Klima macht Rheuma Mehr Schübe und Erkrankungen durch verschmutzte Luft und höhere Temperaturen

DGRh 2024 Autor: Dr. Sonja Kempinski

Zahlreiche Studien konnten bereits eine Assoziation zwischen Luftverschmutzung und Rheuma belegen. Zahlreiche Studien konnten bereits eine Assoziation zwischen Luftverschmutzung und Rheuma belegen. © kieferpix – stock.adobe.com

Der Klimawandel stellt die größte Bedrohung für die globale Gesundheit im 21. Jahrhundert dar – so hat es eine Lancet-Kommission schon 2009 formuliert. Dabei kommen direkte und indirekte Effekte zum Tragen. Bezüglich rheumatischer Erkrankungen ist der Einfluss von Luftverschmutzung und Temperaturanstieg am besten untersucht, berichtete PD Dr. Dirk Holzinger vom Universitätsklinikum Essen. 

Was die möglichen Mechanismen angeht, werden verschiedene Hypothesen diskutiert. Feinstaub und Hitze können beispielsweise eine Immundysfunktion bewirken. Im Arthrose-Tiermodell war eine Feinstaubexposition mit einer erhöhten Zytokinexpression (TNF-a, IL-1B, IL-6) assoziiert. Luftverschmutzung und UV-Exposition können zu oxidativem Stress führen und epigenetische Veränderungen in Signaltransduktionswegen auslösen. Nachgewiesen hat man dies z. B. schon beim systemischen Lupus erythematodes.

Erhöhte Inzidenz von Kollagenosen und Lupus

Auch wenn die genauen pathogenetischen Wege noch nicht klar sind: Eine Assoziation zwischen Luftverschmutzung und Rheuma wurde in zahlreichen Studien belegt. In einer italienischen Arbeit war die PM10-Exposition mit einer höheren Prävalenz von Rheumatoider Arthritis (RA), eine PM2,5-Exposition mit einer höheren Prävalenz für RA und Kollagenosen assoziiert. Zwei kanadischen Untersuchungen zufolge erhöht eine PM2,5-Exposition außerdem die Wahrscheinlichkeit, eine systemische Autoimmunerkrankung zu entwickeln. Auch in Taiwan fand sich ein (gering) erhöhtes RA-Risiko bei PM2,5-Belastung. Ein erhöhtes Lupusrisiko war dort mit einer Langzeitexposition von NO2 assoziiert.

In Kanda und den USA stieg die Gefahr, eine RA zu entwickeln, wenn die Menschen nahe an einem Highway wohnten. Weitere Studien fanden Zusammenhänge mit Luftverschmutzung und einem erhöhten Risiko für das Kawasakisyndrom, juvenile idiopathische Arthritis oder pulmonalen Hochdruck bei rheumatischen Erkrankungen.

Belegt ist zudem, dass nicht nur die Inzidenz, sondern auch die Krankheitsaktivität entzündlich-rheumatischer Erkrankungen vom Klima beeinflusst wird. Luftverschmutzung und extreme Hitze führen zu mehr Krankheitsschüben und Akutbehandlungen, sagte Dr. Holzinger. Und zwar weltweit: In Korea erhöhten hohe PM10-Werte die Wahrscheinlichkeit, wegen eines Gichtanfalls die Notaufnahme aufsuchen zu müssen. In Hongkong waren hohe Temperaturen mit vermehrten Lupusschüben assoziiert. In Italien führte eine verstärkte Luftverschmutzung zu höheren CRP-Werten und Schüben bei RA-Betroffenen. SO2 und PM2,5 waren in Chile mit einer erhöhten Hospitalisierungsrate von SLE-Patientinnen und -patienten assoziiert. In China mussten Sjögren-Betroffene bei hohen NO2- und CO-Werten vermehrt die Klinik aufsuchen. Auch auf die Therapie hat das Klima einen Einfluss: Eine italienische Arbeitsgruppe konnte zeigen, dass hohe NO-Konzentrationen im Straßenverkehr mit einem Biologikaversagen einhergehen.

Quelle: Deutscher Rheumatologiekongress 2024