Geflochtene Zöpfe verursachten chronisches Hämatom
Ein geschwollener und stark schmerzender Kopf sowie Schwindel trieben ein 11-jähriges Mädchen mit ihren Eltern in die Notaufnahme. Die Symptome bestanden seit einem Tag, ihr Allgemeinzustand war reduziert, Fieber oder ein Trauma lagen nicht vor. Bei diesem Beschwerdebild muss man die Differenzialdiagnose Kindesmisshandlung ausschließen, schreibt ein Team um Maximilian Rodger, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Bethlehem Gesundheitszentrum, Stolberg.
Die Mutter hatte ihrer Tochter zwei Tage zuvor – wie sie es bereits seit vielen Jahren regelmäßig tat – spezielle Zöpfe geflochten, die eng am Kopf anliegen. Aufgrund dieser Frisur ließ sich die Schwellung kaum inspektorisch feststellen. In der palpatorischen Untersuchung imponierte jedoch eine druckdolente, fluktuierende Schwellung, die von den Augenbrauen bis hin zum Nacken und von einem Ohr zum anderen reichte.
Der gesamte Bereich zeigte sich im Ultraschall als nahezu echofreie Flüssigkeitsansammlung mit einer Dicke von etwa 1,5 cm zwischen Schädelkalotte und Sehnenhaube. Im konventionellen Röntgen und in der kranialen MRT ließen sich keine Frakturen detektieren, in Letzterem zeigte sich jedoch ein ausgedehntes chronisches subgaleales Hämatom mit mehrzeitigem Blutungsverlauf.
Die üblichen Laborparameter waren unauffällig, in der erweiterten Diagnostik kam eine leicht angestiegene Aktivität des Faktor VIII zutage, ebenso ein erhöhter Von-Willebrand-Faktor. Die anderen Gerinnungsfaktoren lagen im Normbereich, für eine Gerinnungsstörung gab es keine Hinweise.
Die Kollegen schlossen ein Trauma aus und vermuteten die engen Zöpfe als Ursache für das ausgeprägte subgaleale Hämatom. Als die Patientin trotz suffizienter analgetischer Behandlung weiterhin über Schmerzen klagte, empfahlen sie deshalb, die Frisur zu lösen. Und tatsächlich: Die Beschwerden besserten sich rasch und vollständig. Im Verlauf blieb der Hämoglobinwert stabil, nach fünf Wochen hatte sich das Hämatom komplett zurückgebildet.
Quelle: Roder M et al. Monatsschr Kinderheilkd 2019; 167: 668-671; DOI: 10.1007/s00112-019-0719-z