Arbeitszeitbetrug Nichterfassung von Raucherpausen rechtfertigt Kündigung
Bis zu siebenmal am Tag verschwand eine Angestellte eines Jobcenters in Thüringen zum Rauchen – und strapazierte die Geduld ihres Arbeitgebers damit erheblich. Die Anzahl der Pausen selbst warf man ihr nicht vor. Allerdings verzichtete sie konsequent darauf, die Unterbrechung im Zeiterfassungssystem zu dokumentieren. Erst, als man die Nutzungsdaten ihrer digitalen Dienstkarte am Personaleingang mit ihrem Arbeitszeitkonto abglich, kam man ihr auf die Schliche.
Vom Arbeitgeber zur Stellungnahme aufgefordert, beteuerte die Frau, sie erfasse nun jede Pause minutiös. Zudem entschuldigte sie sich für den „nachlässigen Schlendrian“, der bei ihr eingezogen sei. Ihre Vorgesetzten fanden das offenbar wenig überzeugend. Sie kündigten ihr.
Vor Gericht brachte die Angestellte zahlreiche Argumente hervor, warum die Kündigung nicht rechtens sei: Sie würde bekanntermaßen in einer Gruppe zum Rauchen gehen, die anderen Mitarbeitenden würden jedoch nicht sanktioniert. Früher seien außerdem „wilde“ Raucherpausen geduldet worden, es sei also eine betriebliche Übung entstanden. Bei der Dienstbesprechung zur Arbeitszeiterfassung sei sie nicht anwesend gewesen, man habe ihr nur die „Belehrung“ vorgelegt und zur Unterschrift aufgefordert. Davon abgesehen sei sie nun mal nikotinabhängig, eine Kündigung könne also nur krankheitsbedingt, aber nicht verhaltensbedingt erfolgen. Und sowieso hätte sie erst abgemahnt werden müssen.
Abmahnung angesichts Vertrauensbruch nicht notwendig
All diese Argumente verfingen vor dem Landesarbeitsgericht Thüringen nicht. Angesichts des Gleichbehandlungsgrundsatzes wäre es ihr zwar zugute gekommen, wenn Kollegen die gleichen Pflichtverletzungen begangen hätten und dafür nicht gekündigt worden wären. Aber dass diese ihre Pausen nicht gestempelt hätten, legte die Klägerin nicht dar. Die Nikotinsucht erkläre die Zahl der Pausen, hindere aber nicht am pflichtgemäßen dokumentieren derselben. Und eine Abmahnung war laut des Gerichts – trotz 30-jähriger Betriebszugehörigkeit – aufgrund der Schwere des Vertrauensbruchs nicht nötig. Es könne einem verständigen Arbeitgeber nicht zugemutet werden, durch das vorsätzliche Nichterfassen von Pausenzeiten betrogen zu werden, heißt es im Urteil. Das Verhalten der Angestellten sei schließlich strafrechtlich relevant.
Der Virchowbund weist darauf hin, dass Arbeitgeber ausdrücklich festhalten sollten, ob Raucherpausen gestempelt werden müssen – etwa im Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung.
Quelle: Urteil des Landesarbeitsgerichts Thüringen vom 3. Mai 2022 (Az.: 1 Sa 18/21)