Medizintechnik gehört aus diagnostischer wie finanzieller Sicht zur Hausarzt-Grundausstattung
Wer seine Patienten gezielt zu den Spezialisten schicken will und nicht nur als „Überweisungsschreiber“ fungieren möchte, sollte zumindest jene Medizintechnik vorhalten, die im Hausarztkapitel angesiedelt wurde. Das soll auch nicht zu seinem Nachteil sein: Mit Ausnahme des Ruhe-EKG, das in die Versichertenpauschale „versenkt“ wurde, werden diese Leistungen außerhalb des Regelleistungsvolumens (RLV) bezahlt.
Klagt ein Patient über retrosternale Beklemmungsgefühle und/oder Luftnot unter Belastung, muss das keine kardiale Ursache haben. Mit dem Ruhe-EKG kann man aber schon einmal eine Rhythmusstörung oder Hinweise auf eine bedeutungsvolle KHK ausschließen. Je nach Intensität und Länge der Symptomatik sollten dann ein Belastungs-EKG, ein Langzeit-EKG und je nach Ergebnis der Ergometrie auch eine Langzeitblutdruckmessung durchgeführt werden.
Obligater Leistungsinhalt der Nr. 03321 EBM (21,65 Euro) ist die Untersuchung in Ruhe und nach Belastung mit mindestens zwölf Ableitungen sowie während physikalisch definierter und reproduzierbarer Belastung mit mindestens drei Ableitungen und fortlaufender Kontrolle des Kurvenverlaufes sowie wiederholter Blutdruckmessung.
Die Ziffer fürs Belastungs-EKG lässt sich delegieren
Bei dieser Nummer handelt es sich um eine persönlich-ärztliche Leistung, deren Durchführung allerdings delegiert werden kann, wenn der Arzt während der Untersuchung anwesend ist oder z.B. über einen Monitor den Verlauf beobachten kann. Qualitätskontrollen sind für diese Leistung nicht vorgesehen, die Praxis muss allerdings einen Defibrillator vorhalten.
Das Langzeit-EKG nach Nr. 03322 EBM (7,25 Euro) erfordert eine Aufzeichnung von mindestens 18 Stunden und setzt eine Genehmigung der KV voraus, für die Kenntnisse in der Elektrokardiographie nachgewiesen werden müssen. Die Leistung kann auch im Rahmen der Hausbesuchstätigkeit eines nicht-ärztlichen Praxisassistenten (NäPa) neben den Nrn. 03062 bis 03065 EBM berechnet werden.
Medizintechnische Leistungen im Überblick | ||||
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EBM | Legende | GOÄ | Legende | Multiplikator |
03000 | Versichertenpauschale | 651 | Ruhe-EKG | 1,8 |
03321 | Belastungs-EKG in Ruhe und nach Belastung mit mind. 12 Ableitungen | 652 | Belastungs-EKG unter fortschreibender Registrierung mit mind. 9 Ableitungen | 2,3 |
03322 | Aufzeichnung eines Langzeit-EKG von mind. 18 Stunden Dauer | 659 | Elektrokardiographische Untersuchung über mind. 18 Stunden | 1,8 |
03241 | Computergestützte Auswertung eines kontinuierlich aufgezeichneten Langzeit-EKG von mind. 18 Stunden Dauer | |||
03324 | Langzeit-Blutdruckmessung von mind. 20 Stunden Dauer | 654 | Langzeitblutdruckmessung von mind. 18 Stunden Dauer | 1,8 |
03330 | Spirographische Untersuchung mit Darstellung der Flussvolumenkurve sowie in- und exspiratorischer Messungen | 605 | Ruhespirographische Untersuchung | 1,8 |
605a | Darstellung der Flussvolumenkurve | |||
604 | Bestimmung der Resistance vor und nach Applikation pharmakodynamisch wirksamer Substanzen | 2,3 |
Die computergestützte Auswertung eines kontinuierlich aufgezeichneten Langzeit-EKG von mindestens 18 Stunden Dauer kann von Hausärzten nach Nr. 03241 EBM (9,96 Euro) berechnet werden, wenn die geforderte apparative Ausstattung vorliegt. In der Regel ist das wegen der hohen Kosten aber nicht der Fall und die Aufzeichnung wird zur Auswertung an einen anderen Arzt geschickt. Erfolgt dies außerhalb einer Apparategemeinschaft per Überweisung, können sowohl der überweisende als auch der auswertende Arzt die entsprechenden Versandkosten nach Nr. 40106 EBM (1,50 Euro) berechnen.
