Gesponserte Fortbildungsveranstaltungen Stimmen von Medizinrechtlern zur Novellierung der (Muster-)Fortbildungsordnung

Praxismanagement , Team Autor: Maximilian G. Broglie | Dr. Oliver Franz | Jessica Friedrich | Prof. Dr. Hendrik Schneider

Verschärft wurde die MFBO jetzt insbesondere durch Einführung des § 6 betreffend „Zusätzliche Anerkennungsvoraussetzungen bei Sponsoring“. Verschärft wurde die MFBO jetzt insbesondere durch Einführung des § 6 betreffend „Zusätzliche Anerkennungsvoraussetzungen bei Sponsoring“. © CrazyCloud – stock.adobe.com

Der diesjährige Ärztetag hat beschlossen, dem Sponsoring von Fortbildungsveranstaltungen strenge Grenzen zu setzen. Ohne relativierende Umsetzung durch die jeweiligen Landesärztekammern wird sich die medizinische Fortbildungslandschaft dadurch nachhaltig verändern. Ein Gastbeitrag.

Der 128. Deutsche Ärztetag hat eine Neufassung der (Muster-)Fortbildungsordnung (MFBO) verabschiedet. Änderungsanträge wurden abgelehnt oder nicht angenommen, der Beschluss wurde mit großer Mehrheit verabschiedet. Was bedeutet das?

1. Verschärfung der Anerkennungsvoraussetzung 

Die MFBO wurde im Jahr 2004 eingeführt und 2013 aktualisiert. Nach dieser letzten Fassung wurden Fortbildungsmaßnahmen anerkannt, wenn die Fortbildungsinhalte den Zielen der Fortbildungsordnung entsprachen, die Vorgaben der Berufsordnung eingehalten wurden, die Inhalte frei von wirtschaftlichen Interessen waren und Interessenkonflikte des Veranstalters und der Referenten offengelegt wurden.

Folgt man dem Beschlussprotokoll des diesjährigen Ärztetages, haben sich seitdem die „Rahmenbedingungen für die Durchführung und Anerkennung von Fortbildungen“ deutlich verändert, sodass eine Überarbeitung erforderlich wurde. Insbesondere die Vorgaben zur Wahrung der Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung müssten geschärft werden, heißt es.  

Weitere Hintergründe erläutert z.B. Dr. Günther Matheis, Präsident der Landesärztekammer Reinland-Pfalz sowie Vorstandsmitglied der BÄK, wenn er sagt, es habe „eine Reihe für die Kammern nachteilige Gerichtsentscheidungen“ gegeben, in deren Folge die Kammern auch industriegesponserte Fortbildungsveranstaltungen anerkennen mussten. Die neue MFBO entfalte eine „gerichtsfeste Wirkung“.  Beabsichtigt ist also, durch Änderung der Rechtsgrundlage den Urteilen den Boden zu entziehen. Ob das auf diesem Weg erreicht wird, ist allerdings mehr als fraglich.

Verschärft wurde die MFBO jetzt insbesondere durch Einführung des § 6 betreffend „Zusätzliche Anerkennungsvoraussetzungen bei Sponsoring“. Bedeutsam ist vor allem Nummer 4, wonach Sponsoringleistungen ausschließlich für die Durchführung des wissenschaftlichen Programms verwendet werden dürfen. Außerdem dürfen die dafür notwendigen Kosten durch Sponsoring nicht überschritten werden und ihr Umfang muss angemessen sein. 

Diese Prämissen gehen über die Vorgaben der Berufsordnung zum Sponsoring deutlich hinaus. Zwar finden sich die Voraussetzung der Wissenschaftlichkeit des Programms und der Grundsatz der Angemessenheit des Umfangs in der Berufsordnung wieder (§ 32 Abs. 3 MBO). Das Erfordernis der Nichtüberschreitung der „notwendigen Kosten“ ist aber ein Novum und nicht selbsterklärend. Insbesondere die Begriffe der „Notwendigkeit“ der Kosten sowie ihr Bezugspunkt, das „wissenschaftliche Programm“, sind auslegungsbedürftig. 

Die Bundesärztekammer führt in der Begründung aus, dass „die Kosten für das wissenschaftliche Programm nicht nur Honorare, sondern auch die Kosten für die Durchführung wie Druck von Flyern, technische Ausstattung, Raummiete etc.“ erfassen. Anbieter sollen sich nicht „unter dem Deckmantel des Sponsorings dauerhaft oder über die konkrete Fortbildungsmaßnahme hinaus“ von Sponsoren „maßgeblich finanzieren lassen“.   

