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Medizintechnik Innovationen, die sich lohnen

Praxismanagement , Geld und Steuern Autor: Michael Reischmann

Viele medizintechnische Innovationen weisen kurze Refinanzierungsdauern auf und verfügen über ein hohes Renditepotenzial. Viele medizintechnische Innovationen weisen kurze Refinanzierungsdauern auf und verfügen über ein hohes Renditepotenzial. © ipopba – stock.adobe.com
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Die interstitielle Low-Dose-Brachytherapie bei lokal begrenztem Pro­statakarzinom ist ein Rendite­traum: Die Investition von ca. 25.000 Euro amortisiert sich innerhalb von vier ­Monaten. Solch kurze Refinanzierungsdauern beschleunigen wohl die Diffusion von Innovationen in der Versorgung. Dabei gilt: Erst PKV und GKV zusammen bringen den richtigen Mix. 

Das Unternehmen Rebmann Research ist ein auf die Gesundheitsbranche spezialisiertes Marktforschungsinstitut. Es bietet u.a. einen digitalen Assistenten für Ärzte sowie Beratungskonzepte zu Praxisgründung, -wachstum und -nachfolge an. Gründer und CEO Dr. oec. Bernd Rebmann hat zusammen mit drei Kolleginnen die Datenbanken und Tools seines Unternehmens genutzt, um eine Analyse der ökonomischen Bedingungen und Anreize zur mehr oder minder schnellen Diffusion medizinischer Innovationen vorzunehmen. Erschienen ist das als Buch im Rahmen der Schriftenreihe des Wissenschaftlichen Instituts der PKV.*

Was wäre, wenn nur die GKV-Konditionen gelten würden?

Angeschaut hat sich das Autorenteam acht Methoden, die in den Jahren 2008 bis 2021 vom G-BA für die vertragsärztliche Versorgung zugelassen wurden. Für jede rechneten sie vier Szenarien durch: Wie schnell refinanzieren sich die Inves­titionen samt der damit verbundenen Kosten bei durchschnittlichen Fallzahlen 1. im Status quo von PKV und GKV, 2. nur mit PKV-Einnahmen, 3. nur mit GKV-Einnahmen, 4. in einem fiktiven vereinheitlichen System mit GKV-Konditionen (GKV+)? Hier einige Beispiele und die Schlussfolgerungen.

Gesetzlich Krankenversicherte mit (mittel)schwerer Neurodermitis haben seit 2020 Anspruch auf eine Balneophototherapie. Auch für Psoriasis-Patienten ist sie zugelassen. In der PKV ist diese Alternative zur medikamentösen Behandlung bei weiteren Diagnosen erstattungsfähig. Benötigt werden eine beidseitig zugängliche Badewanne und ein Phototherapiegerät. Investitionskos­ten: rund 25.000 Euro. Von bundesweit rund 2.840 Hautärzten (2019) hatte rund ein Drittel die erforderliche Genehmigung zur Leistungserbringung. Vorsichtig kalkuliert wurde mit monatlich 32 Behandlungen im GKV- und 16 im PKV-Bereich. 

Amortisation weit vor dem Abschreibungsende

Unter Berücksichtigung von Geräte-, Stück- und Allgemeinkosten, Zinsen, Abschreibungen, Steuern und Tilgung ermöglichen die GKV- und PKV-Einnahmen schon im ersten Jahr einen Überschuss von gut 11.500 Euro. Die Refinanzierung der Investition (nach Steuern) gelingt in 2,7 Jahren. Über die Abschreibungsdauer von zehn Jahren erwirtschaftet die Hautarztpraxis einen positiven Liquiditätsbeitrag von rund 65.900 Euro. Geld, das sie z.B. für andere Modernisierungszwecke nutzen kann. Und ein Signal, das vermuten lässt, dass die lukrative Therapie rasche Verbreitung findet.

