Die periphere arterielle Verschlusskrankheit richtig diagnostizieren
Bei Verdacht auf eine periphere arterielle Verschlusskrankheit steht die Bestimmung des Knöchel-Arm-Index mittels Dopplerdruckmessung an erster Stelle. Die Lokalisationsdiagnostik sollte bei bestätigter PAVK erst in einem zweiten Schritt erfolgen. Noch wird in Deutschland nicht überall so verfahren, sagte Professor Dr. Birgit Linnemann vom Universitären Gefäßzentrum Ostbayern am Universitätsklinikum Regensburg. Hält man die Reihenfolge der diagnostischen Maßnahmen nicht ein, droht eine nebenwirkungsträchtige Überdiagnostik, mahnte die Referentin.
Für die Berechnung des Knöchel-Arm-Index (Ankle-Brachial-Index, ABI) sollte immer der höchste an einer Extremität gemessene Knöchelarteriendruck verwendet werden. Bei einem ABI ≤ 0,9 gilt eine signifikante PAVK als gesichert. Bei eher atypischen Beschwerden kann die ergänzende Laufbandergometrie (12 % Steigung, 3,5 Minuten) sinnvoll sein, unter Umständen gefolgt von einer Dopplerdruckmessung. Von einer PAVK kann man ausgehen, wenn der ABI um mindestens 20 % oder der Knöcheldruck um ≥ 30 mmHg abnimmt. Ist die Laufbandergometrie nicht möglich, können Zehenstände oder auch das Aufpumpen einer Blutdruckmanschette am Oberschenkel für drei bis fünf Minuten eine Alternative sein.
Gesäßschmerzen sprechen eher für eine Spinalkanalstenose
Wichtigste Differenzialdiagnose ist die bei älteren Menschen recht häufige Claudicatio spinalis bei lumbaler Spinalstenose. Sowohl bei PAVK als auch bei Spinalstenose können die Beschwerden durch Gehen ausgelöst werden, bei Letzterer aber auch durch längeres Stehen. Während sich die PAVK-Symptome im Stehen bessern, müssen sich Patienten mit verengtem Wirbelkanal dazu hinsetzen und es dauert deutlich länger, bis eine Linderung eintritt. Die Schmerzlokalisation liegt bei PAVK mehr in der Wade, bei spinaler Stenose in Gesäß und Oberschenkel.
In den Zehen gibt es keine Arteriosklerose
Auch wenn der ABI nicht plausibel erscheint oder ein Wert ≥ 1,4 auf eine mögliche Mediasklerose hinweist, ist noch keine invasive Diagnostik erforderlich. Vielmehr kann der Zehen-Arm-Index (Toe-Brachial-Index, TBI) weiterhelfen, da Zehenarterien frei von Sklerose sind. Als Cut-off zur Diagnosestellung einer PAVK wird ein TBI-Wert von 0,7 empfohlen, allerdings bei geringer Evidenz. Bei einem TBI < 0,3 muss von einer schweren PAVK ausgegangen werden.
Als weiteres Tool zur Abschätzung der Durchblutungssituation in unklaren Fällen nannte die Angiologin die nicht-invasive transkutane Sauerstoffpartialdruckmessung (tcpO2), die im Liegen über 15 Minuten durchgeführt wird. Normal sind Werte von 40–80 mmHg, Ergebnisse unter 40 mmHg weisen auf eine Ischämie. Ein tcpO2 < 30 mmHg ist ein unabhängiger Prädiktor für Wundheilungsstörungen, ein Wert < 10 mmHg ist mit einer 70%igen Amputationsrate assoziiert. Als alleinige Diagnostik ist die Methode aber ungeeignet.
Weitere Verfahren sind die akrale Pulsoszillographie und die Pulswellenanalyse. Steht die Diagnose einer PAVK, ist die farbkodierte Duplexsonographie die Methode der Wahl, um Stenosen und Verschlüsse zu lokalisieren und Maßnahmen zur Revaskularisation zu planen. Für gezielte Fragestellungen im Rahmen der Therapieplanung können ggf. Methoden wie MR- und CT-Angiographie angewandt werden.
Nach der Gefäßrevaskularisierung sollten die Patienten regelmäßig einbestellt werden, um Komplikationen wie Aneurysmen, Thrombosierungen und Restenosen frühzeitig zu erkennen. Diese Termine sollten genutzt werden, um die Betroffenen für Lauftraining und Lebensstiländerungen zu motivieren und kardiovaskuläre Risikofaktoren im Auge zu behalten.
Quelle: 11. Interdisziplinäres Update Gefäßmedizin