Corona-Impfzentren: Mediziner verdienen weit über 100 Euro pro Stunde

Niederlassung und Kooperation Autor: Isabel Aulehla

Ärztinnen und Ärzte verdienen in den Corona-Impfzentren bis zu 175 Euro pro Stunde. Ärztinnen und Ärzte verdienen in den Corona-Impfzentren bis zu 175 Euro pro Stunde. © OneLineStock.com – stock.adobe.com

Tausende Freiwillige haben sich bereit­erklärt, in Corona-Impfzen­tren oder mobilen Impfteams zu helfen. Viele von ihnen warten noch darauf, dass es in ihrem Bundesland richtig losgeht. Die Vergütung der helfenden Mediziner wird skeptisch gesehen.

Die KVen sind begeistert von der hohen Bereitschaft medizinischen Personals, in Corona-Impfzentren mitzuarbeiten. Die meisten Freiwilligen freuen sich über einen möglichen Ausweg aus der Pandemie und möchten ihren Teil dazu beitragen. Vor allem für Ärzte ist die Tätigkeit aber auch finanziell zumindest nicht schädlich: Je nach Bundesland verdienen Mediziner zwischen 120 Euro und 175 Euro pro Stunde.

Ärztliche Honorare für die Mitarbeit in Impfzentren
Bundesland
Euro pro Stunde
Berlin, Brandenburg, Hamburg, Hessen120
Baden-Württemberg130
Rheinland-Pfalz140
Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen150
Thüringen175

Der Stundensatz der Mediziner variiert regional. Für einige Bundesländer liegen keine konkreten Beträge vor.

Bringen sie eine ihrer MFA mit, erhöht sich dieser Betrag vielerorts noch einmal. In Berlin beispielsweise von 120 auf 180 Euro. Dies haben die KVen mit den Ländern ausgehandelt. Auch an Wochenenden und Feiertagen steigt das Honorar. Medizinische Fachkräfte verdienen in den Zentren deutlich weniger – allerdings immer noch mehr als in ihrem Beruf im Allgemeinen denkbar. Ihr Stundensatz beträgt je nach Bundesland bis zu 50 Euro.

Vergütung wird von manchem als unnötig hoch erachtet

Ob eine ärztliche Vergütung in dieser Höhe angemessen ist, wird in der nicht-medizinischen Öffentlichkeit teilweise laut angezweifelt. So kommentierte der rheinland-pfälzische Fraktionschef der CDU Christian Baldauf laut Medienberichten, die Landesregierung habe sich „über den Tisch ziehen lassen“. Auch einzelne Ärzte kritisieren den Stundensatz als unverhältnismäßig. Beispielsweise bezeichnete der Allgemeinmediziner Dr. Gerhard Trabert, der sich in Mainz der Versorgung von Obdachlosen widmet, den Betrag im SWR als „unlauter“.

Die KVen sehen das anders. Sie betonen, das Honorar sei aufgrund der hohen medizinischen und gesellschaftlichen Verantwortung angemessen. Es stelle sicher, dass der Umsatzausfall in den Praxen der Helfer kompensiert werde. Eine Gefahr, dass Niedergelassene ihre Praxen schließen könnten, um in den Impfzentren zu helfen, sehen sie nicht. Die KV Westfalen-Lippe entkräftet zudem den möglichen Verdacht, einige Ärzte würden vielleicht mehr aufgrund des Geldes als aus Überzeugung helfen: „Wir sind sehr froh darüber, dass sich bereits zahlreiche Ärzte und auch medizinisches Fachpersonal bei uns gemeldet haben, noch bevor wir einen öffentlichen Aufruf gestartet und noch bevor die finanzielle Vergütung dieser Tätigkeit überhaupt in der Diskussion war.“

Die Ärztekammer Hessen warnt derweil, einige Kreise und kreisfreie Städte würden unabgesprochen versuchen, Einsatzkräfte für ein niedrigeres Honorar zu gewinnen. Sie kritisiert dies ausdrücklich und rät davon ab, sich darauf einzulassen.

Welche Tätigkeiten die Mediziner in den Zentren übernehmen sollen, hängt letzten Endes von der Planung vor Ort ab und kann variieren. Die meisten KVen erklären, die eigentliche Impfung solle an Medizinische Fachangestellte delegiert werden. Ärzte übernehmen dagegen die Aufklärungsgespräche, schließen Kontraindikationen aus und stehen für Notfälle bereit.

Bei voller Auslastung werden in den größeren Zentren hunderte Menschen gleichzeitig arbeiten. So geht die KV Hamburg davon aus, dass in der einzigen Impfeinrichtung der Hansestadt täglich 660 Mitarbeiter tätig sein werden, verteilt auf zwei Schichten. Unter ihnen werden etwa 200 Ärzte und 200 MFA sein. Das Zentrum ist auf bis zu 7000 Impfungen pro Tag ausgelegt.

