Corona: Wie sinnvoll sind Schulschließungen?
Mitte März 2020 wurde ein Großteil der Schulen in Deutschland geschlossen, um die weitere Ausbreitung von SARS-CoV-2 einzuschränken. Bis Anfang Mai öffneten dann zunächst weiterführende Lehranstalten, danach Grund- und Hauptschulen für ihre jeweiligen Abschlussjahrgänge, bis ab Ende Juni schließlich langsam die Sommerferien begannen.
Im Zuge der teilweisen Wiedereröffnung ergriffen die Schulen eine Reihe von Schutzmaßnahmen, um Ansteckungen unter den Schülern und Lehrern zu begrenzen. Dazu gehörten neben den AHA-Regeln (Tragen von Alltags-Mund-Nase-Bedeckungen, Hygiene wie regelmäßiges Händewaschen, Abstand halten) unter anderem ein versetzter Unterrichtsbeginn, abwechselnder Online- und Präsenzunterricht, die Aufteilung der Klassen in kleinere Gruppen, regelmäßiges Lüften der Klassenzimmer und die Anweisung, dass Schüler und Lehrer, die sich krank fühlen, zu Hause bleiben sollten.
Das Team um Eveline Otte im Kampe von der Abteilung für Infektionsepidemiologie am Robert Koch-Institut in Berlin hat für verschiedene Zeiträume im Frühjahr/Sommer dieses Jahres die im Zusammenhang mit einem Schulbesuch stehenden COVID-19-Ausbrüche untersucht. Dazu zogen die Wissenschaftler die Zahlen der im Labor gesicherten Infektionen heran, die die Gesundheitsämter zwischen dem 31. Januar und dem 31. August an das RKI gemeldet hatten.
Etwa die Hälfte aller Fälle war über 21 Jahre
Insgesamt waren 8841 Ausbrüche (61 540 Patienten) registriert worden, für die Informationen zum Infektionssetting vorlagen. Nur etwas mehr als 0,5 % davon (n = 48) ereigneten sich in Schulen. Und dabei handelte es sich meist um kleine Ausbrüche mit wenigen beteiligten Personen: Insgesamt wurden 216 mit solchen Ereignissen in Verbindung stehende Infektionen gemeldet. Für 175 davon lagen Angaben zur Symptomatik vor. 131 dieser Infektionen verliefen ohne Beschwerden. Fast die Hälfte aller Fälle (n = 102) war mindestens 21 Jahre und gehörte damit höchstwahrscheinlich nicht zur Schülerschaft, sondern zum Lehr- oder sonstigen Personal. Am zweithäufigsten waren die 11- bis 14-Jährigen betroffen (n = 45), gefolgt von den 15- bis 20-Jährigen (n = 39). Nur 30 Erkrankungen traten bei Kindern im Alter zwischen sechs und zehn Jahren auf.
Vor Beginn der Schließungen wurden wöchentlich Ausbrüche in Schulen gemeldet, mit einem Maximum von sechs Ausbrüchen (30 Patienten) in Kalenderwoche 11. Nach der partiellen Wiedereröffnung in Woche 20 kam es ebenfalls nahezu wöchentlich zu neuen Meldungen, aber die jeweiligen Zahlen lagen niedriger als zuvor. Die höchste Zahl (fünf Ausbrüche, 20 Patienten) registrierte man in Woche 28. Im Mittel traten 2,2 Ausbrüche pro Woche auf, mit jeweils vier Fällen. Diese Häufigkeit unterschied sich statistisch nicht von der vor den Schulschließungen (3,3 Ausbrüche mit je sechs Fällen).
Schulschließungen als erheblicher Einschnitt in die Erziehung
Zwar gab es Ausbrüche in Schulen, doch diese waren verhältnismäßig selten und betrafen nur wenige Personen, ordnen die Forscher diese Zahlen ein. Wichtiger als die generelle Schließung von Schulen sei es, Kontakte von Kranken zügig zu ermitteln und die betreffenden Personen ggf. unter Quarantäne zu stellen, um die Weiterverbreitung des Virus aufzuhalten. Da Schulschließungen zudem einen erheblichen Einschnitt in die Erziehung und Bildung von Kindern und Jugendlichen bedeuten, sollten sie als Maßnahme nur äußerst zurückhaltend eingesetzt werden, so das Fazit der Autoren.
Quelle: Otte im Kampe E et al. Euro Surveill 2020; 25: 2001645; DOI: 10.2807/1560-7917.ES.2020.25.38.2001645