„Zweitbeste Lösung“ Bereitschaftsdienst ohne Sozialversicherungspflicht

Niederlassung und Kooperation Autor: Cornelia Kolbeck

Ab 2025 soll der ÄBD reformiert werden. Ab 2025 soll der ÄBD reformiert werden. © MQ-Illustrations – stock.adobe.com

Laut KBV ist das Risiko der Scheinselbstständigkeit für Ärztinnen und Ärzte im Bereitschaftsdienst abgewendet. Geplant ist eine gesetzliche Regelung, die Sicherheit schafft. Die KVen könnten sofort loslegen.

Das Risiko der Scheinselbstständigkeit aufgrund eines Urteils des Bundessozialgerichts zur Sozialversicherungspflicht sog. Poolärzte hatte für große Unruhe im ärztlichen Bereitschaftsdienst (ÄBD) gesorgt. Wie die KBV-Führung Mitte August verkündete, wurde nun mit den Bundesministerien für Gesundheit und Arbeit sowie der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) geklärt, wann beim vertragsärztlichen Notdienst von einer selbstständigen Tätigkeit auszugehen ist. 

Klarstellung zu Abrechnung und Vertretungsmöglichkeit

Nämlich dann, wenn die Leistung von der Ärztin bzw. dem Arzt selbst, wie bei der Behandlung in der Praxis nach der Gebührenordnung mit eigener Abrechnungsnummer abgerechnet wird. Für die von der KVen für den Bereitschaftsdienst zur Verfügung gestellten Ressourcen wie Personal, Technik und Räumlichkeiten ist ein „angemessener Betrag“ zu zahlen. Vertragsärztinnen und -ärzte müssen den Notdienst nicht persönlich erbringen, sie können sich durch eine qualifizierte Person – vermittelt durch die KV oder einen sonstigen Dritten – vertreten lassen. „Die vereinbarten Eckpunkte werden nun in Gesetzesform gegossen, können aber unabhängig davon ab sofort angewendet werden“, berichtet der KBV-Vorstand.  

Die Statusbeurteilung für den ÄBD soll künftig und für vergangene Zeiträume zugrunde gelegt werden. Die Leitende DRV-Regierungsdirektorin Bettina Segebrecht bremst die Freude jedoch etwas: „Ein Verzicht auf Beitragsforderungen für die Vergangenheit in Fallkonstellationen, die nicht diesen Maßstäben einer selbstständigen Tätigkeit entsprechen, kann nach gemeinsamer Auffassung mangels einer Rechtsgrundlage aber nicht erfolgen.“  

Die Bundesvorsitzenden des Hausärztinnen- und Hausärzteverband, Dr. Markus Beier und Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth, sehen in der Vereinbarung nur eine „zweitbeste Lösung“ für die sog. Poolärzte-Problematik. Sie hätten eine gesetzliche Regelung analog zu den Bestimmungen für den Rettungsdienst bevorzugt. Ärztinnen und Ärzte, die am ÄBD teilnehmen, hätten damit grundsätzlich keine Sozialbeiträge zahlen müssen. 

„Es ist davon auszugehen, dass die KVen mit dieser Situation sehr unterschiedlich umgehen werden – allein schon, weil sie in den vergangenen Monaten teilweise umfangreiche Umstrukturierungen ihres Notdienstes vorgenommen haben, die nun nur schwerlich wieder rückgängig gemacht werden können.“

KVen prüfen neue Optionen und Umstrukturierungen

Dr. Doris Reinhardt, Vize der KV Baden-Württemberg, ist zufrieden mit der neuen Lösungsmöglichkeit. Zu prüfen sei, ob sich diese als Alternative oder Ergänzung zum zwischenzeitlich geschaffenen Kooperationsarztmodell als zulässige Vertretermöglichkeit anbietet. Die Regelversorgung und ein flächendeckender Bereitschaftsdienst seien aber unter den heutigen Bedingungen des Ärztemangels ohnehin reformbedürftig, bemerkt Dr. Reinhardt. Die KV arbeite intensiv daran, die Bedingungen im ÄBD für Patienten und Ärzte in Baden-Württemberg zu verbessern – mit gebündelten Ressourcen, flächendeckendem Fahrservice und Telemedizin.

„Die Maßnahme, die Mitarbeit der Poolärzte zunächst auszusetzen, hatten wir bereits rückgängig gemacht“, berichtet eine Sprecherin der KV Saarland. Allerdings soll der ÄBD insgesamt ab 2025 reformiert werden. Grundsätzliche Entscheidungen seien bereits getroffen, Details müssten noch ausgearbeitet werden. Eine genaue Zeitschiene lasse sich nicht nennen, so die Sprecherin. Denn die KV will noch gesetzgeberische Entscheidungen, u.a. zur Notfallreform, abwarten.

Die KV Sachsen will sich momentan nicht zum weiteren Vorgehen äußern. Der Sachverhalt werde derzeit geprüft.

Medical-Tribune-Bericht