Wie sichergestellt wird, dass die Freiwilligen nicht selbst mit ­SARS-CoV-2 infiziert sind, variiert je nach Bundesland und scheint teilweise noch unklar zu sein. Das baden-württembergische Ministerium für Soziales und Integration verweist darauf, dass das Personal der Zentren laut Impfverordnung grundsätzlich zur Gruppe mit der höchsten Priorität zählt. Da der Impfstoff derzeit aber sehr knapp sei, sollten zunächst überwiegend Menschen über 80 sowie Bewohnerinnen und Bewohner sowie das Personal von Alten- und Pflegeheimen immunisiert werden, heißt es weiter (Stand: 07.01.2021).

In Niedersachsen, Hamburg und Nord­rhein können sich die Mitarbeiter der Zentren nach Angaben der KVen impfen lassen. In Westfalen-Lippe bietet man freiwillige, regelmäßige Schnelltests an.

Jede helfende Hand ist weiterhin willkommen

Das Interesse zur Mitarbeit ist offenbar in allen Bundesländern hoch. Viele der Menschen, die sich dafür registriert haben, warten aber noch auf eine Rückmeldung oder weitere Details zu ihrem möglichen Einsatz.

Freiwillige warten auf Infos

Bei der KV gemeldet, aber keinerlei Rückmeldung erhalten – so erging es Frau Schollmayer. Die Ärztin hatte sich zu einer halbtägigen Tätigkeit in einem hessischen Impfzentrum bereiterklärt. Als sie nichts hörte, hakte sie nach und erfuhr, dass man sie eher nehme, wenn sie ganztags könne. Damit war die Medizinerin einverstanden. „Trotzdem habe ich mich aber etwas darüber gewundert, dass halbtags überhaupt als Option angeboten wird“, berichtet sie. Nach welchen Kriterien die Helfer ausgewählt werden, ist laut einzelner Ministerien von der konkreten Planung vor Ort abhängig. In Hessen werden Freiwillige bei ihrer Registrierung gefragt, ob sie Fremdsprachen sprechen und ob sie über Kenntnisse in der Behandlung möglicher allergischer Reaktionen auf die Impfung verfügen. Ob das in der Planung eine Rolle spielt, ist ungewiss. Nun wartet Schollmayer auf nähere Details zu ihrem Einsatz. Diese werden aber wohl noch etwas auf sich warten lassen. Ein Online-Dienstplan soll künftig die Arbeitszeiten im Zentrum regeln. „Etwas mehr langfristige Planbarkeit wäre natürlich schön“, erklärt die Ärztin.

Trotz der hohen Zahl von Angemeldeten erklärt etwa die KV Westfalen-Lippe, man freue sich weiterhin über jede helfende Hand. Man wolle einen ausreichend großen Personalpool schaffen, etwa für Krankheitsfälle. In dem Bezirk meldeten sich bislang rund 20.000 Menschen. Wer als Helfer eingesetzt wird, unterschreibt einen Dienstleistungsvertrag mit dem Land und ist dann zu dessen Einhaltung verpflichtet. Die Haftpflicht für die Impfung geht an das Land über. Die KV Schleswig-Holstein gibt zudem an, dass ein Ausfallhonorar gezahlt wird, falls ein Einsatz kurzfristig abgesagt werden muss. Es orientiere sich an dem des Bereitschaftsdienstes. Derweil betont die KV Berlin – wie auch andere Akteure –, wirklich schnell impfen könne man nur in den Praxen. Das Betreiben der Impfzentren, die Logistik und das Terminmangement seien derzeit sehr aufwendig. „In der ambulanten Versorgung impfen wir in jedem Jahr innerhalb kürzester Zeit Millionen Menschen. Das schaffen wir auch bei der COVID-19-Impfung“, appelliert der KV-Vorstand an die Politik. Möglich sei dies, sobald ein Vakzin mit einer einfacheren Logis­tik zugelassen werde, etwa das des Unternehmens AstraZeneca und der Universität Oxford. „Die Lagerung bei Kühlschranktemperaturen macht eine Impfung in den Praxen möglich“, argumentiert die KV. Allerdings brauche man etwas Vorbereitungszeit, bevor in den Praxen losgelegt werden könne. Die KV fordert die Politik daher auf, schnell Tatsachen zu schaffen und festzulegen, dass dieses Vakzin in den Praxen verimpft werden kann, sobald es zugelassen ist.

Medical-Tribune-Bericht