So werden Ihre Reha-Anträge erfolgreicher

Verordnungen Autor: Anouschka Wasner

Die Kur aus dem Schatten treten lassen.
Die Kur aus dem Schatten treten lassen. © fotolia/Photocreo Bednarek

Reha- und Vorsorgemaßnahmen können öfter und besser beantragt werden – das sagt eine Expertin des MDK Bayerns. Wann Ihr Antrag beste Chancen hat und warum ein Widerspruch sich oft lohnt.

Nur 1,6 % der GKV-Ausgaben sind 2016 für Vorsorge- und Rehamaßnahmen ausgegeben worden. Dabei handelt es sich bei diesen Maßnahmen nicht um „Kann-Leistungen“ – sind die Vor­aussetzungen erfüllt, besteht ein Anspruch darauf, wie Dr. Birgit Neuhaus aus dem Fachbereich Geriatrie und Rehabilitation vom MDK Bayern betont. Sie will ermutigen, ruhig öfter mal an Rehamaßnahmen als sinnvolle medizinische Intervention zu denken.

Dazu müssen die Rehabilitationsziele individuell, alltagsrelevant und realistisch sein. „Wenn Sie allerdings in den Rehaantrag drei ICD-Schlüssel eintragen und den Antrag begründen mit ‚Der Patient braucht eine Reha‘ – dann ist es nicht wirklich erstaunlich, wenn der Antrag abgelehnt wird“, so Dr. Neuhaus. Entscheidend für die Bewilligung seien die Krankheitsauswirkungen, nicht die Diagnose.

Das sei leicht nachvollziehbar: Bricht sich ein 15-Jähriger ein Bein, bleibt er über die Familie versorgt und sozial eingebunden. Die medizinische Perspektive ist positiv. Bricht sich dagegen eine 75-jährige Alleinstehende einen Unterschenkel, kann sie sich nicht mehr versorgen und benötigt akut wie auch bei der Wiederherstellung bestimmter Fähigkeiten Unterstützung. „Die Diagnose reicht also nicht, um die Notwendigkeit einer Reha zu beurteilen, da sie völlig unterschiedliche Auswirkungen haben kann.“

Auswirkungen der Krankheit relevanter als Diagnose

„Beziehen Sie sich in Ihrer Begründung auf den Kontext, also auf personbezogene und Umweltfaktoren.“ Dann wird das, was ein Hausarzt in seiner Praxis sowieso macht – nämlich den Patienten in seinem Umfeld zu betrachten –, für den Antragsbearbeiter sichtbar. Krankheitsauswirkungen auf das Leben eines Betroffenen können z.B. Bewegungseinschränkungen im Kniegelenk sein, genauso wie Antriebsstörung, sich nicht anziehen können, nicht selbstständig essen oder nicht mehr im Sportverein mitmachen können.

Solche Krankheitsauswirkungen lassen sich allerdings nicht mithilfe des ICD-10 beschreiben. Deswegen gibt es die ICF, eine internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (www.dimdi.de), die seit 2005 in Deutschland zur Anwendung kommt. Im Gegensatz zum biomedizinischen Modell des ICD-Modells wird in der ICF der Zustand der funktionalen Gesundheit als das Ergebnis der Wechselwirkung zwischen der Person mit einem Gesundheitsproblem (ICD) und ihren Kontextfaktoren aufgefasst.

Formulieren Sie individuelle und alltagsrelevante Ziele, begründen Sie kleinteilig

„Formulieren Sie bei Ihrer Begründung im Antrag kleinteilig und konkret, wie sich die Probleme im Kontext auswirken und was mit der Reha erreicht werden soll. Nennen Sie alltagsrelevante und individuelle Ziele wie etwa: Patient soll den Weg vom Bett zum Rollstuhl alleine schaffen, da er dann weiter zu Hause leben kann“, rät Dr. Neuhaus. Dann habe der Antrag beste Chancen auf Bewilligung.

Nach der G-BA-Richtlinie zu Leistungen zur medizinischen Rehabilitation entscheidet die Krankenkasse auf der Grundlage des Antrages und ggf. weiterer Unterlagen und Prüfungen über Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der Leistung. Fällt diese Entscheidung negativ aus, kann der Patient widersprechen und der Arzt kann – auch unabhängig vom Patienten – Einspruch erheben. Der Widerspruch würde dann an den Medizinischen Dienst der Kassen (MDK) gehen, der in einer sozialmedizinischen Stellungnahme bzw. in einem Gutachten eine Empfehlung ausspricht. Aber auch bei Ablehnung auf der Grundlage einer MDK-Empfehlung kann es sich lohnen, Widerspruch einzulegen. „Fordern Sie das MDK-Gutachten an und antworten Sie direkt auf die darin formulierte Argumentation“, rät die Expertin. Denn zum Lohn für hartnäckiges Widersprechen landet der Widerspruch letztlich vor einem mit Versicherten- und Arbeitgebervertretern paritätisch besetzten Widerspruchsausschuss. Und der kann auch zweimal abgelehnte Anträge noch genehmigen.

Wo wird die Reha beantragt?

Für Patienten im erwerbsfähigen Alter ist die gesetzliche Rentenversicherung der Träger, sie hat ein Interesse daran, dass der Patient so spät wie möglich Leistungen beansprucht. Der „Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben“ wird vom Patienten gestellt, er benötigt einen Befundbericht, der mit dem Antrag eingereicht werden kann. Liegt keine Gefährdung oder Minderung der Erwerbstätigkeit vor bzw. handelt es sich um einen Patienten im Rentenalter, muss der Arzt Teil B bis D des Formulars 61 „Verordnung von medizinischer Rehabilitation“ der Krankenkasse ausfüllen. Ist sich der Arzt über die Zuständigkeit unsicher, füllt er Teil A des gleichen Formulars aus (Prüfung des zuständigen Rehabilitationsträgers). Es können dabei keine schwerwiegenden Fehler passieren: Der Empfänger des Antrages ist verpflichtet, diesen innerhalb von 14 Tagen auf Zuständigkeit zu prüfen und ihn gegebenenfalls weiterzuleiten. Die Träger sind verpflichtet, sich einig zu werden – der Antrag kann also nicht „versanden“.