Arbeitsverträge per E-Mail abschließen Ab 2025 fällt bei Neueinstellungen weniger Bürokratie an
Was bedeutet es für Arbeitgeber, dass für Arbeitsverträge künftig „Textform“ genügt?
Dr. Justin Doppmeier: Das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz sieht vor, dass ab dem 1. Januar 2025 die Textform statt der Schriftform für bestimmte arbeitsrechtliche Mitteilungen und Dokumentationen ausreicht. Das bedeutet, dass diese Mitteilungen nicht mehr handschriftlich unterschrieben und auf Papier vorliegen müssen. Stattdessen genügt eine lesbare Erklärung auf einem dauerhaften Datenträger, wie eine E-Mail oder ein elektronisches Dokument. Bestimmte Dokumentationen können somit schneller und einfacher elektronisch erfolgen. Arbeitgeber sparen Kosten und Zeit, da der Aufwand für Druck, Versand und Archivierung von Papierdokumenten reduziert wird. Solange die Textform eingehalten wird, sind die Mitteilungen rechtlich bindend. Es muss jedoch sichergestellt werden, dass die Dokumente dauerhaft gespeichert und vor Veränderungen geschützt sind.
Aber Achtung: Die Gesetzesänderung betrifft nicht den Abschluss des Arbeitsvertrags selbst, da dieser nach deutschem Recht grundsätzlich keiner Schriftform bedarf und auch mündlich oder durch schlüssiges Handeln zustande kommen kann. Allerdings gab das Nachweisgesetz Arbeitgebern bisher die ordnungsrechtliche Verpflichtung auf, bestimmte Inhalte von Arbeitsverhältnissen schriftlich – also mit Originalunterschrift unterzeichnet – zu dokumentieren und auszuhändigen. Wurde ein der Schriftform entsprechender Arbeitsvertrag ausgefertigt, entfiel diese Verpflichtung. Ab 2025 genügen Arbeitgeber ihren Nachweispflichten, wenn sie die Arbeitsbedingungen in Textform aushändigen.
Unter welchen Voraussetzungen dürfen Praxen bei Arbeitsverträgen die Textform wählen?
Die Hürden erscheinen nicht all zu hoch: Der Vertragsinhalt muss als lesbare Erklärung der Vertragsparteien auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt werden, sodass es der oder dem Beschäftigten nach dem Wortlaut von § 126b BGB ermöglicht wird, die „auf dem Datenträger befindliche, an ihn persönlich gerichtete Erklärung so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraums zugänglich ist, und geeignet ist, die Erklärung unverändert wiederzugeben.“ Das Dokument sollte daher speicher- und druckbar sein. Das gängigste Dateiformat dürfte das PDF sein, aber auch der Text in einer E-Mail genügt den Anforderungen. Arbeitgeber sollten lediglich sicherstellen, dass der Zugang der Erklärung bzw. die Zustimmung zum Vertragsinhalt nachgewiesen werden kann, beispielsweise durch ein Empfangsbekenntnis oder eine Zustimmungserklärung.
Was muss hinsichtlich Dateiformat und Sicherheit beachtet werden, wenn der Arbeitsvertrag per E-Mail versandt wird?
Es bietet sich an, das Vertragswerk als PDF zu übermitteln, da dieses Format nicht einfach bearbeitet oder verändert werden kann. Eine digitale Signatur oder ein Passwortschutz erhöhen zusätzlich die Sicherheit. Die E-Mail sollte aus Gründen des Datenschutzes verschlüsselt werden, beispielsweise durch S/MIME oder PGP, um die Daten vor unbefugtem Zugriff zu schützen. Bei Verwendung einer digitalen Signatur kann so auch die Authentizität des Absenders bestätigt werden. Diese Maßnahmen helfen, rechtliche Risiken zu minimieren, und gewährleisten, dass die Textform auch in einem möglichen Rechtsstreit als gültiger Nachweis dienen kann.
Wann ist die Schriftform Pflicht?
Die Textform reicht nicht aus, wenn das Gesetz ausdrücklich etwas anderes vorschreibt. So ist die Wirksamkeit von Befristungen an die Schriftform geknüpft. Zwar kann diese vorliegend durch die elektronische Form nach § 126a BGB ersetzt werden, allerdings erfordert dies, dass Arbeitgeber und Angestellte/r dem Vertrag ihren Namen hinzufügen und das elektronische Dokument jeweils mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen. Ein Verstoß gegen diese Formvorschrift führt nicht zur Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages selbst, sondern lediglich zur Unwirksamkeit der Befristung, es entsteht also ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.
Zwar steht die Kündigung nicht mit dem Zustandekommen des Arbeitsvertrages in unmittelbarem Zusammenhang, ist aber als sog. actus contrarius zum Vertragsabschluss dennoch häufig relevant. Auch sie muss nach § 623 BGB schriftlich erfolgen. Eine E-Mail oder andere Arten der Textform sind hier nicht ausreichend, die elektronische Form ist ausdrücklich ausgeschlossen. Bei Wettbewerbsverboten ist ebenfalls die Schriftform erforderlich.
Zu beachten ist im Rahmen der Nachweispflichten nach dem Nachweisgesetz zudem, dass bei ausdrücklichem Verlangen der oder des Beschäftigten die Arbeitsbedingungen weiterhin mit Originalunterschrift des Arbeitgebers auszuhändigen sind – und dies nach dem Wortlaut des Gesetzes unverzüglich.
Welche Unternehmen profitieren Ihrer Einschätzung nach von der Änderung, welche weniger?
Besonders vorteilhaft ist die Herabstufung des Formerfordernisses für Unternehmen, bei denen Arbeitgeberseite und Mitarbeitende nicht physisch am selben Ort sind. Dies umfasst etwa Remote- und Hybrid-Arbeitsmodelle sowie internationale Unternehmen mit verteilten Teams.
Bei Arbeitsverhältnissen, in denen Arbeitgeber mit den Beschäftigten am selben Ort arbeiten, wie klassischerweise in einem Krankenhaus oder einer Arztpraxis, ist eine Originalunterschrift schnell geleistet. Der gesetzgeberisch proklamierte Bürokratieabbau erscheint marginal und der Vorteil, einen Arbeitsvertrag per E-Mail zu dokumentieren, verpufft. Kontraproduktiv dürfte sich sogar auswirken, dass bestimmte Rechtsgeschäfte, anders als der Abschluss eines Arbeitsvertrags, für ihre Wirksamkeit die Schriftform erfordern, sodass Arbeitgeber zukünftig unterscheiden müssen, ob sie auf die Textform zurückgreifen oder ob die Schriftform zwingend ist.
Quelle: Medical-Tribune-Interview