Die Entwicklung des DiGA-Markts

Eine Nische mit Wachstumspotenzial

Im ersten vollen DiGA-Jahr 2021 belief sich der Umsatz auf rund 57 Mio. Euro. 2023 betrug das Marktvolumen bereits fast 125 Mio. Euro. Im Vergleich zu den GKV-Arzneimittelausgaben von rund 50 Mrd. Euro sind die Apps auf Rezept allerdings noch eine Nische.

Mitte Oktober 2024 waren 64 Apps und Webanwendungen in der Liste des BfArM auffindbar. Davon waren 54 verordnungsfähig, weil dauerhaft (35) oder zur Erprobung (19) registriert. Zehn DiGA sind schon aus der Verordnungsfähigkeit gestrichen worden. Das passiert regelmäßig, wenn der erhoffte Versorgungseffekt in der Erprobungsphase nicht belegt werden kann.

Die Hürden für eine Aufnahme ins DiGA-Verzeichnis sind hoch. Von 216 per DiGA-Portal dem BfArM zur Prüfung eingereichten Anträgen (vier von fünf zur Erprobung) wurden 23 negativ beschieden und 112 zurückgezogen. In Bearbeitung waren im Oktober 17 Anträge.

Wenige Platzhirsche

Anlässlich der ersten DiGA-Jahre haben große Krankenkassen wie die Barmer und die TK, aber auch der GKV-Spitzenverband detaillierte Berichte über die ­DiGA-Nutzung veröffentlicht. Demnach dominieren die „frühen Vögel“ das Marktgeschehen. Das heißt: In den ersten knapp drei DiGA-Jahren entfielen bei der TK 61 % der Marktanteile auf sechs DiGA, nämlich auf ViViRA (Rückenschmerzen), Kalmeda (Tinnitus), zanadio (Adipositas), somnio (Insom­nie), deprexis (Depressionen) und Selfapy (Depressionen) – alles Anwendungen, die nahezu von Beginn des DiGA-Verzeichnisses an verordnungsfähig waren. Die Top 15 kommen auf 86 % Marktanteil bei der TK. Das bedeutet aber auch: Zum Zeitpunkt dieser Bestandsaufnahme belief sich der Marktanteil bei zwei Drittel der Anwendungen (35 von 53) auf jeweils maximal 1 %. Dieses Ranking wird sich allerdings verändern. Denn es wurden einige DiGA – auch welche, die in ihrer Erprobungsphase gut liefen – aus der Verordnungsfähigkeit genommen, andere wechselten vom Status „vorläufig“ auf „dauerhaft“ und etliche neue Anwendungen sind mittlerweile hinzugekommen.

Stand der Folgeverordnungen

Der GKV-Spitzenverband betrachtete in seinem Bericht für die drei ersten DiGA-Jahre auch die Anteile der Folgeverschreibungen einer Anwendung. Die höchsten Anteile an ihrer jeweiligen gesamten Verordnungszahl wiesen hier (Stand 30.9.2023) zanadio (34 %), Kalmeda (23 %) sowie Endo-App (23 %) und Kranus Edera (20 %) auf. 

Um die Kostenanteile der Indikationsgebiete und einzelnen DiGA anschaulich zu machen, packte der GKV-Spitzenverband alle in eine Grafik (siehe links). Der größte Anteil der GKV-Leistungsausgaben entfällt demnach auf DiGA für „Psychische Erkrankungen“. Das ist wenig verwunderlich, sind hier doch die meisten Produkte gelistet. Allerdings entstanden die höchsten Ausgaben je DiGA für drei Anwendungen, die außerhalb dieses Indikationsgebiets liegen.

Was DiGA kosten

Der GKV-Spitzenverband vereinbart mit den DiGA-Herstellern mit Wirkung für alle Krankenkassen Vergütungsbeträge. Diese gelten nach dem ersten Jahr nach Aufnahme der jeweiligen DiGA ins Verzeichnis des BfArM. Bis dahin kann der Hersteller den Preis frei bestimmen. „Mit durchschnittlich 221 Euro liegen die verhandelten Preise deutlich niedriger als die Einstiegspreise der Hersteller“, stellt die Techniker Krankenkasse fest. „Dennoch konnten sie die Kostenanstiege durch das steigende Herstellerpreisniveau ebenso wenig bremsen wie die vorgesehenen Höchstbeträge.“ Laut TK betrug der freie Herstellerpreis nach dem Start der neuen Versorgungsform durchschnittlich 418 Euro. Es folgte ein Preisanstieg bis 2023 um 50 % auf 628 Euro. Der höchste Herstellerpreis für eine DiGA betrug 2.077 Euro. Die durchschnittlichen Kosten pro App-Verordnung summierten sich bei der Ersatzkasse im zweiten Quartal 2023 auf 357 Euro.

Seit Oktober 2022 gibt es Höchstbeträge für Gruppen vergleichbarer DiGA. Diese sollen die Vergütungshöhe im ersten Jahr begrenzen. Der GKV-Spitzenverband moniert: „Die von der Schiedsstelle festgesetzten Regelungen zu den Höchstbeträgen regulieren das sehr hohe Preisniveau jedoch nicht und eröffnen den Herstellern weiterhin große Spielräume für hohe und frei wählbare Preise.“

Autor: Michael Reischmann