von Ärzten berechnet werden, wenn sie die genannten Vorsorgeuntersuchungen durchführen dürfen. Das wären folgerichtig Hausärzte (Check-up), Gynäkologen (Cervix-CA), Gastroenterologen (Colon-CA) und Radiologen (Mammografie-Screening). Die Abrechnung ist allerdings nur innerhalb von zwei Jahren nach Eintreten des Anspruchs der Versicherten und einmalig im Zeitraum von zwei Jahren möglich, wobei die GOP 01760 (Untersuchung zur Früherkennung von Krebserkrankungen bei der Frau) und 01761 (Untersuchung zur Früherkennung des Zervixkarzinoms) in demselben und dem darauffolgenden Abrechnungsquartal nicht abgerechnet werden können.
Fazit
Vereinfacht dargestellt bedeutet dies, dass diese Leistung einmalig innerhalb von zwei Jahren berechnet werden kann, spätestens zwei Jahre, nachdem die Berechtigung zu den aufgeführten Vorsorgeuntersuchungen möglich ist. Da sich die GOP 01735 ausschließlich auf Frauen bezieht, wäre das ab dem 18.–20. Lebensjahr (Gesundheitsvorsorgeuntersuchung), dem 20.–22. Lebensjahr (Zervix-Karzinom), dem 50.–52. Lebensjahr (Mammografie-Screening) bzw. dem 55.–57. Lebensjahr (Colon-Karzinom) unter Berücksichtigung des jeweiligen Geburtsdatums möglich. Bei der Krebsvorsorge kommt als Kriterium hinzu, dass die Betreffenden an dieser Krebsform erkrankt sein müssen.
Relevant ist das wiederum aber nur bei gesetzlich Versicherten, die wegen einer chronischen Erkrankung eine „vergünstigte“ Zuzahlungsregelung von 1 % haben, die bei einem „Verstoß“ auf 2 % erhöht wird.
Medical-Tribune-Bericht