Prostataleiden, PMS & Menopausensyndrom Flowerpower für dröge Drüsen

Autor: Dr. Dorothea Ranft

Brennen und andere Harnwegssymptome bei Prostatahyperplasie kann die Brennnesselwurzel (links) lindern. Ein Trockenextrakt aus Mönchspfeffer (Mitte) hilft bei PMS. Die Traubensilberkerze (rechts) ist für menopausale Beschwerden anerkannt.
Brennen und andere Harnwegssymptome bei Prostatahyperplasie kann die Brennnesselwurzel (links) lindern. Ein Trockenextrakt aus Mönchspfeffer (Mitte) hilft bei PMS. Die Traubensilberkerze (rechts) ist für menopausale Beschwerden anerkannt. © 7monarda – stock.adobe.com; ange1011 – stock.adobe.com; marilyn barbone – stock.adobe.com

Gegen prostatabedingte Funktionsstörungen, zur Behandlung prämenstrueller Beschwerden und für das Menopausensyndrom gibt es mittlerweile eine ganze Reihe effektiver Phytopharmaka. Darüber sollte man mit seinen Patienten und Patientinnen reden – ehe diese in Eigenregie zu Nahrungsergänzungsmitteln von zweifelhaftem Nutzen greifen.

Symptome des unteren Harntrakt bei benigner Hyperplasie, das prämenstruelle Syndrom und Beschwerden im Zusammenhang mit der Menopause können den Betroffenen erhebliche Probleme bereiten. Für alle diese Störungen stehen inzwischen erprobte und zugelassene pflanzliche Arzneimittel zur Verfügung, berichtet Prof. Dr. ­Karin ­Kraft vom Zentrum für Innere Medizin an der Universitätsmedizin ­Rostock.

Benigne Prostatahyperplasie

Für den Einsatz von Phytopharmaka bei benigner Prostatahyperplasie und damit einhergehenden Problemen im unteren Harntrakt (Lower Urinary Tract Symptoms, LUTS) spricht deren gute Verträglichkeit, so Prof. ­Kraft. Im Initialstadium der Erkrankung sind die Beschwerden meist leicht und es besteht kein hohes Risiko für ein rasches Fortschreiten. Zudem beruhen 40 bis 60 % der Symptomverbesserungen bei LUTS auf Placeboeffekten. Alpha-1-Rezeptorblocker und 5-Alpha-Reduktasehemmer wirken in den ersten sechs Behandlungsmonaten kaum besser als Scheinpräparate, erklärt die Autorin, verursachen aber mehr Neben­effekte. Studien zeigen, dass Phytopharmaka die Symptome ebenso gut zu lindern vermögen wie chemisch definierte Medikamente. 

Zu den bei LUTS bevorzugt eingesetzten pflanzlichen Arzneimitteln zählen die Dickextrakte aus den Samen des Gartenkürbis (­Cucurbita ­pepo). Sie enthalten im Gegensatz zu anderen Auszügen Delta-7-Sterole in relevanter Konzentration, die die 5-Alpha-Reduktase sowie die Bindung des Dihydrotestosterons (DHT) an den zytoplasmatischen Androgenrezeptor hemmen. 

Das wiederum verringert die Bildung des DHT-Rezeptorkomplexes, der das Prostatawachstum stimuliert. Unerwünschte Effekte beschränken sich auf leichte gastrointestinale Beschwerden. Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln sind nicht bekannt. 

Ebenfalls als Phytotherapeutikum geeignet sind Extrakte aus der Wurzel der Brennnessel (­Urtica ­dioica und U. ­urens). Diese Präparate inhibieren die Aromatase und die 5-Alpha-Reduktase, zudem verringern sie die Bindung von Androgenen an das sexualhormonbindende Globulin (SHBG). Neben leichten gastrointestinalen Nebenwirkungen kann es unter der Therapie zu allergischen Hautreaktionen kommen.