Es zeigt sich aber auch: Die Dualität der Versicherungen hilft. Nur mit Privatpatienten (also ohne GKV-Patienten als Selbstzahler) würde sich die Refinanzierungsdauer auf 8,3 Jahre verlängern. Allein mit GKV-Patienten wären es 4,8 Jahre. Und auch im fiktiven Szenario der GKV-Einheitskonditionen würde die Refinanzierung 4,3 Jahre dauern.

Der rasanteste Renditebringer bei den untersuchten Leistungen ist die interstitielle Low-Dose-Brachytherapie. Sie beschert der Praxis am Ende der voraussichtlichen Nutzungsdauer eine Liquidität von 355.540 Euro

Die von Augenärzten gern angebotene Optische Kohärenztomografie (OCT) spielt ihre Anschaffungskos­ten von 100.000 Euro in nur 1,8 Jahren ein. Die Praxis hat nach sieben Abschreibungsjahren 282.450 Euro Liquidität gewonnen.

Dr. Rebmann und Kolleginnen können an den Beispielen aber auch zeigen, wie sich durch eine fiktive Nivellierung der PKV auf GKV-Niveau die Refinanzierungsdauer deutlich verlängern würde, z.B. beim OCT von 1,8 auf 5,4 Jahre. Das macht sie nicht zwangsläufig unrentabel, hätte aber vermutlich eine bremsende Wirkung auf die Diffusion der Leis­tung in der ambulanten Versorgung.

Von den acht betrachteten innovativen Angeboten gibt es allerdings eines, das defizitär erscheint: die Messung der myokardialen fraktionellen Flussreserve. Über die Genehmigung für diagnostische und therapeutische Katheterleistungen verfügten 2019 bundesweit 602 Kardiologen. Die Anschaffungskosten für den Herz­kathetermessplatz wurden mit 1,2 Mio. Euro veranschlagt. Dr. Rebmann & Co. kalkulierten mit monatlich 20 GKV- und vier Privatpatienten. Bei isolierter Betrachtung der Koronar­angiografie in Kombination mit der Messung der myokardialen FFR ergibt sich aus Sicht der Ärzte keine akzeptable Refinanzierung. Denn sie dauert (nach Steuern) 15,1 Jahre. Innerhalb der Abschreibungsdauer führt das Verfahren zu einem Liquiditätsverlust von 565.500 Euro. 

Allerdings kann sich aus der Druckmessung sofort eine therapeutische Maßnahme (z.B. Stent­implantation) mit zusätzlicher Vergütung ergeben. Zudem bietet ein Herzkathetermessplatz weitere Einsatzoptionen, z.B. zur Abklärung von angeborenen Herz- oder Herzklappenfehlern, räumt das Autorenteam ein. Doch das Beispiel zeige, dass innovative Verfahren durchaus ein finanzielles Risiko haben können.

Im realen Investitionsfall gibt es natürlich noch mehr Einflussgrößen als die Marktforscher bei ihren Berechnungen berücksichtigt haben. Praxisgröße und Kooperationen spielen eine wichtige Rolle, die Effizienz der Ablauforganisation und der Einfluss von Wettbewerbern, verfügbare Selektivverträge und regionale Besonderheiten. 

Unterm Strich kommen sie zu dem Schluss, dass in einem einheitlichen Regulierungs- und Vergütungssystem nach dem Vorbild der GKV „nicht nur die erforderlichen Anreize für positive Investitionsentscheidungen in Innovationen erheblich sinken oder sogar entfallen würden“. Die Anschaffung von Medizintechnik könnte auch mit finanziellen Risiken verbunden sein. „Die gegebene duale Versicherungs- und Finanzierungssys­tematik bietet somit die besten Voraussetzungen für eine schnelle und flächendeckende Einführung innovativer Diagnose- und Therapieverfahren im ambulanten Bereich.“

* Bernd Rebmann u.a.: Innovation und Diffusion in der ambulant-ärztlichen Versorgungsstruktur. ISBN: 978-3-95466-790-1, Berlin, 2023

Quelle: Medical-Tribune-Bericht

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