Genitalwarzen: HPV-bedingte Kondylome breiten sich weiter aus
Humane Papillomviren befallen ausschließlich Epithelien. In neun von zehn Fällen werden die Genitalwarzen durch HPV-Typen mit niedrigem Risiko (HPV-6 und -11) hervorgerufen. Doch bis zu 40 % der Patienten haben eine Koinfektion mit Hochrisiko-Varianten wie HPV-16, die gehäuft mit Karzinomen in Zusammenhang stehen und deren Übertragung durch die Kondylome gefördert wird, erklärte Professor Dr. Gerd Gross, Universität Rostock.
Erste Hinweise auf Genitalwarzen geben kleine makulopapulöse, manchmal auch nur makulöse Veränderungen mit typischen „Gefäßbäumchen“. Multiples Auftreten spricht für die Diagnose. HPV-Infektionen können den gesamten Anogenitalbereich befallen. Umso wichtiger ist es, genau hinzuschauen und bei Warzen am Penis auch die Perianalregion zu inspizieren oder bei einem Vulvabefall auch die Vagina gynäkologisch untersuchen zu lassen.
Lokalisation anogenitaler Warzen
- Frauen: Hintere Kommissur, große und kleine Labien, Introitus vaginae, Vagina und Cervix uteri, Urethra, Perianalregion
- nicht-zirkumzidierte Männer: Präputium, Glans penis, Sulcus coronarius, Frenulum, Urethra, Perianalregion
- zirkumzidierte Männer: Penisstamm, Urethra, Perianalregion
Übertragung durch Rasierklingen möglich
Neben den klassischen Condylomata acuminata gibt es kleinere papulöse Genitalwarzen, die meist pigmentiert sind. Keratotische Warzen fallen durch ihre weiße Farbe auf, flache Genitalwarzen werden oft mit intraepithelialen Neoplasien verwechselt (unbedingt biopsieren!). Bei Frauen finden sich anogenitale Warzen typischerweise am Introitus vaginae, bei nicht-zirkumzidierten Männern ist häufig das Frenulum befallen, bei zirkumzidierten der Penisstamm. Genitalwarzen im Pubisbereich können auch durch infizierte Rasierklingen übertragen werden. Viele Patienten mit Genitalwarzen glauben zunächst, sie hätten Krebs. Diese Furcht kann man ihnen in den meisten Fällen nehmen. Außerdem lassen sich anogenitale Karzinome aufgrund der Vorstufen meist frühzeitig erkennen. Keine Therapie ohne Diagnostik – das gilt auch für Genitalwarzen. An erster Stelle steht die gründliche Inspektion (Lupe, Kolposkopie). Die Essigsäurediagnostik eignet sich vor allem zum Nachweis subklinischer HPV-Infektionen und flacher Warzen. Mit ihrer Hilfe lässt sich die Ausdehnung besser einschätzen, was die Therapie mit Laser oder Elektrokauter erleichtert. Eine Biopsie ist bei sämtlichen unklaren Fällen indiziert. Eine HPV-Typisierung ist bei der Differenzierung zwischen Buschke-Löwenstein-Tumor und verrukösem Karzinom erforderlich. Wichtig ist der Ausschluss anderer sexuell übertragbarer Erkrankungen. Syphilis- und HIV-Serologie sind deshalb ein absolutes Muss. Schließlich lassen sich Lues-bedingte Läsionen wie Condylomata lata optisch oft nicht von Genitalwarzen unterscheiden. Empfohlen wird auch eine gynäkologische Untersuchung bzw. die Urethroskopie beim Mann sowie bei beiden Geschlechtern die Anuskopie. Die Untersuchung und ggf. Therapie der Partnerin bzw. des Partners sollten selbstverständlich sein. Nach der Leitlinie** soll allen Patienten mit anogenitalen HPV-assoziierten Läsionen eine Therapie angeboten werden. Außerdem sollten sie über die Kontagiosität der Infektion und Maßnahmen zur Reduktion des Übertragungsrisikos aufgeklärt werden. Träger intraepithelialer Läsionen müssen zudem die Progressionsgefahr kennen. Die Auswahl des Therapieverfahrens sollten Arzt und Patient gemeinsam treffen. Dabei spielen neben Größe, Zahl und Lokalisation der Läsionen auch die zu erwartende Adhärenz und Begleiterkrankungen (z.B. Immunsuppression) eine Rolle. Behandelt werden sollten nur klinisch manifeste Anogenitalwarzen, nicht solche, die sich z.B. erst mit Essigsäure zeigen. Grundsätzlich gibt es zwei Herangehensweisen: die klassische ärztliche Therapie und die Selbstbehandlung durch den Patienten. Eine Behandlung durch den Arzt ist immer bei schweren, rezidivierenden oder atypischen Läsionen indiziert. Sie kann chirurgisch erfolgen oder mittels Kryotherapie, Elektrokauter oder Laser bzw. durch Verätzen mit Trichloressigsäure. Für die Selbsttherapie eignet sich z.B. Imiquimod 5 %. Es muss über Nacht einwirken und wird über maximal 16 Wochen dreimal in der Woche aufgetragen. Eine Alternative ist 10%iger Catechin-Extrakt, der aus grünem Tee gewonnen wird. Er wird ebenfalls dreimal täglich über maximal 16 Wochen appliziert. Die dritte Option zur Selbstbehandlung ist Podophyllotoxin 0,5 %, das zweimal täglich an drei Tagen einer Woche für höchstens vier Wochen angewendet wird.Mindestens sechsmonatige Nachsorge nach Therapie
Große Unterschiede gibt es bei den Rezidivraten. Mit Podophyllotoxin kommt es durchschnittlich bei etwa einem Drittel der Behandelten zu neuen Genitalwarzen. Nach einer Therapie mit Imiquimod muss man in 18 % mit Rückfällen rechnen, mit Catechin sind es nur 8 %. Podophyllotoxin hat außerdem den Nachteil, dass die Zerstörung der Genitalwarzen mit schweren Lokalreaktionen und Gewebeschäden einhergeht. Wenn trotz empfohlener Therapieverfahren wiederholt Rezidive auftreten, plädieren die Leitlinien-Autoren für eine kombinierte sequenzielle Behandlung. Dabei erfolgt zunächst eine chirurgische Sanierung, anschließend eine Nachbehandlung mit 5%iger Imiquimod-Creme oder 10%iger Sinecatechin-Salbe, beides über maximal 16 Wochen. Allerdings liegen zu diesem Vorgehen noch keine eindeutigen Studienergebnisse vor. Im Anschluss an die Behandlung anogenitaler Warzen ist eine mindestens sechsmonatige Nachsorge dringend erforderlich. Bei Immunsupprimierten und bei HIV-Positiven soll die Nachsorge sogar lebenslang erfolgen. Denn bei ihnen ist das Risiko für Rezidive und für die Manifestation von Karzinomen besonders hoch. Außerdem ist spätestens jetzt eine Diagnostik bei den Sexualpartnern geboten.Quelle: DERM 2019*
* Fachtagung Dermatologische Praxis
** AWMF-Registernummer 082-008