Asthma: Sexualhormone regulieren offenbar die Pathogenese
Wie zahlreiche Studien belegen, gibt es starke Unterschiede bei Inzidenz, Schweregrad und Häufigkeit der Exazerbationen, wenn man Alter und Geschlecht von Asthmatikern betrachtet. Eine Studie, die rund 3300 Neugeborene über mehrere Jahre verfolgte, zeigte beispielsweise, dass Jungen bis zum achten Lebensjahr die höhere Prävalenz für ein Asthma hatten (15,1 vs. 10,8 % bei Mädchen).
Dieses Verhältnis kehrt sich aber im Laufe der Zeit um: Die Symptome gingen bei Jungen ab 14 Jahren deutlich zurück; ein bereits vorhandenes Asthma blieb bei nur etwa jedem Vierten bestehen. Dagegen stieg die Erkrankungshäufigkeit bei Mädchen ab dem zehnten Lebensjahr bzw. bei früher Geschlechtsreife stark an.
Die Pille wird verdächtigt, die Erkrankung zu fördern
Dass diese Umbrüche genau in die Pubertät fallen, legt eine Beteiligung der Sexualhormone nahe, schreiben Jeffrey A Yung und seine Kollegen vom Department of Medicine am Vanderbilt University Medical Center in Nashville. Auch dass sich die Symptome bei Frauen in Phasen hormoneller Umstellungen verändern, stützt die Hypothese.
So berichten bis zu 40 % der Patientinnen von einer Verschlimmerung der Beschwerden und häufigeren Exazerbationen in der prä- oder perimenstrualen Phase. Hormonelle Verhütungsmethoden wie die Anti-Baby-Pille stehen im Verdacht, einen asthmafördernden Effekt zu haben. Dazu gibt es allerdings widersprüchliche Ergebnisse.
Auch während der Schwangerschaft kann sich die Krankheit verschlechtern. Vor allem bei Frauen mit schwerem Asthma muss man in dieser Zeit mit vermehrten Ausbrüchen rechnen. Als Haupttrigger dafür gelten Virusinfektionen oder fehlende Adhärenz zu inhalativen Steroiden. In einer Studie, bei der Patientinnen Tagebuch führten, berichtete jede Dritte von einer subjektiven Verschlimmerung. Sehr häufig gingen die Symptome aber schon ein bis drei Monate nach der Geburt wieder auf das vorherige Level zurück.
Von hustenden Mäusen lernen
- Weil die Sexualhormone aller Voraussicht nach die Pathogenese beeinflussen, wurden sie im Modellsystem Maus untersucht. Man setzte Mäuse mit extrinsischem Asthma (u.a. verursacht durch Hausstaubmilben) Reizen aus, um die inflammatorischen Signalwege einzeln betrachten zu können.
- Östrogene förderten die allergenvermittelte Typ-2-Entzündungsreaktion, Androgene schwächten sie ab. Die Ergebnisse könnten rein hypothetisch – auf den Menschen übertragen – die sinkende Prävalenz bei Jungen und die steigenden Zahlen bei Mädchen während der Pubertät erklären.
Ruhe nach der Menopause? Leider nein
Die Experten betonen, dass es trotz der noch vorhandenen Wissenslücken enorm wichtig ist, Betroffene aufmerksam durch die Schwangerschaft zu begleiten: Nur so lässt sich das Risiko für perinatale Komplikationen (Fehl-/Totgeburten oder vermindertes Wachstum) verringern. Sollte die Konzentration der Sexualhormone ausschlaggebend sein, wäre anzunehmen, dass sich das Leiden nach der Menopause abschwächt und die generelle Prävalenz sinkt. Jedoch zeigte unter anderem eine nordeuropäische Studie, dass Frauen in der postmenopausalen Phase anfälliger für Asthma und Atemwegsprobleme sind. Erhöht wird das Risiko auch durch perimenopausale Hormonsubstitutionstherapien, vor allem bei Frauen mit einem BMI unter 25 kg/m2. Wissenschaftler vermuten, dass die durch die Behandlung verursachten Hormonschwankungen dazu führen, dass sich das Asthma verschlimmert und die Inzidenz steigt.Quelle: Yung JA et al. Ann Allergy Asthma Immunol 2018; 120: 488-494