Mit diesen 5 Tipps können Sie quasselnde Patienten zum Schweigen bringen
Jeder kennt sie, jeder fürchtet sie – Patienten, die ohne Unterbrechung quatschen, womöglich vom letzten Urlaub, von ihrer 30-jährigen Krankheitsgeschichte oder vom Enkel, der letztes Wochenende laufen gelernt hat. Diese Patienten halten nicht nur Ihren gesamten Praxisbetrieb auf, sondern stehlen Ihnen auch Zeit, die Sie vielleicht für Notfälle oder andere Patienten aus dem vollen Wartezimmer bräuchten.
Auch Hausärztin und MT-Kolumnistin Dr. Cornelia Tauber-Bachmann kennt das Problem. In einer ihrer Kolumnen (Es ist okay, eine halbe Stunde zugetextet zu werden) berichtet sie von einer älteren Patientin, die eine halbe Stunde lang redete. „Es kommt mir schon so vor, dass es die Frauen sind, die mehr quatschen“, gibt Dr. Tauber-Bachmann zu. Wenn sich ein Patient aber ständig wiederhole, man merke, dass nichts Neues kommt, oder er gar zu private Fragen stelle, „muss man schon klare Grenzen setzen“, sagt die Hausärztin.
Agenda mit den wichtigsten Anliegen sorgt für Struktur
Doch wie gelingt es, redselige Patienten schonend zum Schweigen zu bringen? Praxisberater Werner M. Lamers aus Billerbeck bei Münster gibt in seinem Buch „Kommunikation in der Arztpraxis“ Tipps, wie Sie in solchen Situationen am besten reagieren:
- Erstellen Sie eine Agenda
Wenn Sie bereits wissen, dass der nächste Patient, der in Ihre Sprechstunde kommt, unaufhaltsam reden wird, können Sie schon zu Beginn zusammen mit ihm eine Agenda festlegen. Auf dieser werden dann die wichtigsten Punkte und Anliegen vermerkt, die in der Sprechstunde geklärt werden sollen. Auf diese Weise können Sie ein gegen Ende des Gesprächs aufflackerndes „Oh, übrigens Herr Doktor“ vermeiden. - Lassen Sie das Gespräch zunächst laufen
Hören Sie zu, was der Patient Ihnen zu sagen hat. Lassen Sie ihn deshalb mindestens eine Minute ungestört reden. Widerstehen Sie der Versuchung, die Redepausen des Patienten zu füllen. Ein Gespräch, das nicht gut beginnt, dauert doppelt so lange. Wird dem Patienten hingegen vermittelt, er stehe nicht unter Zeitdruck, kommt er entspannter und damit auch schneller zum Punkt. - Vereinbaren Sie einen weiteren Termin
Vergewissern Sie sich, dass alle Ziele des Patientenbesuchs erreicht wurden. Mit dem Satz „Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?“ geben Sie dem Patienten das Gefühl, ihn ernst zu nehmen. Folgt auf diese letzte Frage allerdings eine weitere ausführliche Erklärung, ist es nützlich, dem Patienten einen weiteren Termin vorzuschlagen, um diesem Anliegen angemessen Zeit widmen zu können. Auch wenn noch Tests oder Untersuchungen ausstehen, bietet es sich hier an, den Patienten an die MFA zu übergeben. - Nutzen Sie Überweisungen zu Kollegen
Soll der Patient an einen fachfremden Kollegen verwiesen werden, bietet es sich bei redseligen Patienten an, den Besuch mit dem Ausstellen der Überweisung zu beenden. Folgende Überleitungen können hilfreich sein: „Ich glaube, ein Besuch bei einem Kardiologen könnte Ihnen helfen.“ Bieten Sie zudem Unterstützung an: „Meine Mitarbeiter werden einen ersten Termin vereinbaren, wenn Sie das wünschen.“ - Übernehmen Sie die Gesprächsführung
Wenn Sie den Redefluss Ihres Patienten sofort beenden wollen, kann es helfen, sich folgende Formeln einzuprägen:
- Patientennamen nennen: „Herr Müller.“ Schon haben Sie seine Aufmerksamkeit.
- Rekapitulieren: „Das scheint ja wirklich ein toller Urlaub gewesen zu sein.“ Somit beweisen Sie ihm, dass Sie zugehört haben.
- Führung übernehmen: „Wie haben Sie denn das neue Medikament vertragen?“ Nehmen Sie schließlich nahezu nahtlos das Gespräch in die Hand.
Auch Dr. Tauber-Bachmann hat bei allzu redseligen Patienten Tricks parat: „Hört der Patient einfach nicht auf, zu reden, schlage ich ihm vor, einen neuen Termin zu vereinbaren. So kann ich ihm von Anfang an mehr Zeit einräumen. Diese Information gebe ich natürlich auch an meine MFA weiter, um die Praxisabläufe zu organisieren.“ Weiter nutzt die Ärztin einen praktischen Überleitungssatz. „Meist sage ich dann: Das ist wichtig, dass Sie mir das erzählt haben, aber Sie wollen jetzt doch sicherlich auch was von mir hören.“
Bei Urlaubsgeschichten hört die Hausärztin hingegen gerne auch mal näher hin: „Ich bin Reisemedizinerin und vielleicht kommt die Krankheit ja daher.“
Vielleicht geht‘s mit „ELSE“ schneller durch die Anamnese
- Was war das erste Symptom, das Sie wahrgenommen haben?
So wissen Sie, bei welcher Gelegenheit und unter welchen Umständen der Patient das erste Mal über Schmerzen klagte. Außerdem lassen sich eventuell Rückschlüsse auf beteiligte Organe feststellen und ob es einen Auslöser dafür gab. - Was war das letzte Symptom, das bis jetzt aufgetreten ist?
Bei dieser Frage erfahren Sie, wie weit eine Krankheit bereits fortgeschritten ist und welche Organe eventuell in Mitleidenschaft gezogen wurden. Auch eventuelle Selbstbehandlungsversuche werden so sichtbar. - Welches Symptom haben Sie als am schwersten empfunden?
Auch die subjektiv wahrgenommene Einschätzung des Patienten ist oft ein wichtiges diagnostisches Leitsymptom. Außerdem erfahren Sie, was für den Patienten die größte Belastung darstellt. - Welches Symptom wollen Sie als Erstes loswerden?
Hier erfahren Sie, wie die Motivation Ihres Patienten am besten in die Therapieentscheidung miteinbezogen werden kann.
Werner M. Lamers, „Kommunikation in der Arztpraxis, Ratgeber für ein besseres Verstehen“, Lamers Praxisberatung, 24,80 Euro