Crystal Meth: Enorm stimulierend und extrem gefährlich
Der Gebrauch von Methamphetamin folgt in Deutschland eindeutig regionalen Mustern. In Sachsen und Thüringen haben bereits 2 % bzw. 1,7 % der 18- bis 64-Jährigen mindestens einmal Meth in Form von Kristallen (Cystal), Pulver oder Tabletten konsumiert, in Nordrhein-Westfalen sind es dagegen nur 0,3 %. Erklärbar ist diese Diskrepanz durch die Tatsache, dass Tschechien als Europas Hauptproduzent für die Droge gilt und somit der Weg in die Ostländer nicht weit ist.
Im Gehirn herrscht ein saures und radikales Milieu
In den USA scheint das Problem bereits deutlich gravierender: In den Jahren 2015/16 stieg die Häufigkeit des Missbrauchs um das Vierfache. Todesfälle durch Überdosen von Kokain, Amphetamin oder beiden zusammen nahmen um 42 % zu, berichten Dr. Martin P. Paulus und Dr. Jennifer L. Stewart von der Universität Tulsa in Oklahoma. Sie beklagen, dass die Therapieanstrengungen bei Methylamphetamin-Abusus allzu oft ins Leere führen. Es sei daher höchste Zeit, die komplexen Vorgänge, die ihm zugrunde liegen, besser zu verstehen und spezifische Therapien zu entwickeln.
Methamphetamin beeinflusst als monoaminerger Modulator die Ausschüttung von Dopamin, Serotonin, Noradrenalin und Adrenalin. Inzwischen ist aber bekannt, dass das Aufputschmittel auch zahlreiche molekulare Kaskaden moduliert, die zu oxidativem Stress, zu neurotoxischen und zu exzitotoxischen Effekten sowie zur Neuroinflammation führen, schreiben die beiden Wissenschaftler. Das hat im Gehirn eine akute, möglicherweise auch die chronische Veränderung des Metabolismus zur Folge: Energie wird schneller, aber wenig effizient bereitgestellt, die Biosyntheserate nimmt zu und das Mikromilieu wird saurer, reaktive Sauerstoffradikale erzeugen ein onkogenes und degeneratives Milieu.
Über den Einfluss der Substanz auf die Kognition ist noch nicht viel bekannt, das Stimulans scheint aber die moderate Dysfunktion einer ganzen Reihe geistiger Prozesse zu verursachen. Klinisch kann die Abhängigkeit zu psychotischen Positivsymptomen wie Misstrauen, ungewöhnlichen Gedankeninhalten, Halluzinationen und bizarrem Verhalten führen. Auch affektive Symptome wie Depression und Suizidalität treten auf, ebenso Schuldgefühle, Feindseligkeit und Vernachlässigung der eigenen Person. Hinzu kommen psychomotorische Symptome wie Anspannung, Erregtheit, Ablenkbarkeit und Hyperaktivität.
Zu Todesfällen kommt es bei den Abhängigen infolge schwerwiegender kardio- und zerebrovaskulärer Veränderungen. Besonders junge Männer erleiden zumeist hämorrhagische Schlaganfälle. Zudem werden Vasokonstriktion, Arteriosklerose, kardiale Arrhythmien, Lungenhochdruck und Kardiomyopathien beobachtet. Letztere sind durch einen erweiterten linken Ventrikel und eine verschlechterte linksventrikuläre Ejektionsfraktion charakterisiert und gehen mit erhöhten Gewebemarkern für Inflammation und Fibrose einher. Im EKG zeigen sich häufig eine Tachyarrhythmie, eine Achsenverschiebung nach rechts, eine linksventrikuläre Hypertrophie, ein pulmonales P-Muster, eine niedrige Q-Zacke, eine seitliche T-Wellen-Inversion und ein verlängertes QTc-Intervall.
Schnelle Abhängigkeit, langfristige Schäden
- die Methylamphetamin-Abhängigkeit sehr schnell entstehen kann.
- die Erkrankung typischerweise mit hohem Konsum und kurzen Konsumpausen verläuft.
- es bei den Abhängigen zu weitreichenden medizinischen Konsequenzen und auf lange Sicht zu kognitiven und neurologischen Defiziten kommt.
Sport erleichtert die Abstinenz
Methylamphetaminassoziierten Todesfällen gehen oft Kollaps, Atemprobleme und Hyperthermie voraus. Bei akuter Intoxikation empfiehlt sich eine engmaschige Kontrolle, um Todesfälle zu verhindern. Modulatoren der monoaminergen Signalwege haben sich therapeutisch nicht bewährt, berichten Dr. Paulus und Dr. Stewart. Vielversprechender als die derzeitigen Pharmaka sind verhaltenstherapeutische Ansätze sowie Maßnahmen, die die Betroffenen bei ihren Abstinenzbemühungen in ihrem sozialen Umfeld unterstützen. Kurze Interventionen können den Konsum eindämmen, körperliche Aktivität und Sport scheinen die Abstinenz zu erleichtern sowie Depression und Angst zu mindern.1. Drogen- und Suchtbericht 2019 der Drogenbeauftragten der Bundesregierung
2. Paulus MP, Stewart JL. JAMA Psychiatry 2020; DOI: 10.1001/jamapsychiatry.2020.0246