Nicht nur der Umwelt zuliebe Nachhaltigkeit beginnt auch im Krankenhaus

Praxismanagement , Praxisführung Autor: Sabine Mattes

Wer den Medikamentenbestand nicht im Blick hat, riskiert, dass Arzneimittel ablaufen und in der Tonne enden. Wer den Medikamentenbestand nicht im Blick hat, riskiert, dass Arzneimittel ablaufen und in der Tonne enden. © TR Design – stock.adobe.com

Zahlreiche Medikamente landen im Müll. In Zeiten von Lieferengpässen und einer steigenden Umweltverschmutzung eigentlich undenkbar. Es gilt, der Verschwendung ein Ende zu setzen.

Alte und ungenutzte Arzneimittel landen oft auf der Mülldeponie und im Abwasser. Das belastet die Umwelt und verursacht unnötige Kosten. Das muss sich ändern, denn beim Herstellen, Verpacken und Ausliefern von Medikamenten entstehen bereits etwa 12 % der globalen CO2-Emissionen des Gesundheitswesens. Insbesondere in Krankenhäusern steckt viel Potenzial, um diese Verschwendung zu vermeiden, schreiben Prof. Dr. Hayley Blackburn, University of Montana in Missoula, und Kolleginnen. Ein Aspekt, der auch unter dem Licht von weltweiten Medikamentenengpässen betrachtet werden sollte.

Ein wesentlicher Grund für Medikamentenverschwendung sei mangelhaftes Bestandsmanagement, das in Überbeständen und abgelaufenen Produkten resultiere, erklärt das Wissenschaftlerteam. Indem Krankenhäuser miteinander kooperierten und ihre Bestände poolten, könnten Überschüsse ausgeglichen, ablaufgefährdete Produkte schneller verbraucht und gleichzeitig Engpässe einzelner Kliniken überbrückt werden.

In einer französischen Klinik sparte man fast 15.000 Euro

Eine automatisierte Medikamentenausgabe sichert ein optimiertes Bestandsmanagement und garantiert, dass die ältesten Produkte zuerst genutzt werden. In den drei Intensivstationen eines französischen Krankenhauses ließen sich so jährlich fast 15.000 Euro an Medikamentenkosten einsparen. Eine US-amerikanische Klinik bediente sich des aus Produktionsunternehmen bekannten Lean-Thinking, um den pharmazeutischen Einkauf, Personalprozesse und Abläufe in Medikamentenvorbereitung und -ausgabe zu optimieren. Man reduzierte nicht nur den Abfall, sondern auch die Ausgaben sanken um mehr als 289.000 USD jährlich.

Einen weiteren Ansatzpunkt sehen die Forschenden im verantwortungsvolleren und überlegteren Umgang mit Medikamenten. Wenn sich das Personal über Verbrauchsmuster und benötigte Mengen im klinischen Alltag im Klaren ist, können die verwendeten Packungsgrößen dem tatsächlichen Bedarf angepasst werden. So reduzierte der Wechsel von 50 und 100 ml Propofolflaschen auf 20 ml Flaschen in einem weiteren US-amerikanischen Krankenhaus die tägliche Überschussmenge nahezu um den Faktor zehn. Auch durch vorgefüllte „ready-to-use“-Spritzen ließ sich Abfall in einer niederländischen Klinik vermeiden. Diese Fertigspritzen sind meist länger haltbar.

Medizinisches Fachpersonal sollte auch stets im Dialog mit Patientinnen und Patienten stehen, um so den Medikamentenplan individuell und bedarfsgerecht anzupassen. Unnötige Verschreibungen werden so umgangen und weniger Produkte landen im Müll.

Selbst Patientinnen und Patienten können zur Abfallvermeidung beitragen, indem sie ihre verschreibungspflichtigen Arzneimittel mit in die Klinik bringen, schließen die Forschenden. In britischen Krankenhäusern ist das Projekt des sogenannten „green bag“ schon erfolgreich umgesetzt worden.

Quelle: Blackburn H et al. BMJ 2024; 386: e076200; doi: 10.1136/bmj-2023-076200