Das könnte darauf schließen lassen, dass Sponsoring maximal die Kosten der Fortbildungsveranstaltung decken und für den Veranstalter keinen Gewinn abwerfen darf. Juristische Einzelfragen nach der Reichweite der neuen Regelungen – insbesondere auch ihre Anwendbarkeit auf die unterschiedlichen Veranstaltungstypen (Organisation durch Agenturen oder durch medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaften, Ausrichtungen durch Pharma- und Medizinprodukteunternehmen oder durch Krankenhäuser) – werden zu diskutieren sein. Das Gleiche gilt für die Möglichkeiten, auf andere Formen der Unterstützung wie etwa Educational Grants umzusteuern. 

Als problematisch könnte sich insoweit noch die weitreichende Definition des Begriffs „Sponsoring“ in §  1 Nr. 6 der neuen (Muster-)Fortbildungsordnung erweisen. Denn danach ist „Sponsor“ jede oder jeder, der eine Fortbildungsmaßnahme finanziell oder auf sonstige Weise unterstützt. Allein am Wortlaut der Begriffsbestimmung werden sich die Landesärztekammern bei der Anwendung der Vorschrift nicht orientieren können. Sponsor ist nach dem Wortlaut der Definition also auch der Hochschullehrer, der in seiner Fachgesellschaft einen Fortbildungsvortrag kostenlos hält, oder eine Gebietskörperschaft, die Räumlichkeiten, zum Beispiel im Rathaus oder im Gesundheitsamt, für eine Fortbildungsveranstaltung kostenlos zur Verfügung stellt. Nach § 6 Nr. 1 der (Muster-)Fortbildungsordnung darf der Sponsor aber keinen Einfluss auf Thema, Gestaltung oder Inhalt der Fortbildungsveranstaltung nehmen. Spätestens bei dieser Vorgabe dürfte jeder unentgeltlich tätige und damit sponsernde Referent in Schwierigkeiten geraten.

2. Wirkungen und Nebenwirkungen

Folgt man der Position des Ärztetages, hätte dies zumindest auf den ersten Blick zur Folge, dass zahlreiche von der Industrie gesponserte Fortbildungsveranstaltungen nicht mehr mit CME-Punkten zertifiziert werden könnten. Damit eröffnet die Bundesärztekammer den Landesärztekammern die Möglichkeit, den Wettbewerb zu beeinflussen. 

Gesponserte Fortbildungsveranstaltungen würden in Anbetracht der hohen Hürden faktisch unmöglich werden, während sich Landesärztekammern durch Umsetzung der restriktiven Vorgaben eine Monopolstellung auf dem umkämpften Fortbildungsmarkt verschaffen könnten. Leidtragende sind Ärzte, Städte, Hotellerie sowie Einzelhändler und insbesondere diejenigen Veranstalter, die sich auf die Ausrichtung großer wissenschaftlich gehaltvoller Kongresse spezialisiert haben.

3. Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung

Einer Verschärfung der Anerkennungsvoraussetzungen hätte es in Anbetracht der bereits bestehenden Regelungen in der Berufsordnung (§ 32 Abs. 3 MBO-Ä) sowie der regelmäßig reformierten Kodizes der Industrie (insbesondere des AGK und FSA) nicht bedurft. Die BÄK geißelt ihre Mitglieder grundlos und konterkariert das Anliegen werthaltiger Fortbildung. Interessenkonflikte werden nicht durch das Sponsoring von Fortbildungen geschaffen. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich, wie vielfach üblich, um von mehreren Sponsoren geförderte Veranstaltungen handelt. 

Dass die von der BÄK aufgegriffene Thematik rechtlich über das Ziel hinausschießt, zeigt auch ein Blick auf die berufs- oder strafrechtliche Rechtsprechung. In keinem der veröffentlichten Fälle ging es um ein Veranstaltungssponsoring. Vielmehr standen Zuwendungen an einzelne Angehörige der Fachkreise im Vordergrund.  

Fazit

Es bleibt abzuwarten, ob die Landesärztekammern in Anbetracht der drohenden Wettbewerbsverzerrung den Wortlaut der MFBO übernehmen werden. Zwar orientieren sich die 17 LÄK inhaltlich an der von der Bundesärztekammer zum Zwecke der Rechtsvereinheitlichung erstellten MFBO. Es gibt jedoch auch Raum für Abweichungen bei der Umsetzung.  Zumindest eine einschränkende Auslegung der neuen Regelungen der MFBO im Rahmen der Anerkennung von Fortbildungen ist geboten. 

Angesichts weiterbestehender und neu hinzugekommener Rechtsunsicherheiten sollte die BÄK also möglichst schnell Auslegungshinweise und Anwendungsempfehlungen für die MFBO herausgeben, um zumindest eine einheitliche Verwaltungspraxis zu gewährleisten für die Landesärztekammern, die die MFBO unverändert übernehmen werden. Es wäre nicht überraschend, wenn sich der Ärztetag in nicht allzu ferner Zukunft erneut mit der Thematik befassen müsste.