Empathie in der Coronakrise: Anrufe von Fremden bessern Einsamkeit, Angst und Depression
Einsame Menschen laufen stärker Gefahr, chronische Erkrankungen zu entwickeln, ebenso ist Einsamkeit mit Angst und Depressionen verbunden. Mit Beginn der Corona-Pandemie im Jahr 2020 hat durch die verhängten Kontaktbeschränkungen bei vielen Menschen die Isolation zugenommen und professionelle Helfer geraten an die Grenze ihrer Kapazitäten. Dr. Maninder Kahlon von der University of Texas in Austin und ihre Kollegen haben eine Alternative zu den Profis getestet.
Die Forscher initiierten eine randomisierte, vierwöchige Studie mit insgesamt 240 Empfängern eines Essen-auf-Rädern-Programms. Rund die Hälfte davon lebte alleine, knapp zwei Drittel waren 65 Jahre oder älter, und Frauen machten fast vier Fünftel aus. Alle berichteten von mindestens einer chronischen Erkrankung.
Mit validierten Fragebogen erfassten die Wissenschaftler zunächst das Ausmaß an Einsamkeit, Angst und Depression sowie die allgemeine gesundheitsbezogene Lebensqualität. Danach wiesen sie jeweils 120 Menschen nach dem Zufallsprinzip einer von zwei Gruppen zu: Gruppe 1 erhielt zunächst (Woche 1) täglich Anrufe, danach konnten die Teilnehmer die Anruffrequenz frei wählen, mindestens erhielten sie aber zwei Gespräche pro Woche. In Gruppe 2 erfolgten bis auf ein Telefonat zur Abschlussuntersuchung keine weiteren.
Als Anrufer rekrutierte die Arbeitsgruppe 16 Studenten im Alter zwischen 17 und 23 Jahren und schulte sie mithilfe einer einstündigen Videokonferenz. Dabei lernten sie eine empathiekonzentrierte Gesprächsführung, die Zuhören und Eingehen auf vom Gesprächspartner eingebrachte Themen in den Mittelpunkt stellte. Diese Freiwilligen unterhielten sich dann gemäß der Vorgaben mit den 120 Teilnehmern der Interventionsgruppe. Die Gespräche sollten mindestens zehn Minuten dauern, durften aber auch länger sein.
Geeignete Methode, um Risikopatienten zu schützen?
Nach vier Wochen fanden die Autoren in der Gruppe, die regelmäßig Anrufe erhalten hatte, deutlich geringere Werte für Einsamkeit, Angst und Depression im Vergleich zu den Ausgangsbefunden, ebenso hatte sich das mentale Wohlbefinden gesteigert. In der Kontrollgruppe dagegen waren keine wesentlichen Veränderungen messbar. Unklar bleibt, wie lange diese Verbesserungen anhalten und ob sich die Dauer durch häufigere Gespräche steigern lässt, fügen die Experten an. Außerdem sollte man untersuchen, ob derartige Interventionen Risikopatienten vor manifesten Angststörungen oder Depressionen schützen könnten.
Quelle: Kahlon MK et al. JAMA Psychiatry 2021; DOI: 10.1001/jamapsychiatry.2021.0113