Schnupfen: Nasennebenhöhlen als Brutstätte

Autor: Dr. Lisa Nolde

Viren und Bakterien sind eigenwillig: Sie verursachen im Labyrinth der Nase ganz unterschiedliche Symptome. Welche Entzündungen klingen von allein ab?

Nein, nicht schon wieder! Beim Bücken spürte sie stechende Schmerzen. Genau an der gleichen Stelle wie vor wenigen Wochen: zwischen Nase und rechtem Oberkiefer. Kopfschmerzen und eine völlig verstopfte Nase hatte sie ohnehin seit Tagen. Vermutlich wieder so eine verflixte Nasennebenhöhlenentzündung, fürchtete sie – was sich als richtig erwies.

Nasennebenhöhle: Knöchernes System im Schädel

Zwei bis viermal pro Jahr werden wir von einer „Erkältung“ heimgesucht – niesen und schniefen nach Kräften. Als Reaktion auf die Krankheitserreger, meist sogenannte Rhino- und Corona-Viren, entzündet sich die Schleimhaut der Nase, schwillt an und sondert reichlich Sekret ab.


Was umgangssprachlich Schnupfen genannt wird, heißt in der Medizinersprache akute Rhinosinusitis. Schauplatz dieser durch Viren ausgelösten Erkrankung sind zunächst die zwei Nasenhaupthöhlen: Die teils knöcherne, teils knorpelige Nasenscheidewand trennt die rechte von der linken Nasenhöhle. Meist ist dieses Septum keine senkrecht stehende „Zwischenwand“, sondern stärker zu einer Seite verzogen. So fallen die beiden Nasenhöhlen nicht gleich groß aus. Die kleinere ist beim Schnupfen fast immer zuerst verstopft – und kann Auslöser von tiefer gelegenen Entzündungen sein.

Nasenraum ist Zugangsweg zu den Nasennebenhöhlen

Denn anatomisch führt der Nasenraum nicht nur hinunter zum Rachen, sondern dient auch als Zugangsweg zu einem knöchernen Höhlensystem im Schädel: den Nasennebenhöhlen. Ihre anatomischen Positionen spiegeln sich im Namen wieder: So gibt es jeweils zwei Stirn-, Kiefer- und Keilbeinhöhlen sowie ein komplexes System kleinerer Knochenzellen, die sogenannten Siebbeinzellen.


Die Nasennebenhöhlen sind luftgefüllte Hohlräume und mit derselben Schleimhaut ausgekleidet wie die Haupthöhle der Nase. Über kleine Öffnungen sind beide Systeme, also die Haupt- und Nebenhöhlen, miteinander verbunden. Für Krankheitserreger Grund genug, auch in das tiefer gelegene Nasenlabyrinth vorzudringen.

Geringe Schonfrist für Nasennebenhöhlen

48 bis 96 Stunden nach Beginn eines einfachen Schnupfens ist in den meisten Fällen die Schonfrist für die Nasennebenhöhlen abgelaufen: Nach der Vireninvasion entzündet sich die Schleimhaut auch hier und sondert vermehrt klares Sekret ab. Bei solchen viralen Nebenhöhlenentzündungen ist eine Behandlung mit Antibiotika, also gegen Bakterien gerichteten Arzneimitteln, nicht erforderlich. Nach etwa zehn Tagen sollten die Beschwerden abgeklungen sein. Hilfreich sind abschwellende Nasentropfen und die Inhalation warmer Dämpfe mit einer Temperatur von 42 bis 45 Grad.


Eine eitrige Nasennebenhöhlenentzündung ist hingegen schwerwiegender: Wenn die Schleimhaut extrem geschwollen, immunologisch geschwächt und geschädigt ist, wenn sich Sekret staut oder gar nicht mehr abfließen kann, gesellen sich gerne Bakterien hinzu.

Typische Symptome einer Nasennebenhöhlenentzündung

Typische Symptome dieser akuten bakteriellen Rhinosinusitis seien: eitriger Schnupfen, Schmerzen im Bereich von Stirn oder Oberkiefer (auch einseitig), Kopfschmerzen, die sich beim Vorbeugen verstärken, zudem gerötete Augen und das Gefühl der „verstopften Nase“, Abgeschlagenheit und bisweilen Fieber – so fasste es Professor Dr. Werner Hosemann, Direktor der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenkrankheiten, Kopf- und Hals-Chirurgie am Universitätsklinikum Greifswald, zusammen.

