PAVK: Vor- und Nachteile einer endovaskulären Behandlung
Bei der kritischen Extremitäten-Ischämie lässt sich das Bein nur mit einer unverzügliche Revaskularisierung retten. Wie man dabei vorgeht, hängt vom Risiko (für Bein und Patient) und der anatomischen Komplexität der betroffenen Strombahn ab, schreibt Privatdozent Dr. Hans Krankenberg vom Zentrum für Gefäßmedizin am Asklepios Klinikum Harburg. Zur Therapie von besonders gefährdeten, multimorbiden Patienten eigne sich die endovaskuläre Intervention allerdings besser als der Venen-Bypass.
Ballonexpandierende Stents für stark verkalkte Stenosen
Iliakale Stenosen und Verschlüsse sollten bei einer Länge unter 5 cm endovaskulär behandelt werden. Bei schweren Begleiterkrankungen empfehlen die Leitlinien den minimalinvasiven Eingriff auch für längere und biiliakale Läsionen. Damit der Engpass offenbleibt, setzt man Stents ein. Selbstexpandierende Modelle gehen mit einer geringeren Restenose-Rate einher. Ballonexpandierende eignen sich mit ihrer höheren Dehnkraft dagegen besonders gut für stark verkalkte Stenosen. Die Ergebnisse können sich sehen lassen: Verschlüsse der Iliakalarterien sind zu etwa 90 % auch nach fünf Jahren noch offen. Ummantelte Stentprothesen eignen sich besonders für komplexere, z.B. aortale Läsionen (Offenheitsrate etwa 80 % nach drei Jahren).
Die endovaskuläre Sanierung bietet sich auch bei Stenosen und Verschlüssen der A. femoralis communis an – vor allem für Risikopatienten (Adipositas, weibliches Geschlecht, Voroperationen). Schließlich hat die Endarteriektomie eine Mortalität von 3 % in den ersten 30 Tagen. Nachteil der endovaskulären Therapie: Es bleiben weniger Gefäße offen (79 % vs. 96 %). Wegen der Beugung im Hüftgelenk sind spiralförmig verwobene, flexible Stents gefragt.
Besonders häufig finden sich atherosklerotische Veränderungen in der A. femoralis superficialis, die ebenfalls einem erheblichen Bewegungsstress ausgesetzt ist. Läsionen in diesem Gefäß sollten bis zu einer Länge von 25 cm zunächst endovaskulär angegangen werden. Mit einer medikamentenbeschichteten Ballon-Angioplastie bleibt die Arterie länger offen als mit dem Standardballon (70 % vs. 45 %). Bei Residualstenosen oder fluss-limitierender Dissektion können zusätzliche Stents eingesetzt werden. Spot-Stenting kombiniert mit medikamentenbeschichteten Ballons hat sich bei längeren Läsionen bewährt. Patienten mit schwerer Kalzifikation profitieren von einer primären Stentimplantation. Direkte Vergleichsstudien Ballon vs. Stent fehlen allerdings bislang.
Bei Diabetikern oft isolierter Befall im Unterschenkel
Das Problem der Arteria poplitea: Sie wird durch Bewegungen im Kniegelenk stark belastet. Außerdem kommt es durch die folgende Trifurkation in die Unterschenkelarterien zu Flussturbulenzen. Die Stentimplantation ist deshalb schwierig. Immerhin lassen sich mit dem flexiblen Modell Offenheitsraten von 70 % nach drei Jahren erreichen. Das distale Poplitealsegment sollte allerdings freigehalten werden, damit bei Bedarf später noch eine Operation möglich ist.
Der isolierte Befall der Unterschenkelarterien ist typisch für Diabetiker. Klinisch manifestiert er sich meist mit einer kritischen Ischämie. Die Hälfte der Betroffenen stirbt in den ersten drei Jahren nach der Revaskularisierung oder muss sich einer Amputation unterziehen. Ein frühzeitiges Eingreifen ist daher essenziell. Allerdings erschweren diffuse Verkalkungen mit kleinem Gefäßdurchmesser die Angioplastie. Medikamentenfreisetzende Stents schneiden hinsichtlich der Amputationsrate nach fünf Jahren zwar besser ab als Standardballons und reine Metallstents, aber die Sterblichkeit bei kritischer Ischämie bleibt hoch.
Eine Einzelfallentscheidung erfordern Patienten, die oberhalb und unterhalb des Knies Läsionen haben. Zunächst sollte ein ausreichender Einstrom in den Unterschenkel wiederhergestellt werden, ggf. ist zusätzlich eine infrapopliteale Angioplastie sinnvoll. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Rekanalisierung des femoropoplitealen Segments meist auch den Blutfluss unterhalb des Knies verbessert. Ein weiterhin eingeschränkter Abfluss andererseits mindert den Therapieerfolg. Zur Revaskularisierung der isolierten infrapoplitealen PAVK geben die Leitlinien keine eindeutige Empfehlung.
Dr. Krankenberg empfiehlt deshalb, die Entscheidung gemeinsam mit dem Patienten zu treffen, unter Berücksichtigung von Progression und kardiovaskulärem Risiko. Besonders dringlich ist der Eingriff bei Patienten mit stark eingeschränkter Beweglichkeit, fortschreitender Verschlechterung des Knöchel-Arm-Index, hohen Entzündungsparametern, Diabetes oder kardiovaskulärer Komorbidität. Ziel ist eine ausreichende Durchblutung bis zum Fuß mit zufriedenstellender Gehfähigkeit.
Quelle Text und Abb.: Krankenberg H. Hamburger Ärzteblatt 2020; 74: 13-16 © Hamburger Ärzteverlag, Hamburg