Intraorbitale Raumforderungen In der Höhle ist für vieles Platz
Die Orbita wird von acht knöchernen Strukturen begrenzt und enthält Bulbus, Augenmuskeln, Faszien, Tränendrüsen, Nerven – z.B. den N. opticus – und Gefäße. Raumforderungen in der Augenhöhle sind mit einer Rate von 1/1.600.000 Einwohnern (Quelle: Tumorregister Saarland) selten, aber operationstechnisch sehr herausfordernd. Meist verlangen sie das Geschick mehrerer Fachdisziplinen.
Je nach Lokalisation, Größe und Entität der Tumoren unterscheiden sich die Symptome, schreiben Stabsarzt Lennart Schmidt von der Klinik XII – Neurochirurgie am BundeswehrZentralkrankenhaus Koblenz und Kollegen. Zum Spektrum gehören Exophthalmus +/-Trockenheit des Auges, Visusminderung, Doppelbilder, Schmerzen, Tränenfluss und schlimmstenfalls Erblindung.
Schmerzen sprechen eher für ein malignes Geschehen
Die Neoplasien können vom intraorbitalen Gewebe selbst ausgehen oder sekundär entstehen, z.B. durch Infiltration oder Metastasierung. So findet man u.a. Optikusgliome, Lymphome oder Rhabdomyosarkome.
Die Tumoren der Orbita
- Intrakonalraum: Dieser konisch zulaufende Raum liegt dorsal des Bulbus innerhalb der geraden Augenmuskeln, hier verlaufen der N. opticus, die A. ophthalmica, die Vv. ophthalmicae sup. et int. sowie die Nn. ciliares breves, alle eingebettet in intraorbitales Fett
- extrakonaler Raum: Er reicht von den Augenmuskeln bis an das Periost der Orbita
- subperiostaler Raum: liegt unterhalb des Periosts
- präseptaler Raum: Bereich vor dem Septum orbitale
Fall 1
Eine 64-Jährige klagte über Schmerzen im linken Auge mit zunehmendem Exophthalmus, Kopfschmerzen und Schwindel. Die Bildgebung zeigte ein laterales Keilbeinflügelmeningeom mit Arrosion von Os sphenoidale und zygomaticum im Orbitabereich. In Zusammenarbeit mit der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (MKG) konnte der Tumor in toto reseziert werden, die anschließende Rekonstruktion der Augenhöhle mittels Titan-Mesh führte das Team der MKG durch.Fall 2
Bei einer 24-Jährigen war eine zystische Veränderung der rechten lateralen Orbitawand bekannt, man vermutete eine Dermoidzyste. Wiederholt entleerte sich daraus über einen Hautporus Eiter. Größe und Sekretion nahmen im Verlauf zu und es kam zur Fistelbildung nach außen. MRT und CT zeigten, dass der intraossäre Anteil zugenommen hatte, der Knochen wurde zunehmend arrodiert. Die Ärzte entschlossen sich daher zur operativen Entfernung, die vollständig gelang. Der Verdacht auf eine Dermoidzyste bestätigte sich histologisch.Fall 3
Binnen zwei Wochen entwickelte eine 71-Jährige einen Exophthalmus links mit Lateralverlagerung des Augapfels und Epiphora, begleitet von retrobulbären Schmerzen und einem Druckgefühl. 2018 war bei der Frau ein duktales Mammakarzinom diagnostiziert und mittels Teilablatio sowie adjuvanter Radiochemotherapie behandelt worden. In der Schnittbildgebung stellte sich nun eine 33 x 17 x 19 mm große Raumforderung medial der linken Orbita dar, die stark Kontrastmittel aufnahm (s. Abb. 1). Weitere suspekte Befunde sah man im Achsenskelett sowie in axillären, mediastinalen und retroperitonealen Lymphknoten.Die Ärzte entschlossen sich zunächst zu einer Biopsie, die man in der HNO-Klinik endonasal endoskopisch durchführte. Histologisch ließ sich der Verdacht auf Metastasen des Mammakarzinoms verifizieren. Die Patientin erhielt eine onkologische Weiterbehandlung, darunter verkleinerte sich die Orbitaabsiedlung innerhalb von zwei Monaten auf ein Drittel der ursprünglichen Größe.
Fall 4
Fall 5
Quelle Text und Abb.: Schmidt L et al. Wehrmedizinische Monatsschrift 2021; 65: 199-205 © Beta Verlag & Marketinggesellschaft mbH, Bonn