Mehrere Nebenhöhlen der Nase gleichzeitig entzündet

Bevorzugter Ort dieses entzündlichen Intermezzos sind die Siebbeinzellen und die Kieferhöhlen. Warum? Ein Blick auf die Anatomie gibt Hinweise: Nur im Bereich ihres Daches nimmt die Kieferhöhle Kontakt zur Nasenhöhle auf. So können in den unteren Abschnitten schmerzhafte und langwierige Entzündungsprozesse entstehen.


Manchmal befällt eine Form der Rhinosinusitis nur einzelne Abschnitte der Nebenhöhlen, doch auch mehrere oder sogar alle Nebenhöhlen können gleichzeitig heimgesucht werden. Das Ausmaß der Entzündungen hängt von anatomischen Besonderheiten ab, von der Stärke der Immunabwehr und den Eigenschaften des Krankheitserregers.


Behandelt wird bedarfsgerecht: Wer über Schmerzen klage, sollte ein Schmerzmittel erhalten und gegen bakterielle Entzündungen würden gezielt Antibiotika eingesetzt, so der Spezialist. Abschwellende Nasensprays, Salz-Inhalationen und gegebenenfalls kortisonhaltige Nasensprays sind dem Experten zufolge zu empfehlen, um die Entzündungsreaktionen einzudämmen.


Außerdem gibt es Hinweise auf „symptomlindernde und heilungsfördernde Effekte“ von verschiedenen pflanzlichen Wirkstoffen, wie aus der aktuellen Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie hervorgeht.

Allergien als Risikofaktor für Nasennebenhöhlenentzündungen

Dauern die Beschwerden hingegen länger als zwölf Wochen an, kann eine chronische Nasennebenhöhlenentzündung dahinterstecken. Etwa fünf Prozent der Bevölkerung sind davon betroffen. Im Jahr 2002 etwa wurde in Deutschland 2,6 Millionen Mal die Diagnose einer chronischen Rhinosinusitis gestellt – eine akute Nasennebenhöhlenentzündung übrigens 6,3 Millionen Mal.


Bei der chronischen Erkrankungsform spielen oft Allergien, aber auch anatomische Veränderungen im Inneren der Nase eine Rolle: z.B. die Verengung der Nasenhaupthöhle durch eine schiefe Nasenscheidewand oder stark ausgeprägte Nasenpolypen. Dies sind schwere Handicaps für die Belüftung des Nasenraums und den freien Sekretabfluss – die Nasenschleimhaut kann so allmählich „chronisch krank“ werden.


In diesen Fällen sind umfassendere Untersuchungen notwendig. Von den Ergebnissen hängt die jeweilige Therapie ab: etwa die Wahl des Antibiotikums, der Einsatz abschwellender bzw. kortisonhaltiger Nasensprays, Spülungen der Nase mit Salzlösungen – und notfalls operative Eingriffe.

„Wie schnäuzt man eigentlich richtig?“


Wir fragten Professor Dr. Werner Hosemann, Direktor der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenkrankheiten, Kopf- und Hals-Chirurgie, Universitätsklinikum Greifswald:


Beim Schnäuzen sollte kein allzu hoher Druck in der inneren Nase entstehen. Also: Nicht „trompeten“ und immer eine Seite der Nase offen lassen! Wird mit beidseits anfänglich geschlossener Nase geschnäuzt, entsteht ein viel höherer Druck. Zu viel Druck kann jedoch Gesundheitsschäden hervorrufen: wenn beispielsweise Luft über diesen Weg in die Weichteile – in den Bereich von Augen und Ohren – gelangt. In Einzelfällen sind sogar schon Hirnblutungen ausgelöst worden. Außerdem besteht das Risiko, dass durch allzu heftiges Schnäuzen Sekret, gegebenenfalls auch Krankheitskeime, in die Nasennebenhöhlen befördert werden – ein Vorgang, der beim Niesen oder Husten übrigens nicht auftritt.