Todesursache: Krebs Klassisches Bild der Diabeteskomplikationen wandelt sich

Autor: Dr. Miriam Sonnet

Jährlich erhalten in Deutschland rund 500.000 Menschen die Diagnose Typ-2-Diabetes. Jährlich erhalten in Deutschland rund 500.000 Menschen die Diagnose Typ-2-Diabetes. © Syda Productions – stock.adobe.com

Die Sterblichkeit von Menschen mit Typ-2-­Diabetes hat sich in den vergangenen 25 Jahren um 30–35 % verringert, berich­tete Prof. Dr. Wolfgang Rathmann vom Deutschen Diabetes Zentrum in Düsseldorf. „Teilweise sank die Mortalität dabei sogar stärker als in der Allgemeinbevölkerung“, so der Referent. 

Ein Nachteil sei aber, dass diese Ergebnisse nur aus hoch entwickelten Ländern stammen – aus Schwellenländern, die die größte Zahl an Personen mit Zuckerkrankeit aufweisen, gebe es keine Langzeituntersuchungen, sodass man nicht sagen könne, ob diese positiven Entwicklungen dort auch zu sehen sind. In Deutschland existieren keine repräsentativen bundesweiten Daten zu den Mortalitätstrends, sagte der Experte weiter. Daher stellte er eine Studie aus Dänemark vor, die darauf hindeutet, dass sich die kumulative Inzidenz kardiovaskulärer Todesfälle bei Menschen mit und ohne Diabetes von 1996 bis 2011 reduziert hatte. 

Weniger ischämische Herzerkrankungen

Die Differenz der kardiovaskulären Sterblichkeit zwischen Personen mit und ohne Diabetes sank von 2,7 % auf 0,5 %. Grund sei u.a. die Gabe präventiver Medikamente, die sich im genannten Zeitraum erhöhte.

Ähnliche Ergebnisse kommen aus Großbritannien. Forschende untersuchten von 2001 bis 2018 die zehn häufigsten Todesursachen. Der stärkste Rückgang zeigte sich für ischämische Herzerkrankungen: Bei Diabetespatient:innen verglichen mit Menschen ohne Zuckerkrankheit verringerte sich die Sterberate um -7,2 vs. -4,4 pro 1.000 Personenjahre. 

Auch die Zahl der Krebstodesfälle sank in beiden Populationen, allerdings war mit -0,5 bzw. -2,1 ein stärkerer Rückgang in der nicht-diabetischen Bevölkerung zu beobachten. Hinsichtlich der mit der Zuckerkrankheit assoziierten Krebsarten – kolorektales und Pankreaskarzinom sowie Leber-, Gallenblasen-, Brust- und Endometriumtumoren – verzeichneten die Wissenschaftler:innen nur einen sehr geringen Abfall der Mortalität von 0,5 und 0,2 Todesfällen. Dies wiederum erhöhte den Anteil der Sterbefälle von nicht mit Diabetes assoziierten Krebsarten von 22 % auf 28 %. 

Diabetes und Adipositas fördern verschiedene Tumoren

„Ein ähnlicher Trend fand sich in der nicht-diabetischen Bevölkerung“, so der Referent. „Krebsleiden sind also jetzt für einen größeren Anteil der Todesfälle verantwortlich als Gefäßkrankheiten. Das gilt sowohl für Menschen mit als auch für solche ohne Diabetes.“

In einer weiteren Analyse wurden die attributalen Risiken verschiedener Tumorerkrankungen untersucht. Das Bild in Bezug auf Diabetes und Adipositas war sehr heterogen: Während sich für die Zuckerkrankheit ein hohes attributales Risiko für hepatozelluläre und Pankreaskarzinome herausstellte, zeigte sich dieses bei der Fettleibigkeit für kolorektale, Gallenblasen-, und Brusttumoren.

„Gesundheitliche Probleme ebenfalls gut managen“

Das klassische Bild der makro- und mikrovaskulären Diabeteskomplikationen ändere sich, schlussfolgerte Prof. Rathmann. Es kämen weitere hinzu, und zwar nicht nur Krebs, sondern auch Demenz, Infektionen, Depressionen sowie Leber- und Lungenerkrankungen. „Die Herausforderung für uns alle in der Forschung wird sein, sicherzustellen, dass wir diese gesundheitlichen Probleme ebenso gut managen wie die kardiovaskulären Erkrankungen.“ Es müssten geeignete Präventions- und Screeningmaßnahmen entwickelt werden, um das Krebsrisiko bei Dia­betes zu senken.

Quelle: Rathmann W. Diabetes-Kongress 2022; Diabetes und Krebsvorsorge

Diabetes-Kongress 2022