Physician Assistants Das Interesse an der Assistenz in der ambulanten Medizin wächst

Praxismanagement , Team Autor: Michael Reischmann

Physician Assistants übernehmen im Klinik- oder Praxisalltag medizinische Aufgaben, die ihnen delegiert werden. Physician Assistants übernehmen im Klinik- oder Praxisalltag medizinische Aufgaben, die ihnen delegiert werden. © DragonImages – stock.adobe.com

Ihren ersten Physician-Assistant-Kongress veranstaltet die Deutsche Gesellschaft für Physician Assistants (DGPA) am 5. Oktober in Solingen. Zum wachsenden Interesse an PA in der ambulanten Medizin und zu den Einschränkungen der Delegation äußert sich Kongresspräsident und Physician Assistant Felix Wittmann.

Die DGPA bezeichnet sich als Berufsverband für Arztassistent:innen. Was bieten Sie Ihren 1.350 Mitgliedern? 

Als Berufsverband setzen wir uns dafür ein, das Berufsbild der Physician Assistants (PAs) in Deutschland zu fördern und zu etablieren – sowohl in der öffentlichen Wahrnehmung als auch in der politischen Landschaft. Eine Mitgliedschaft bietet zahlreiche Vorteile. Dazu gehören unter anderem rechtliche Unterstützung durch unseren Justiziar, Beratung in beruflichen und persönlichen Belangen, der kostenlose Erhalt unserer Fachzeitschrift sowie Vergünstigungen bei Partnern, zum Beispiel der PA Academy.

In Solingen findet demnächst der erste PA-Kongress statt. Sind Sie mit der Nachfrage zufrieden? 

Das Zielpublikum sind Physician Assistants, PA-Studierende, Ärztinnen und Ärzte sowie andere Interessierte. Mit der Nachfrage sind wir sehr zufrieden. Wir freuen uns sehr über das hohe Interesse an unserem Kongress.

Ergänzt er als Fortbildungsveranstaltung Studieninhalte? 

Durch vielfältige Workshops und Vorträge können wir für die Teilnehmenden ein breites Angebot von Grundlagen bis zu vertiefenden Themen machen. Dabei freuen wir uns sehr über die Unterstützung durch erfahrene wie renommierte Dozentinnen und Dozenten. Es werden auch von PAs Kurse und Vorträge gehalten. Mit den Fortbildungen können Physician Assistants ihre Kenntnisse und Fertigkeiten festigen und erweitern. Aufgrund der hohen Resonanz möchten wir diesen Meilenstein mit einem zweiten Kongress 2025 fortführen.

Die Voraussetzungen zum Studium sind je nach Hochschule anders. Einige verlangen eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem medizinischen oder medizinnahen Beruf, anderen reicht die allgemeine Hochschulreife. Üblicherweise wird der akademische Grad des Bachelor of Science erlangt, es gibt aber auch den PA-Masterstudiengang. Gelehrt wird an zwölf privaten und zehn staatlichen Hochschulen, wie auf der DGPA-Homepage nachzulesen ist. Hat diese Vielfalt Auswirkungen auf Qualifikationen und Tätigkeiten? 

Die Anzahl der Studierenden stieg in den vergangenen Jahren um das 3,5-Fache auf 3.500. Die Praxis zeigt, dass die Vielfalt der Zugangsvoraussetzungen und Hochschultypen keine Auswirkungen auf die vermittelten Qualifikationen und künftigen Tätigkeitsschwerpunkte hat. Die Hochschulen vermitteln die Grundkenntnisse nach den Vorgaben von Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bundesvereinigung.

PAs sind noch eine junge Berufsgruppe im deutschen Gesundheitswesen. Welche Entwicklung findet hier statt? 

Wir beobachten eine Zunahme an spezialisierten Tätigkeiten. Zunehmend führen Gesellschaften wie die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin oder die Deutsche Gesellschaft für Interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin den Einsatz von PAs in ihren Strukturempfehlungen auf. Die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie veröffentlichte 2021 das Positionspapier „Physician Assistants – Eine effektive und sinnvolle Erweiterung des herzchirurgischen Behandlungsteams“.

