Unbezahlte Patientenrechnungen – wann das Inkassobüro eine Option sein kann
Hausarzt Dr. Sauer hat gerne so viel wie möglich selbst in der Hand. Deswegen wickelt er die Privatliquidation in seiner Praxis eigenhändig ab und spart sich die Servicegebühren für eine Privatärztliche Verrechnungsstelle. Der Arzt weiß aber auch, was er nicht selbst leisten kann. Ist auch die dritte Mahnung erfolglos, gibt er die Forderung an ein Inkassounternehmen ab.
In Praxen und Kliniken gibt es unterschiedliche Forderungsarten gegenüber Privatpersonen. IGeL-Angebote für gesetzlich Versicherte sind sicherlich die häufigsten. Daneben gibt es die klassischen privatärztlichen Leistungen. Eine dritte Gruppe wird von Selbstzahlern gebildet, die erst zu solchen werden, weil ihr Versicherungsstatus unklar ist. Also etwa, wenn zum Zeitpunkt der Behandlung kein Versicherungsschutz besteht, weil Arbeitslosengeldanträge unvollständig vorliegen und damit die Krankenversicherungsfrage noch offen ist. Oder wenn unklar ist, ob die Kinder von getrennt lebenden Eltern über den Vater oder die Mutter versichert sind.
Patienten aus dem Ausland ist schwerer beizukommen
Auch Berufspendler, Migranten oder Urlauber, bei denen die Leistungsübernahme seitens der eigenen Krankenkasse unklar bzw. nicht gegeben ist, gehören zu dieser Gruppe der Selbstzahler. Manche Patienten hoffen darauf, dass die räumliche Entfernung zu ihrem Behandler die Nachverfolgung der Zahlungspflicht erschwert. Für eine Arztpraxis ist eine solche Rechnung quasi verloren – Leistungen für Patienten aus weiter entfernten bzw. nicht-europäischen Ländern stellen oft ein echtes Problem dar.
Auch langwierige Ratentilgungen bei schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen des Patienten, die sich oft über Jahre erstrecken, können von einer Arztpraxis kaum begleitet werden, genauso wenig die Durchführung eines gerichtlichen Mahnverfahrens oder einer Zwangsvollstreckung. Schon die Abwägung der Erfolgswahrscheinlichkeit mithilfe von Schufa-Auskünften oder eine etwas umfangreichere Adressrecherche würden die Kapazitäten jeder Praxis sprengen.
Deswegen arbeiten manche Praxen mit Inkassodienstleistern zusammen. Ist der Dienstleister erfolgreich, erhält die Praxis 100 % der Hauptforderung. Die Kosten für das Inkasso können als Verzugsschaden vom Schuldner verlangt werden. Ist das Inkasso nicht erfolgreich, erläutert Frank Bintz, Geschäftsführer der Advin Inkassoservice GmbH aus Saarbrücken, die auf Medizininkasso spezialisiert ist, sind die Honorarpauschalen so niedrig, dass hier „ebenso ein wirtschaftlich optimales Ergebnis“ erreicht werden kann. Die Erfolgsquote liegt bei ihm im Schnitt bei rund 60 %.
Private Verrechnungsdienste vs. Inkassodienstleister
Vergessen, verdrängt oder tatsächlich verweigert?
Ist ein Patient säumig, lohnt es sich zu unterscheiden: Bei manchen reicht schon die freundliche Erinnerung, andere reagieren auf persönliche Ansprache, sei es beim nächsten Termin oder via Telefon. Andere Patienten sind dagegen notorische Zahlungsvermeider. Manche dieser „Pappenheimer“ kennt man schon, manchmal kann eine Anfrage im Schuldnerverzeichnis hilfreich sein. Dann könnte auch ein Vorschuss für die Leistung verlangt werden. Und wenn der Betrag nicht so hoch ist und das Mahnen und Streiten unangenehm? Die Rechnung einfach fallen zu lassen, ist nicht unproblematisch. Schließlich sind Ärzte dazu verpflichtet, für ihre Leistung eine angemessene Rechnung zu stellen. Das Missverhältnis zwischen Rechnungssumme und organisatorischem und nervlichem Aufwand war letztlich auch der Grund, warum Dr. Sauer irgendwann Kontakt zu einem Inkassobüro gesucht hat.Medical-Tribune-Bericht