Begünstigt Lichtverschmutzung die Entwicklung einer KHK?
Mehr als 80 % der Weltbevölkerung leben in lichtverschmutzten Regionen. Das heißt: Aufgrund der künstlichen Beleuchtung wird der Nachthimmel an ihren Wohnorten nicht richtig dunkel. Bevölkerungsdaten aus Hongkong deuten darauf hin, dass diese Menschen möglicherweise überproportional häufig Koronarkomplikationen erleiden. Für ein gesundes Herz-Kreislauf-System ist ein ungestörter zirkadianer Rhythmus Voraussetzung, erläutern Dr. Shengzhi Sun von der Boston University School of Public Health und Kollegen.
Eine dauerhaft zu helle Umgebung während der Nacht stört die körpereigene Melatoninproduktion und kann vielfältige gesundheitliche Folgen haben. Ob die nächtliche Lichtverschmutzung auch eine KHK begünstigt, untersuchten sie anhand eines Kollektivs von rund 58 700 Senioren, die man im Rahmen einer prospektiven Gesundheitsstudie in Hongkong über einen Zeitraum von elf Jahren beobachtet hatte. Mithilfe von Satellitendaten erfassten die Forscher die nächtliche Helligkeit der Wohnorte der Teilnehmer und korrelierten diese mit der Häufigkeit KHK-bedingter Hospitalisierungen sowie der KHK-Mortalität.
Die in Regionen mit der größten nächtlichen Helligkeit lebenden Senioren hatten im Vergleich zu Personen aus den dunkelsten Wohngebieten ein um 23 % höheres KHK-Hospitalisierungs- und ein um 29 % höheres KHK-Sterberisiko. Ein Kausalzusammenhang darf aus dieser Beobachtung jedoch nicht abgeleitet werden, warnen die Wissenschaftler. Weitere Studien mit detaillierten Informationen zur individuellen nächtlichen Lichtexposition, zu adaptiven Verhaltensweisen sowie zur Schlafqualität müssen nun ihrer Ansicht nach klären, ob die Lichtverschmutzung tatsächlich einen neuen KHK-Risikofaktor darstellt.
Quelle: Sun S et al. Eur Heart J 2020: ehaa846; DOI: 10.1093/eurheartj/ehaa846