Kaputte Geräte und Praxisinventar Wer muss bei Beschädigung zahlen?

Praxismanagement , Praxisführung Autor: Isabel Aulehla

Wer muss zahlen, wenn Geräte oder Praxisinventar beschädigt werden? Wer muss zahlen, wenn Geräte oder Praxisinventar beschädigt werden? © Graf Vishenka, TeraVector – stock.adobe.com

Zerstören Angestellte etwas in der Praxis, hängt es vom jeweiligen Einzelfall ab, ob sie dafür haften müssen. Für Patienten können vor allem Schäden an Leihgeräten teuer werden.

Missgeschicke im Praxisalltag sind schnell passiert: Ein umgestoßenes Glas Wasser beschädigt Teile der EDV-Ausstattung. Ein Patient bringt ein Langzeit-Blutdruckmessgerät zurück, das nicht mehr funktioniert. Einer MFA fällt die Sonde des Sonographen herunter. Ärgerlich. Aber wer haftet?

Schäden durch Mitarbeitende

Verursachen Angestellte einen Schaden, heißt das nicht automatisch, dass sie auch finanziell dafür geradestehen müssen. Da sie im Interesse des Praxisinhabers an den Geräten arbeiten, greift die sogenannte „Haftungsprivilegierung“. Ob Mitarbeitende haftbar sind, hängt demnach davon ab, wie fahrlässig sie gehandelt haben. Hierbei werden verschiedene Fallgruppen differenziert.

Im Streitfall muss ein Gericht entscheiden, in welche davon ein Verhalten einzuordnen ist: Geht es um ein Malheur, das aufgrund einer kurzen Unaufmerksamkeit eben einfach passieren kann, wird dies als leichte Fahrlässigkeit betrachtet. Der Arbeitnehmer muss nicht dafür haften, unabhängig davon, wie hoch der Schaden ist.

Hätte der Angestellte den Schaden durch eine etwas höhere Vorsicht vermeiden können, gilt dies meist als normale bzw. mittlere Fahrlässigkeit. Der Schadensbetrag wird zwischen Mitarbeitendem und Praxisinhaber aufgeteilt. Die Höhe des jeweiligen Anteils wird nach Einzelfall bestimmt. Vor Gericht wird dabei beispielsweise berücksichtigt, welches Gefahrenpotenzial die Tätigkeit des Arbeitnehmers birgt, wie hoch der Schaden im Verhältnis zu seinem Einkommen ist und ob der Arbeitgeber eine Mitschuld trägt. Schließlich können manche Risiken durch regelmäßige Kontrollen reduziert oder durch eine Versicherung abgedeckt werden, etwa eine Elektronikversicherung.

Kommt der Schaden hingegen zustande, weil Mitarbeitende eine Verhaltensregel ignorieren oder eine offensichtlich angebrachte Sorgfalt außer Acht lassen, gilt dies als grobe Fahrlässigkeit. Der Arbeitnehmer haftet vollständig für den Schaden, allerdings ist je nach Höhe seines Einkommens eine Erleichterung möglich. So wurde eine Reinigungskraft, die in einer radiologischen Praxis in Niedersachsen einen Schaden in fünfstelliger Höhe verursachte, zur Zahlung eines Jahresgehalts verurteilt – 3.840 Euro.

Fallbeispiel: der große, rote Knopf

An einem Sonntag im Jahr 2006 besuchte die Reinigungskraft einer radiologischen Praxis eine Freundin, die über der Praxis wohnte. Auf dem Weg zur Haustür vernahm sie den Alarmton des Magnetresonanztomographen. Um einen möglichen Schaden von ihrem Arbeitgeber abzuwenden, wollte sie den Alarm ausschalten. Es standen fünf Knöpfe zur Wahl – einer davon groß, rot, durch eine Plexiglasklappe gesichert und mit der Aufschrift „magnet stop“ versehen. Als die Frau diesen betätigte, löste sie einen „MRT-Quench“ aus. Innerhalb weniger Sekunden wurde das im Gerät als Kühlmittel eingesetzte Helium ins Freie abgeleitet, das elektromagnetische Feld des MRT brach zusammen. Die Reparatur dauerte drei Tage und kostete rund 30.800 Euro. Zudem entstand ein nicht von der Versicherung gedeckter Nutzungsausfallschaden von über 18.000 Euro. Da die Reinigungskraft lediglich 320 Euro im Monat verdiente, griff eine Haftungserleichterung. Sie wurde zunächst zur Zahlung von sechs Monatsgehältern verurteilt, nach einer Revision der Radiologen zu 12 Monatsgehältern. Eine höhere Haftung sei angesichts des uneigennützigen Handelns der Beklagten unbillig. Das Landesarbeitsgericht ging von grober Fahrlässigkeit aus, weil die Frau wahllos einen Knopf gedrückt hatte, ohne dessen Funktion zu kennen. Doch den Klägern reichte dies nicht. Sie zogen vor das Bundesarbeitsgericht, um den restlichen Betrag einzufordern. Da die private Haftpflichtversicherung der Beklagten zahle, sei ein höherer Betrag zumutbar. Die Richter wiesen die Revision zurück. Die vorige Instanz habe fehlerfrei geurteilt, die freiwillig abgeschlossene Haftpflichtversicherung erhöhe die Haftungsobergrenze nicht. Zumal die Versicherung offenbar nur aus Kulanz für den betrieblich bedingten Schaden zahle.

Quelle: Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 28.10.2010, Az.: 8 AZR 418/09

Schäden durch Patienten

Beschädigen Patienten fahrlässig Praxisinventar oder Geräte – d.h. weil sie die gebotene Vorsicht außer Acht ließen –, hat der Arzt einen Anspruch auf Schadenersatz. Wird etwa ein Medizingerät beschädigt, können die Reparaturkosten oder der Wiederbeschaffungswert eingefordert werden. Bei Letzterem handelt es sich um den Kaufpreis für die Anschaffung eines vergleichbaren Ersatzgerätes minus Restwert des beschädigten Geräts. Hat der Patient eine private Haftpflichtversicherung, sollte der Praxis­inhaber darauf hinweisen, dass der Schaden schnell zu melden ist. Verstreichen die jeweils gültigen Fristen, wird das Versicherungsunternehmen ganz oder teilweise von seiner Eintrittspflicht befreit. Der Patient müsste dann aus eigener Tasche zahlen. Werden ausgeliehene Geräte beschädigt, greift die private Haftpflichtversicherung des Patienten meist nicht, eventuell aber eine Hausratsversicherung. Das Praxisteam sollte daher auf das Risiko hinweisen. Es bietet sich an, den Betreffenden vor Ausleihen des Geräts in die Nutzung einzuweisen und dies schriftlich bestätigen zu lassen. Bei Rückgabe sollte das Funktionieren unmittelbar im Beisein eines Zeugen geprüft werden. Die Schadenersatzansprüche des Arztes verjähren mit einer Frist von drei Jahren, beginnend mit dem 31. Dezember des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist.

Medical-Tribune-Bericht