Knochengesundheit und Diabetes Frakturgefahr liegt im Blut
Der Hauptgrund, weshalb beispielsweise eine Adipositas das Risiko für Knochenfrakturen steigen lässt, liege in den inflammatorischen Effekten eines starken Übergewichts, erklärte Prof. Dr. Nikola Napoli von der Washington University School of Medicine, St. Louis. So gehen jene Entzündungsprozesse, die sich negativ auf die kardiovaskuläre Gesundheit auswirken, auch mit einem Verlust der Knochenmasse einher: „Je höher die Zytokinspiegel im Serum, desto schlechter die Knochenqualität“, brachte es der Referent auf den Punkt.
Erhöhte Insulinspiegel bzw. eine Insulinresistenz wirken sich ebenfalls auf die Knochendichte aus. Einen Anhaltspunkt hierfür geben höhere Werte im HOMA-IR-Index. Allerdings sind nicht nur Menschen mit Typ-2-Diabetes gefährdet, sondern auch bei einem Typ-1-Diabetes ist das Frakturrisiko nicht zu unterschätzen. Im Vergleich zu Stoffwechselgesunden liegen ihre Chancen zum Beispiel für Hüftbrüche fünfmal höher, betonte Prof. Dr. Richard Eastell, University of Sheffield. Mit einem Diabetes Typ 2 sei das Risiko „nur“ um ein Drittel erhöht. Abseits davon vergrößern eine längere Erkrankungsdauer, die glykämische Kontrolle sowie der Gebrauch von Insulin die Frakturwahrscheinlichkeit.
„Die Knochendichte erzählt uns aber nicht die vollständige Geschichte“, so Prof. Eastell weiter. Dass sogar bei gleichen Werten das Frakturrisiko für Menschen mit Diabetes höher liegt, lasse sich vor allem mit Stürzen infolge schwerer Hypoglykämien erklären, wie sie bei der Therapie mit Insulin oder Sulfonylharnstoffen häufiger auftreten. „Diese Stürze sind für etwa 10 % aller Frakturen bei Menschen mit Diabetes verantwortlich.“ Diabetische Neuropathien oder ein eingeschränktes Sehvermögen, die die Wahrscheinlichkeit für Stürze zusätzlich erhöhen, sollten bei der Einschätzung des Frakturrisikos ebenfalls berücksichtigt werden.
Knochen wirken als endokrines Organ auf den Stoffwechsel
Neben dem Einfluss des Glukosestoffwechsels auf die Knochensubstanz scheint es glukoregulatorische Aktivität im Knochen zu geben, wie Dr. Kim Loh vom St. Vincent’s Institute of Medical Research im australischen Melbourne ausführte. „Knochen fungieren als endokrines Organ, das den Glukosestoffwechsel auf verschiedene Arten beeinflusst.“ So wirken die im Knochen gebildeten Hormone Osteocalcin, Lipocalin-2 und Sclerostin auch in Pankreas, Gehirn, Leber, Muskel und weißem Fettgewebe.
Aus Mausmodellen wisse man, dass Osteocalcin die Glukoseaufnahme im Muskel sowie die Betazellfunktion verbessert und die Glukoseausschüttung der Leber hemmt. Einen ähnlichen Effekt hat Lipocalin-2, wohingegen hohe Sclerostinspiegel mit einer verringerten Insulinempfindlichkeit, geringeren Glukoseaufnahme in den Muskeln sowie erhöhter Lipogenese und verschlechterten Betazellfunktion einhergehen.
Quelle: EASD Annual Meeting 2021