Berechtigte Zurückhaltung beim Herzinfarkt

Autor: Dr. Elke Ruchalla/Dr. Sascha Bock

Im kardiogenen Schock genügt trotz Mehrgefäß-KHK die Therapie der Hauptstenose. Im kardiogenen Schock genügt trotz Mehrgefäß-KHK die Therapie der Hauptstenose. © iStock.com/mkurtbas

Eine einzige Studie reichte aus, um die Empfehlung zur Rundum-Revaskularisation bei Infarktpatienten im kardiogenen Schock herabzustufen. Doch die Befürworter dieser Intervention blieben skeptisch, sie erhofften sich einen Langzeitbenefit. Offenbar vergeblich.

Infarktpatienten mit Mehrgefäß-KHK (koronare Herzkrankheit) und kardiogenem Schock fahren besser mit einer perkutanen Koronarintervention (PCI), die sich auf die auslösende Läsion beschränkt. Dies zeigte die CULPRIT-SHOCK-Studie1: Gegenüber einer initialen Mehrgefäß-Revaskularisation trat der primäre Endpunkt (Tod oder Nierenversagen mit Indikation zur Nierenersatztherapie) in den ersten 30 Tagen nach dem Eingriff signifikant seltener ein.

Kein wesentlicher Unterschied in der Gesamtmortalität

In der Untersuchung erhielten rund 700 Betroffene randomisiert eine PCI entweder des Zielgefäßes oder aller vorliegenden Läsionen. Die aktuelle ESC/EACTS*-Leitlinie zur myokardialen Revaskularisation trug den Ergebnissen Rechnung und versah die sofortige Mehrgefäß-Intervention im kardiogenen Schock nur noch mit einer III-B-Empfehlung. Die Diskussion über die optimale Versorgung hält aber an. Denn Langzeitdaten von CULPRIT-SHOCK fehlten – bis jetzt.

Die Gesamtmortalität unterschied sich ein Jahr nach der Intervention nicht signifikant. In der Zielgefäß-PCI-Gruppe starben insgesamt 172 von 344 Patienten (50 %), in der Rundum-PCI-Gruppe 56,9 %. Schauten sich die Forscher den Zeitraum zwischen 30 Tagen und einem Jahr an, lag die Sterblichkeit bei 6,7 % vs. 5,3 %. Diese Zahlen würden damit der Hypothese widersprechen, dass die sofortige Mehrgefäßversorgung in Sachen Mortalität auf längere Sicht besser abschneidet.

Allerdings war nach dem zielgerichteten Eingriff mehr als dreimal so häufig eine weitere Revaskularisation notwendig und es kam etwa viermal öfter zu einer herzinsuffizienzbedingten Klinikaufnahme. Das seien aber noch keine Argumente, die gerade geänderte Empfehlung zu kippen, heißt es in einem begleitenden Editorial zur Studie.2

* European Society of Cardiology/European Association for Cardio-Thoracic Surgery

Quellen:
1. Thiele H et al. N Engl J Med 2018; 379: 1699-1710
2. Adriaenssens T, Van de Werf F. A.a.O: 1775-1776