Ausfallhonorar Patient mal wieder nicht aufgetaucht

Abrechnung und ärztliche Vergütung , Privatrechnung Autor: Isabel Aulehla

Patientinnen und Patienten können den Behandlungsvertrag jederzeit kündigen. Patientinnen und Patienten können den Behandlungsvertrag jederzeit kündigen. © iStock/Everyday better to do everything you love

Nehmen Patienten ihre Termine nicht wahr oder sagen kurzfristig ab, haben Mediziner in manchen Fällen Anspruch auf Schadenersatz. Rechtsanwalt Tim Müller erklärt, wie ein Ausfallhonorar wirksam vereinbart wird.

Wann haben Ärzte Anspruch auf ein Ausfallhonorar?

Zwischen Patient und Mediziner besteht ein Behandlungsvertrag, den der Patient grundsätzlich jederzeit kündigen kann, also auch während der laufenden ärztlichen Behandlung. Eine solche Kündigung muss nicht schriftlich erfolgen, sie lässt sich auch durch „schlüssiges Handeln“, wie zum Beispiel schlichtes Nicht­erscheinen zum Termin, erklären.

So sieht das jedenfalls der überwiegende Teil der Rechtsprechung: Die Terminvereinbarung dient danach nämlich grundsätzlich nur dem geregelten Praxisablauf. Wenn das Wartezimmer regelmäßig voll und damit jederzeit ein Rückgriff auf andere Patienten möglich ist, besteht bei Säumnis des Patienten weder ein Vergütungs- noch ein Schadenersatzanspruch. Nach Treu und Glauben, so das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), ist der Arzt oder die Ärztin dann verpflichtet, einen anderen Patienten zu behandeln.

Gibt es Ausnahmen?

Ja. Musste die Behandlung für einen Termin umfassend vorbereitet werden – etwa bei größeren zahnprothetischen Maßnahmen – und steht kein Ersatzpatient zur Verfügung, kann gemäß § 615 BGB ein Anspruch auf Zahlung eines Ausfallhonorars gegeben sein. Das Gleiche gilt bei einer reinen „Bestellpraxis“, in der keine potenziellen Ersatzpatienten im Wartezimmer sitzen.

Eine andere Variante ist die vorherige Vereinbarung eines Ausfallhonorars. Man kann durch Aushang oder einen vorformulierten Vertrag die Zahlung eines Ausfallhonorars mit dem Patienten vereinbaren. Eine solche Regelung muss sich aber immer an den verbraucherfreundlichen Regelungen des AGB-Rechts messen lassen. Fraglich ist zum Beispiel, ob es ausreicht, wenn mit dem Patienten beim ersten Arztbesuch eine Ausfallhonorarvereinbarung getroffen wurde, sofern dieser erst Jahre später kurzfristig seinen Termin absagt.

Es empfiehlt sich eher, einen gut sichtbaren Praxisaushang anzubringen und jeweils vor Beginn einer neuen Behandlung oder wenigstens einmal jährlich eine schriftliche Vereinbarung auf einem gesonderten Formular abzuschließen. Ist auf diese Weise ein Ausfallhonorar wirksam vereinbart, besteht bei kurzfristiger Absage ein Anspruch auf Zahlung. Kurzfristig bedeutet normalerweise weniger als 24 Stunden vor dem Termin. In Einzelfällen kann auch eine längere Frist vereinbart werden, wenn es sachliche Gründe gibt.

Besteht bei Nichterscheinen eines Patienten zu IGeL ein spezieller Anspruch auf Schadenersatz?

Zwischen IGeL-Terminen und anderen Terminen besteht hier kein Unterschied. Der Aufwand in der Praxis entsteht ja unabhängig davon, ob die Behandlung im Leistungskatalog der GKV enthalten ist oder ob sie medizinisch notwendig ist.

Wie berechnet sich ein Ausfall­honorar grundsätzlich?

Das Ausfallhonorar berechnet sich nach dem Betrag, den der Arzt eingenommen hätte, wenn der Patient erschienen wäre, abzüglich der ersparten Aufwendungen. Falls eine Pauschale vereinbart wird, muss sie angemessen sein und sich an den durchschnittlichen Einnahmen des Arztes während der Dauer des vereinbarten Termins orientieren.

Im Prozess schätzen die meis­ten Gerichte das Ausfallhonorar nach § 287 Zivilprozessordnung. Teilweise orientieren sie sich dabei an einem sogenannten Durchschnittspatienten oder es wird ein abstraktes Ausfallhonorar angesetzt, das sich aus dem Jahresumsatz abzüglich der Sachkosten, heruntergerechnet auf eine Zeiteinheit, ergibt.

Was ist bei der Rechnungsstellung zu beachten?

Bei der Rechnungsstellung ist die GOÄ nicht anzuwenden, da es ja gerade nicht um die Vergütung für eine berufliche Leistung geht.

Es muss also keine GOÄ(-Analog)-Ziffer und kein Steigerungssatz angegeben werden. Auch Umsatzsteuer fällt aus demselben Grund nicht an: Ihr unterliegen nur Vorgänge, bei denen ein Leistungsaustausch erfolgt. Da der Arzt wegen des Nichterscheinens des Patienten ja gerade keine Leistung erbringen kann, fehlt es an diesem Leistungsaustausch, das Ausfallhonorar bleibt umsatzsteuerfrei und es unterliegt auch nicht der Gewerbesteuer.

Medical-Tribune-Interview

Tim Müller, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht bei Ecovis Tim Müller, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht bei Ecovis © ecovis.com