Komplexer Zusammenhang zwischen Typ-2-Diabetes und Brustkrebsrisiko
Das Risiko für – vermeintlich – diabetesbedingte Mammakarzinome scheint sich aus verschiedenen Pathomechanismen zu speisen. Einerseits führt ein Typ-2-Diabetes vermutlich zu einer Aktivierung von Insulin-Like-Growth-Factor-Rezeptoren in den Brustepithelien, erläutern der Epidemiologe Dr. Yong-Moon Park vom National Institutes of Health, Research Triangle Park, und Kollegen. Andererseits verändern Insulinresistenz und Hyperinsulinismus wohl den Geschlechtshormonspiegel. Mit Metformin lassen sich die erhöhten Insulinkonzentrationen im Blut korrigieren und gleichzeitig die Insulinsensitivität verbessern. Geht man von einer kausalen Beziehung aus, müsste in der Folge auch das Tumorrisiko sinken.
Etwa 2700 von 44.500 Frauen entwickelten Brustkrebs
Um diese Hypothese zu prüfen, analysierten die Forscher Daten von 44.541 Frauen aus der Sister-Studie. Die prospektive Untersuchung aus den Jahren 2003–2009 umfasst Angaben von insgesamt mehr als 50.000 US-Amerikanerinnen und Puerto Ricanerinnen im Alter zwischen 35 und 74 Jahren, die zwar nicht selbst an Brustkrebs erkrankt waren, jedoch mindestens eine (Halb-)Schwester mit positiver Diagnose hatten. Nach einem umfassenden Basischeck gaben die Teilnehmerinnen im Studienverlauf jährlich Auskunft über ihren Gesundheitszustand und mögliche Behandlungen.
Bereits beim Erstkontakt litten 3227 Frauen (7,2 %) an einem Typ-2-Diabetes, weitere 2389 (5,3 %) erkrankten bis 2009. Fast zwei Drittel von ihnen gaben an, bereits Metformin erhalten zu haben. In der medianen Nachbeobachtung von 8,6 Jahren kam es zudem zu 2678 Diagnosen eines Mammakarzinoms.
Dabei konnten die Forscher zwar keine signifikante Assoziation zwischen der Stoffwechselstörung und einem allgemeinen Brustkrebsrisiko erkennen (Hazard Ratio [HR] 0,99; 95%-KI 0,87–1,13). Allerdings erkrankten Patientinnen mit Typ-2-Diabetes etwas häufiger an triple-negativen Tumoren (HR 1,40; 95%-KI 0,90–2,16).
Im Vergleich zu stoffwechselgesunden Frauen ließ sich ferner kein signifikanter Zusammenhang zwischen den mit Metformin Behandelten und dem Mammakarzinomrisiko ausmachen (HR 0,98; 95%-KI 0,83–1,15). Letztere wiesen allerdings ein leicht erhöhtes Risiko für Östrogenrezeptor(ER)-negative Tumoren (HR 1,25; 95%-KI 0,84–1,88) sowie eine signifikant gestiegene Wahrscheinlichkeit für triple-negative Mammakarzinome auf (HR 1,74; 95%-KI 1,06–2,83).
Dagegen erkrankten Patientinnen mit Metformintherapie etwas seltener an einem ER-positiven Tumor (HR 0,86; 95%-KI 0,70–1,05) – wobei der protektive Effekt bei einer Behandlungsdauer von mindestens zehn Jahren sogar noch zunahm (HR 0,62; 95%-KI 0,32–1,01).
Unterschiedliche Pathogenese könnte eine Rolle spielen
Das Antidiabetikum scheint Frauen mit Diabetes also vor ER-positiven, aber nicht vor ER-negativen sowie triple-negativen Mammakarzinomen zu schützen, schlussfolgern die Autoren. Eine potenzielle Erklärung: Möglicherweise entwickeln sich die Entitäten auf unterschiedliche Weise oder Metformin beeinflusst die molekulare Tumorevolution, indem es die Östrogenrezeptor-Expression unterdrückt.
Quelle: Park YM et al. Ann Oncol 2021; 32: 351-359; DOI: 10.1016/j.annonc.2020.12.008