Für künstliche Ernährung gibt es keine pflegerische Indikation
Es mangelt nicht an Gründen, die die Nahrungsaufnahme gerade in der Geriatrie zum Problem machen können. Neurologische, onkologische oder endokrine Erkrankungen, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Auch Depression oder Polypharmazie schlagen so manchem auf den Magen.
Gerade in der letzten Lebensphase ihres Patienten erliegen immer noch einige Kollegen der Versuchung, via PEG-Sonde oder parenterale Maßnahmen die Nährstoffzufuhr zu gewährleisten. Die Meinung, der Verzicht auf künstliche Ernährung in der Sterbephase führe zu zusätzlichem Leiden, ist verbreitet. Diese Ansicht lässt sich aber durch Studien und Erfahrungsberichte nicht belegen. Und der Verzicht auf künstliche Ernährung sei keinesfalls gleichzusetzen mit „verhungern lassen“, sagt Professor Dr. Thomas Frühwald, ehemaliger Oberarzt an der Abteilung für Akutgeriatrie des Krankenhauses Hietzing in Wien. Hinzu kommt, dass in Todesnähe Nährstoff- und Flüssigkeitsbedarf abnehmen. „Dann gibt es eher das Problem der Fehlbehandlung und Schädigung durch zu viel Nahrung und Flüssigkeit“, warnt der Kollege.
Kein Vorteil der PEG bei schwer Dementen
Auch bei fortgeschrittener Demenz ist für den Kollegen festzuhalten: „Es gibt keine Evidenz, dass die Patienten durch eine PEG-Sonde einen Nutzen haben.“ Dies gelte sowohl in Hinblick auf die Mortalität als auch die Lebensqualität. Ebenso wenig lässt sich bislang beweisen, dass die nicht orale Nahrungsaufnahme das Risiko für Aspiration, Infektion oder Dekubitus senkt. Stattdessen seien mit ihr oft Komplikationen, Sedierung und freiheitsberaubende Maßnahmen verbunden.
All das führte dazu, dass sich inzwischen die Meinung durchsetzt, die Nahrungsverabreichung als medizinische Therapieform anzusehen. das heißt aber auch, dass sie prinzipiell eine Indikation und die Zustimmung des adäquat informierten Patienten voraussetzt. Eine pflegerische oder institutionelle Indikation zur Verwendung einer PEG-Sonde darf es nicht geben. Zudem gelten die Grundsätze, die man von anderen Therapien kennt: Die Maßnahme soll dem Betroffenen mehr nutzen als schaden, muss medizinischen Standards entsprechen und verlangt die Aufklärung des Kranken.
Um die oft problematische Situation zu entschärfen, empfiehlt Prof. Frühwald, bei sterbenden Patienten rechtzeitig „die Palliativ-Care-Option zu ziehen“. Sie gewährleistet eine einfühlsame und empathische Kommunikation über Betreuungsziele und angemessene Maßnahmen.
Quelle: Frühwald T. Dtsch Med Wochenschr 2018; 143: 1436-1439