Falscher Psychotherapeut Zufriedenheit der Patientinnen und Patienten kein Maßstab
Der gelernter Maler und Lackierer hatte sich gefälschte Diplome über ein Psychologiestudium, einen Doktortitel und den Abschluss von Fachprüfungen gekauft. Als „Dr. med.“ und „Diplom-Psychotherapeut“ führte er für rund ein Jahr in Mannheim eine psychologische Praxis für Kinder und Jugendliche.
Seine Praxis hatte der Hochstapler vom 4. Quartal 2015 bis zum 3. Quartal 2016 geführt. In dieser Zeit rechnete er gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg Honorare in Höhe von 111.726 Euro ab. Dann kam man ihm auf die Schliche und er wurde 2018 wegen Urkundenfälschung, Missbrauch von Titeln und Berufsbezeichnungen und gewerbsmäßigen Betrugs zu einer Bewährungsstrafe von drei Jahren und einem Monat verurteilt.
Nach Bekanntwerden des Sachverhalts machte die KV einen Anspruch auf Rückforderung des Honorars geltend. Sie trat eine Forderung an die AOK Niedersachsen ab, die dann vom Beklagten Zahlung verlangte.
Es habe nie Beschwerden über seine Arbeit gegeben
Der heute in Berlin wohnende Beklagte widersprach: Aufgrund diverser Fortbildungen habe er breites Fachwissen besessen, zudem auch sehr eng mit einem Ärzteteam zusammengearbeitet. Nie habe es unzufriedene Patientinnen bzw. Patienten oder Beschwerden gegeben. Über sein Vermögen war inzwischen ein Insolvenzverfahren eröffnet worden. Die klagende Krankenkasse verlangte, dass ihre Forderung zur Insolvenztabelle festgestellt werde. Und sie klagte auf Feststellung, dass sich die Rückforderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung begründe.
Das Sozialgericht Berlin befand, der falsche Psychotherapeut habe keinen Anspruch auf das Honorar. Die Erbringung ärztlicher Leistungen sei „den Ärzten und Zahnärzten vorbehalten“. Arzt in diesem Sinne sei nur der approbierte Heilbehandler. Führt eine Person ohne diese Voraussetzungen die Behandlung durch, bestehe kein Vergütungsanspruch. Die KV habe die Vergütung im vorliegenden Fall also ohne Rechtsgrund geleistet, weshalb ihr ein Erstattungsanspruch zusteht.
Auf den Umstand, dass dem Beklagten ein Versorgungsauftrag erteilt worden war, komme es nicht an. Und auch nicht darauf, ob die Menschen, die sich ihm anvertraut hatten, zufrieden gewesen seien.
Der Beklagte habe auch vorsätzlich gehandelt, denn er habe gewusst, dass er ohne Approbation bei der KV keine Honorarforderung hätte anmelden können. Wäre es ihm wirklich darum gegangen, bedürftigen Menschen durch zugewandtes Hören und seelische und moralische Unterstützung zu helfen, wie der Lackierer vorgetragen hatte, hätte er diese Hilfe ehrenamtlich bei einem Sozialverband anbieten können.
Quellen: Amtsgericht Mannheim, Urteil vom 29.11.2018, 1 Ls 203 Js 36 19/17
Sozialgericht Berlin, Urteil vom 19.02. 2024; S 143 KR 853/22