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Erhöhte Leberwerte Laborauffälligkeiten klärt jede Praxis anders ab

Autor: Dr. Judith Lorenz

Eine frühzeitige und konsequente Identifizierung und Abklärung unklarer Leberwerterhöhungen ist in der Hausarztpraxis gegenwärtig nicht immer möglich oder die Regel. Eine frühzeitige und konsequente Identifizierung und Abklärung unklarer Leberwerterhöhungen ist in der Hausarztpraxis gegenwärtig nicht immer möglich oder die Regel. © PIC4U – stock.adobe.com
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Leberwerterhöhungen sind ein häufiger Zufallsbefund. Da entsprechende Diagnostikleitlinien fehlen, bleibt das weitere Vorgehen jedem Allgemeinmediziner selbst überlassen. Und das unterscheidet sich zwischen den Praxen deutlich, ergab eine Befragung.

Häufige Ursachen erhöhter Leberwerte sind Alkoholabusus, Medikamenteneinnahme, die nichtalkoholische Leberverfettung sowie Virushepatitiden, erläutern Dr. Julian Wangler und Prof. Dr. Michael Jansky vom Zentrum für Allgemeinmedizin und Geriatrie der Universitätsmedizin Mainz. Damit lebensbedrohliche Erkrankungen frühzeitig erkannt und behandelt werden können, ist eine systematische Abklärung wichtig. Dies gestaltet sich in der Hausarztpraxis allerdings angesichts von Zeit- und Ressourcenknappheit häufig schwierig. Wie Hausärzte bei der Einordnung und Abklärung (unklarer) Leberwerterhöhungen vorgehen, welche Schnittstellenprobleme zu Fachärzten bestehen und welches Verbesserungspotenzial besteht, untersuchten die beiden Forscher mithilfe einer Querschnittserhebung, an der 2.701 Hausärzte aus Hessen und Baden-Württemberg teilnahmen.

Terminengpässe bei den Spezialisten sind ein Problem

Die Befragten schätzen, dass durchschnittlich 19 % ihrer Patienten von einer Leberwerterhöhung betroffen sind. Bezüglich der Abklärung hepatischer Erkrankungen stellten die Autoren ein heterogenes Vorgehen der Allgemeinmediziner im Hinblick auf die Beachtung von (Warn-)Symptomen sowie die Bevorzugung von Laborparametern bzw. -konstellationen fest. Bei mäßig erhöhten Leberwerten halten 59 % der Befragten zunächst ein abwartendes Vorgehen mit erneuter Laborkontrolle für vertretbar, wobei die Bereitschaft zum Zuwarten bei Ärzten in Landgemeinden deutlich höher ist als bei Ärzten aus Großstädten. Die Praxis sieht jedoch anders aus: Nur 32 % der Befragten haben bei einer entsprechenden Konstellation eigenen Angaben zufolge tatsächlich konsequent zugewartet, 36 % haben den Patienten dagegen unmittelbar zum Facharzt oder in eine Spezialambulanz überwiesen.

Bei der Zusammenarbeit mit den Spezialisten erleben die Zuweiser zahlreiche Hindernisse wie fachärztliche Terminengpässe oder die Verfügbarkeit gastroenterologischer Spezialisten. Auch Schwierigkeiten in der interdisziplinären Kommunikation und der Arzt-Patient-Kommunikation monieren sie.

Eine frühzeitige und konsequente Identifizierung und Abklärung unklarer Leberwerterhöhungen ist in der Hausarztpraxis gegenwärtig nicht immer möglich oder die Regel, schlussfolgern die Forscher. Um die Effektivität der primärärztlichen Versorgung zu steigern, empfehlen sie, die Diagnostik zu professionalisieren und zu vereinheitlichen. Auch die Zusammenarbeit mit gastroenterologischen Spezialisten müsse verbessert werden. Das wäre auch im Sinne der Hausärzte: Die Mehrzahl von ihnen wünscht sich einen strukturierten, evidenzbasierten Diagnose- und Therapiealgorithmus bzw. eine explizit hausarztkonforme S3-Leitlinie, einen Ausbau der Fortbildungsmöglichkeiten sowie eine Erweiterung der Laboruntersuchungen im Rahmen der Gesundheitsuntersuchung ab dem 35. Lebensjahr.

Quelle: Wangler J, Jansky M. Z Gastroenterol 2022; 60: 1203-1211; DOI: 10.1055/a-1213-6491