Pille und Antibiotika: Risiko für ungewollte Schwangerschaften siebenfach erhöht

Autor: Dr. Barbara Kreutzkamp, Maria Fett

Seither steht die Frage im Raum, ob Antibiotika die Wirksamkeit der „Pille“ reduzieren können. Seither steht die Frage im Raum, ob Antibiotika die Wirksamkeit der „Pille“ reduzieren können. © iStock/Alexthq

Werden Patientinnen ungewollt schwanger, obwohl sie felsenfest behaupten, die „Pille“ nicht vergessen zu haben, müssen Sie sie nicht notwendigerweise der Lüge bezichtigen. Denn einige Antibiotika und enzyminduzierende Medikamente können die Effekte von hormonellen Kontrazeptiva torpedieren.

Fast 50 Jahre ist es her, dass erstmals über den Fall einer Frau berichtet wurde, die trotz hormoneller Kontrazeption ein Kind bekam. Kann schon mal passieren. Das eigentliche Interessante dieses Falls machten Forscher jedoch in Chloramphenicol aus, das die Dame zu dieser Zeit ebenfalls genommen hatte. Seither steht die Frage im Raum, ob Antibiotika die Wirksamkeit von Kontrazeptiva reduzieren können. In kleineren Studien hatte man einen Zusammenhang immer wieder bestritten und sogar die WHO sprach „die meisten Breitbandantibiotika“ wiederholt von dem Vorwurf frei.

Zwei britische Mediziner, namentlich Dr. Jeffrey K. Aronson von der University of Oxford und Professor Dr. Robin E. Ferner, University of Birmingham, bemängeln allerdings einige methodische Fehler in den Studien zum Thema. Neben den oftmals geringen Teilnehmerzahlen von kaum mehr als 24 Frauen wurden beispielsweise die teils erheblichen intra- und interindividuellen Schwankungen an freien Sexualhormonen der Probandinnen nicht berücksichtigt. Dabei ist bekannt, dass die Einnahme einiger Antibiotika zu „kritischen“ Zeitpunkten im Kreislauf einer hormonellen Verhütung die Hormonspiegel in „empfängnisbegünstigende“ Bereiche hebt.

Für ihre eigene Analyse suchten die beiden Forscher also in einer Datenbank nach Meldungen aus den Jahren 1963 bis Juli 2018, in denen Ärzte von Nebenwirkungen während der Einnahme von

  • nicht-enzyminduzierenden Antibiotika, z.B. Amoxicillin, Ampicillin, Ciprofloxacin,
  • enzyminduzierenden Substanzen, u.a. Carbamazepin, Phenobarbital, Topiramat sowie
  • Kontrollmedikamente wie Ibuprofen und Zolpidem berichten.

Augenmerk der Wissenschaftler lag natürlich auf Meldungen über ungewollte Schwangerschaften trotz hormoneller Kontrazeption.

Verglichen mit den „enzymneutralen“ Substanzen fanden sich solche Berichte siebenmal häufiger, wenn Frauen gleichzeitig Antibiotika genommen hatten. Sogar 13-fach höher lag die Rate unter der gleichzeitigen Einnahme von enzyminduzierenden Medikamenten. Zudem wurde in diesem Zusammenhang siebenmal häufiger von angeborenen Missbildungen berichtet, was sich bei den Antibiotika nicht zeigte.

Zusätzlich Kondome verwenden

Entsprechend ihrer Ergebnisse gehen die Forscher davon aus, dass es durchaus zu ungewollten Schwangerschaften während der Einnahme von Antibiotika kommen kann. Auch wenn sich kein absolutes Risiko für hormonell verhütende Frauen berechnen lässt, sollten diese auf die Wechselwirkung hingewiesen werden und in der Zeit zusätzlich z.B. mit einem Kondom verhüten.

Quelle: Aronson JK, Ferner RE. Evid Based Med 2020; DOI: 10.1136/bmjebm-2020-111363