Es läuft ein vom G-BA gefördertes Projekt zu „Physician Assistants in der Allgemeinmedizin“ in NRW und Schleswig-Holstein. Man will feststellen, ob PAs ärztliche Aufgaben übernehmen und so einen Teil des Engpasses in der hausärztlichen Versorgung kompensieren können. Und das vom Hausärztinnen- und Hausärzteverband propagierte HÄPPI-Konzept zu Primärversorgungszentren sieht ein leitendes „Kernteam“ vor mit einer hausärztlichen Direktion plus einer/einem PA oder einer akademisierten VERAH. Tut sich hier ein neues Betätigungsfeld auf? 

Das Interesse von PAs für die ambulante Versorgung ist groß und wird von unserem Berufsverband durch eine eigene Sektion gefördert. Auf unserem Kongress wird das Projekt „Physician Assistants in der Allgemeinmedizin“ vom Institut für Allgemeinmedizin des Universitätsklinikums Essen vorgestellt. Wir sind auf die Ergebnisse sehr gespannt. Bei dem aktuellen Ärztemangel können PAs einen wesentlichen Beitrag zur Sicherung der ambulanten Versorgung leisten.

Von Berufspolitik bis Nahtkurs

Der erste PA-Kongress der Deutschen Gesellschaft für Physician Assistants findet am 5. Oktober 2024 im Walder Stadtsaal in Solingen statt. Neben Vorträgen und Diskussionen, etwa zur berufspolitischen Zukunft von PA, zur Implementierung in der ambulanten Versorgung und Intensivmedizin oder zur Gehaltssituation, enthält das Programm auch Kurse zu Sonografie, EKG oder zur Wundversorgung. Networking und ein Bachelor-Award gehören ebenfalls dazu.

Infos: pa-deutschland.de

Wie passen die PAs ins Gehaltsgefüge zwischen MFA sowie angestellten Ärztinnen und Ärzten? 

Da PAs einen Hochschulabschluss mit dem Bachelor-Grad absolvieren, sollte sich das Gehalt nicht an einer Berufsausbildung wie der der MFA orientieren. Die aktuelle Gehaltsempfehlung der DGPA für Berufseinsteiger ohne Berufserfahrung liegt bei einem monatlichen Bruttogehalt von 3.900 Euro. Die Empfehlung wird jedes Jahr evaluiert und gegebenenfalls angepasst.

Welche Aufgaben können PAs hierzulande übernehmen? Was dürfen ihre Kolleginnen und Kollegen andernorts tun, etwa in den Niederlanden oder Großbritannien? 

Die Aufgaben, die PAs übernehmen können, hängen stark von den Rahmenbedingungen und der Delegationsbereitschaft der ärztlichen Partner ab. Grundsätzlich arbeiten PAs im Team eng mit Ärztinnen und Ärzten bei der Patientenversorgung zusammen. Sie übernehme ärztliche Aufgaben, die ihnen delegiert werden. Dazu zählen etwa die Anamnese, die körperliche Untersuchung, das Vorbereiten und Durchführen einfacher medizinischer Eingriffe sowie die Dokumentation von Befunden. Die genaue Aufgabenverteilung variiert je nach Arbeitsumfeld. Tätigkeiten mit einem rechtlichen Arztvorbehalt dürfen von Physician Assistants nicht ausgeführt werden. Darunter fällt beispielsweise die Bluttransfusion.

In anderen Ländern können PAs teilweise deutlich umfangreichere Aufgaben übernehmen. Beispielsweise dürfen Physician Assistants  in den Niederlanden Medikamente verschreiben. Die rechtliche Grundlage hierfür ist klarer definiert als in Deutschland, was den Handlungsspielraum der PAs erweitert und deren Integration ins medizinische Team stärkt.

In Großbritannien sind Physician Assistants fester Bestandteil des Gesundheitssystems (NHS). Sie übernehmen eigenverantwortlich Aufgaben in der Diagnose und Behandlung von Patienten, dürfen jedoch keine verschreibungspflichtigen Medikamente verschreiben oder Röntgenbilder anordnen. Auch hier gibt es klare Regelungen zu Verantwortlichkeiten und Kompetenzen der PAs, die für mehr Rechtssicherheit sorgen. 

Um die Rolle der Physician Assistants in Deutschland zu stärken und deren Potenzial voll auszuschöpfen, bedarf es ebenfalls klarer gesetzlicher Regelungen.

Medical-Tribune-Interview