Asthma – die mühsame Suche nach effektiven Präventionsstrategien
Asthmaprävention begann einst damit, den „atopischen Marsch“ – die IgE-vermittelte Progression von Allergien im Kindesalter hin zum manifesten Asthma – unterbinden zu wollen. Zum Erfolg führten Strategien wie Allergenkarenz aber nicht immer, wie Dr. Michelle C. Maciag und Professor Dr. Wanda Phipatanakul von der Harvard Medical School ausführen. Im Gegenteil: Einer Untersuchung zufolge senkt eine starke Exposition gegenüber verschiedenen Tierallergenen (Hund, Katze, Kakerlake, Maus) in der frühen Kindheit die spätere Asthmaprävalenz. Insgesamt ist die Studienlage zu Vermeidungsstrategien jedoch widersprüchlich.
Bestimmten Genotypen nutzt die Allergenexposition mehr
Das liegt am komplexen Zusammenhang zwischen Allergenexposition und Atemwegserkrankung. Zum einen reicht eine Sensibilisierung allein wohl nicht aus, um ein Asthma zu entwickeln, so die Autoren. Zum anderen spielen genetische und Umweltfaktoren eine wichtige Rolle. So könnten beispielsweise Personen mit bestimmten Genvarianten eher von einer frühen Exposition gegenüber Katzenallergenen profitieren als andere.
Ein weiterer Präventionskandidat ist die spezifische Immuntherapie. Bei Kindern mit saisonaler Rhinokonjunktivitis, die man drei Jahre lang subkutan behandelt hatte, zeigte sich im Alter von zehn Jahren eine signifikant verringerte Asthmarate. Auch für die sublinguale Immuntherapie ergab sich teilweise ein protektiver Effekt. Allerdings raten die Autorinnen zu einer vorsichtigen Interpretation der Ergebnisse, da es sich teils um offene bzw. nicht placebokontrollierte Studien handelte.
Für inhalative Steroide ließ sich bisher kein Schutzeffekt nachweisen. In einer Studie erkrankten Hochrisikokinder, die zwei Jahre lang mit Fluticason behandelt wurden, in der einjährigen Nachbeobachtungsphase genauso oft an Asthma wie Teilnehmer der Placebogruppe.
Günstig könnte sich dagegen die intrauterine „Ernährung“ auswirken. So profitiert der für Asthma prädisponierte Nachwuchs rauchender Schwangerer möglicherweise, wenn die werdende Mutter Vitamin-C-Supplemente einnimmt. In einer Studie zeigten sich eine verbesserte neonatale Lungenfunktion und weniger Giemen im ersten Lebensjahr – danach war allerdings kein Unterschied mehr zur Placebo-Supplementation zu erkennen. Weitere Kandidaten aus den Reihen der Supplemente sind Omega-3-Fettsäuren. Die gute Versorgung der Schwangeren mit Fischöl scheint das Asthmarisiko des Kindes zu senken.
Probiotika schützen nur vor atopischem Ekzem
Ein vielfältiger Mikrobenkontakt wirkt ebenfalls protektiv, sei es auf dem Bauernhof oder in der verstaubten Wohnung. Als Grund vermutet man, dass bestimmte Bakterien die Ausreifung des Immunsystems fördern. Die Störung des intestinalen Mikrobioms durch Antibiotika wird dagegen mit einem erhöhten Asthmarisiko in Verbindung gebracht. Eine Metaanalyse untersuchte, wie sich die Aufnahme von Probiotika durch Schwangere und stillende Mütter bzw. durch den Säugling selbst auswirkt. Das Ergebnis: Probiotika können den Nachwuchs zwar vor einem atopischen Ekzem schützen, vor Asthma aber nicht.
RSV-Infektionen in der frühen Kindheit gehen mit einem erhöhten Asthmarisiko im Schulalter einher. Die Untersuchung einer prophylaktischen Antikörpertherapie gegen das Virus konnte jedoch keinen langfristigen Effekt auf die Lungengesundheit belegen. Möglicherweise besteht eine stärkere Assoziation zwischen Rhinoviren (RV) und Asthma. Schließlich zeigte eine Studie, dass fast 90 % der Kinder, die in den ersten drei Lebensjahren ein RV-bedingtes Giemen entwickelten, mit sechs Jahren an Asthma litten. Zusätzlich weiß man mittlerweile, dass Virusinfektionen den deletären Effekt einer allergischen Sensibilisierung verstärken.
Letztlich verzeichneten Präventionsstrategien wie Infektschutz, Supplementation oder Mikrobiom-Modifikation nur mäßigen Erfolg – nicht zuletzt, weil Asthma eine heterogene Erkrankung ist, so die Autorinnen. Ein universeller Ansatz werde sich daher nur schwer finden lassen. Die Zukunft geht in Richtung personalisierte Prävention. Verschiedene Endo- und Phänotypen brauchen unterschiedliche Strategien, so die Theorie. Beispielsweise wird derzeit untersucht, ob der bereits therapeutisch genutzte IgE-Antikörper Omalizumab bei Hochrisikokindern auch einem Asthma vorbeugen kann.
Quelle: Maciag MC Phipatanakul W. Chest 2020; DOI: 10.1016/j.chest.2020.04.011