Praxis-IT wird ab Juli 2020 zum Navi für die Arzneiverordnung

Verordnungen , e-Health , Telemedizin Autor: Dr. Gerd W. Zimmermann

Bald liefert die Arzneisoftware neue umfangreiche Informationen. Bald liefert die Arzneisoftware neue umfangreiche Informationen. © ipopba – stock.adobe.com

Aufgrund diverser Rechtsänderungen mussten KBV und GKV-Spitzenverband den Anforderungskatalog für die Verordnungssoftware aktualisieren. Für den Arzt nimmt damit der Verwaltungsaufwand zu – und auch die Regressgefahr, wenn er die Hinweise im Praxis-PC nicht beachtet.

Gemäß Arzneimittelverschreibungsverordnung muss ab November 2020 auf dem Rezept die Dosierung hinter dem verordneten Produkt am Ende der Zeile stehen. Die alternative Kennzeichnung, dass ein Medikationsplan oder eine schriftliche Dosierungsanweisung vorliegt, erfolgt über ein Kürzel, ebenfalls am Ende der Verordnungszeile.

So müssen Arzneiverordnungen ab November 2020 auf dem Rezept aussehen (Beispiele)

Bei Angabe der Dosierung (hier einmal täglich abends): Ramipril – xyz-Pharma 2,5 mg 20 Tbl. N1 PZN01234567 >> 0-0-1 << Oder für den Fall, dass eine schriftliche Dosierungsanweisung oder ein Medikationsplan vorliegt: Ramipril – xyz-Pharma 2,5 mg 20 Tbl. N1 PZN01234567 >> Dj << Bei Betäubungsmitteln für den Fall, dass eine schriftliche Dosierungs­anweisung vorliegt: Fentanyl – xyz-Pharma 12 μg/h 5 Matrixpfl. 2,89 mg N1 PZN01234567 >> gemäß schriftlicher Anweisung <<

Quelle: KBV

Diese Rezeptangaben muss die Verordnungssoftware ab Oktober 2020 gewährleisten. Deshalb haben KBV und GKV-Spitzenverband die Anforderungen an die Praxissoftware um diese Funktion ergänzt. Mit dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung wurde die Ersatzverordnung eingeführt: Wenn aufgrund eines Arzneimittelrückrufs oder einer behördlich bekannt gemachten Einschränkung der Verwendbarkeit ein Arzneimittel erneut zulasten der GKV verordnet werden muss, bleibt das für den Patienten zuzahlungsfrei.

Ersatzverordnung zählt als Praxisbesonderheit

Eine solche Ersatzverordnung gilt in einer Wirtschaftlichkeitsprüfung als Praxisbesonderheit. Um das zu gewährleisten, ist eine Kennzeichnung notwendig. Die erneute Verordnung eines Arzneimittels oder eines vergleichbaren Präparats muss auf einem separaten Rezept erfolgen. Die Software versieht es mit dem Aufdruck „Ersatzverordnung gemäß § 31 Absatz 3 Satz 7 SGB V“. Zusätzlich erfolgt eine automatische Kennzeichnung über das Statusfeld im Personalienbereich des Patienten. Das Digitale-Versorgung-Gesetz schreibt vor, dass im Bundesmantelvertrag samt Anlagen die notwendigen Regelungen zum elektronischen Rezept zu vereinbaren sind. Bei elektronischen Verordnungen ist es notwendig, die Medikationsdaten in strukturierter Form zu übertragen. Die korrekte Verordnung wird dadurch erleichtert, dass die Software bei der Rezepterstellung alle notwendigen Angaben abfragt. Die Software kann Verordnungen von Rezepturen, die in der Apotheke hergestellt werden, strukturiert anbieten. Sie erlaubt es, Bestandteile mit Mengenangaben und Gebrauchsanweisungen jeweils in separaten Feldern zu erfassen. Bei Wirkstoffverordnungen liefert sie Informationen wie Wirkstoff, Wirkstärke, Darreichungsform und Packungsgröße. Freitextverordnungen bleiben – auch für Rezepturen und Wirkstoffe – nach wie vor möglich. Die aktualisierten Anforderungen treten größtenteils zum 1. Oktober 2020 in Kraft, die Pflichtfunktion zum Erstellen einer Ersatzverordnung bereits zum 1. Juli 2020. Ab Juli 2020 liefert die Arzneisoftware neue umfangreiche Informationen. Die Vertragsärzte werden besser über Beschlüsse zur frühen Nutzenbewertung neuer Arzneimittel informiert, damit sie diese bei ihren Verordnungen berücksichtigen können. Die Software muss Recherchen nach Arzneimittel, Wirkstoff sowie dem zugelassenen Anwendungsgebiet ermöglichen. Bei der Anzeige eines Arzneimittels in den Suchergebnissen oder Vergleichslisten erhält man ab Juli einen Hinweis, wenn ein Beschluss des G-BA z.B. einer Verordnung entgegensteht.

Anzeige von Beschlüssen passt zu ICD-10-GM-Codes

Wird ein Arzneimittel ausgewählt, für das Beschlüsse zur frühen Nutzenbewertung vorliegen, kann zunächst eine Übersicht mit den bewerteten Anwendungsgebieten abgerufen werden. Erkennt die Verordnungssoftware den ICD-10-GM-Code eines Patienten, zeigt sie nur Beschlüsse an, die diesem Code entsprechen. Weitere sind abrufbar. Nach der Auswahl eines Beschlusses werden die relevanten Inhalte dargestellt, z.B. die vom G-BA gebildeten Patientengruppen mit Ausmaß und Wahrscheinlichkeit des Arzneizusatznutzens gegenüber der Vergleichstherapie. Mithilfe hinterlegter ICD-10-GM-Codes können auch Arzneimittel gesucht werden. Bei Arzneien mit bedingter Zulassung oder Orphan Drugs kann der G-BA anwendungsbegleitende Datenerhebungen veranlassen und festlegen, dass das jeweilige Präparat nur von Ärzten verordnet werden darf, die an der Erhebung teilnehmen. Es ist auch möglich, bereits in den Arzneiübersichtslisten „positiv bewertete“ Produkte grafisch hervorzuheben. Im aktuellen Anforderungskatalog sind zudem Rote-Hand-Briefe und Informationsbriefe der Bundesoberbehörden sowie Schulungsmaterial mit dem Blaue-Hand-Logo explizit als Vorschläge abgebildet.

Fazit

Die Neuerungen sollen dazu führen, dass die Gefahr eines Arzneiregresses reduziert wird. Dies ist allerdings nur möglich, wenn man sich genau an die Vorgaben hält. Denn die Krankenkassen können Einzelregress­anträge stellen, ohne dass vorher eine Beratung der Praxis stattfinden muss. Dass nach der jüngst getroffenen Prüfvereinbarung lediglich die Differenz zwischen wirtschaftlicher und unwirtschaftlicher Verordnung kassiert werden kann, ist ein schwacher Trost.

Medical-Tribune-Bericht

Dr. Gerd W. Zimmermann, Facharzt für Allgemeinmedizin, Hofheim/Ts. Dr. Gerd W. Zimmermann, Facharzt für Allgemeinmedizin, Hofheim/Ts. © privat