In der GOÄ können das Ruhe-EKG nach Nr. 651 GOÄ (26,55 Euro bei 1,8-fachem Satz) und das Belastungs-EKG nach Nr. 652 berechnet werden. Die Leistung unterliegt im Gegensatz zum Ruhe-EKG und den meisten anderen EKG-Leistungen in der GOÄ nicht dem reduzierten Steigerungssatz nach Kapitel A und kann bei Anwendung des Schwellensatzes von 2,3 mit 59,66 Euro in Rechnung gestellt werden.
GOÄ: Wie wird die fremde EKG-Auswertung verrechnet?
Die Abrechnungsposition für das Langzeit-EKG ist in der GOÄ die Nr. 659. Sie unterliegt dem reduzierten Schwellensatz von 1,8 und ist deshalb mit 41,96 Euro bewertet. Im Gegensatz zum EBM wird die automatisierte bzw. computergestützte Auswertung in der GOÄ nicht gesondert honoriert. Wird diese Auswertung von einem anderen Arzt vorgenommen, kann dieser dem Patienten keine eigene Liquidation erstellen. Es muss eine Verrechnung zwischen den beiden Ärzten erfolgen, da nur der das Langzeit-EKG anfertigende Arzt die Nr. 659 GOÄ abrechnen kann.
Die Langzeitblutdruckmessung kann in diesen Fällen ggf. zusätzlich nach Nr. 03324 EBM (8,44 Euro) bzw. Nr. 654 GOÄ (15,73 Euro bei 1,8-fachem Satz) berechnet werden. Im EBM wird dabei eine Aufzeichnungsdauer von 20 Stunden, in der GOÄ von 18 Stunden zugrunde gelegt.
Asthma und COPD erkennen, bevor Folgeschäden auftreten
Noch wichtiger ist es, dass die Hausarztpraxis die Möglichkeit zur Lungenfunktionsuntersuchung hat. Patienten mit einem Asthma bronchiale oder einer beginnenden COPD haben oft (noch) keine Beschwerden. Bei akuten Atemwegserkrankungen sollte deshalb die Möglichkeit genutzt werden, über eine Lungenfunktionsprüfung eine solche Erkrankung rechtzeitig zu erkennen, um etwa Folgeschäden im Rahmen eines Diseasemanagements (DMP) zu verhindern.
Im EBM kann die Leistung nach Nr. 03330 EBM (6,49 Euro) berechnet werden. Ein Qualifikationsnachweis muss dafür nicht erbracht werden. Das Korrelat in der GOÄ sind die Nrn. 605 GOÄ (Ruhespirographische Untersuchung, 25,40 Euro bei 1,8-fachem Satz) und 605a GOÄ (Flussvolumenkurve, 14,69 Euro bei 1,8-fachem Satz). Für die Bestimmung des Atemwegswiderstandes (Resistance) vor und nach Applikation pharmakodynamisch wirksamer Substanzen kann zusätzlich die Nr. 604 GOÄ berechnet werden. Sie unterliegt nicht dem reduzierten Steigerungssatz und erbringt nach dem 2,3-fachen Satz ein Honorar von 21,46 Euro. Im EBM kann die Untersuchung ebenfalls nur einmalig nach Nr. 03330 EBM berechnet werden.
Die Medizintechnik wird in der Honorarverteilung bevorzugt: Die Leistungen sind nicht Teil des RLV. Meistens wird der Qualitätszuschlag (QZV) eingesetzt und die Praxis bekommt einen Fallwert zugeordnet. Übersteigt die Anforderung den Fallwert, wird quotiert ausgezahlt. Bei Unterschreitung wird das verbleibende Volumen dem RLV zugeschlagen und kann für andere Leistungen herangezogen werden.
Medical-Tribune-Bericht