Die Extrakte aus den getrockneten Früchten der Sägepalme (­Serenoa ­repens) wirken über die Reduktion des SHBG und eine Hemmung von Aromatase und 5-Alpha-Reduktase antiandrogen. Die europäische Arzneimittelbehörde (EMA) hat einen Hexanextrakt zur symptomatischen Therapie der benignen Prostatahyperplasie zuge­lassen, ethanolische Auszüge wurden lediglich als traditionelle Arzneimittel registriert. Zu den häufigen Nebenwirkungen zählen Bauch- und Kopfschmerzen, seltener Übelkeit, Exantheme, Transaminasenanstiege und reversible Gynäkomastie. 

Wegen der komplementären Wirkprofile ist bei prostatabedingtem LUTS eine Kombination von ethanolischen Extrakten aus Brennnesselwurzel und Sägepalmenfrucht sinnvoll. In einem Studienreview wirkte diese Therapie ebenso gut wie ­Tamsulosin und ­Finasterid, war hinsichtlich Verträglichkeit und Sicherheit aber überlegen, schreibt Prof. ­Kraft. 

Prämenstruelles Syndrom 

Als prämenstruelles Syndrom (PMS) werden körperliche und psychische Symptome zusammengefasst, die in der Lutealphase beginnen und mit Beginn der Menstruation aufhören. Zur Therapie hat die EMA einen Trockenextrakt aus den Früchten des Mönchspfeffers (­Vitex ­agnus-­castus) als medizinisch anerkannt zugelassen („well-­established use“). Patientinnen, die einen Spezialextrakt einnahmen, zeigten im Vergleich zu Frauen unter Placebo eine zweieinhalbmal höhere Wahrscheinlichkeit für eine Remission.

Bei östrogensensitiven Tumoren und Erkrankungen des Hypophysenvorderlappens darf die Anwendung nur unter ärztlicher Aufsicht erfolgen. Gleiches gilt bei Frauen, die Dopaminagonisten oder -ant­agonisten bzw. Östrogene oder Antiöstrogene einnehmen. Zu den möglichen unerwünschten Effekten zählen schwere allergische Reaktionen, Menstruationsstörungen, Akne und urtikarielle Exantheme. 

Menopausensyndrom 

Zur Therapie von peri- und postmenopausalen Beschwerden wie Hitzewallungen und Hyperhidrose eignen sich die unterirdischen Teile der Traubensilberkerze (­Actaea ­racemosa, Syn.: ­Cimicifuga ­racemosa). Die EMA hat die Anwendung von Präparaten aus dem Wurzelstock der Pflanze als medizinisch anerkannt eingestuft. Allerdings sollten nur zugelassene Medikamente verwendet werden, betont Prof. Kraft, bei Nahrungsergänzungsmitteln sind Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit nicht gewährleistet. Isopropanolische Extrakte sind zu bevorzugen. Bei ausgeprägteren psychischen Beschwerden kann man eine Fixkombination mit niedrig dosiertem Johanniskrautextrakt wählen. 

Die Wirksamkeit isopropanolischer Cimicifuga-Extrakte lässt sich mit niedrig dosiertem transdermalem Östrogen und Tibolon vergleichen, schreibt die Expertin, bei allerdings besserer Verträglichkeit. 
An Nebenwirkungen treten vereinzelt Hautreaktionen, Gesichtsschwellungen, Dyspepsie und Diarrhö auf. Zudem muss man die möglichen Wechselwirkungen des Johanniskrauts beachten. Patientinnen mit Leberfunktionsstörungen sollten Arzneimittel aus der Traubensilberkerze wegen der möglichen Hepatotoxizität nur unter ärztlicher Kontrolle einnehmen. Gleiches gilt für Frauen, die wegen eines östrogenabhängigen Tumors behandelt wurden oder werden. 

Quelle: Kraft K. internistische praxis 2022; 65: 141-151