Neurodermitis bei Kindern: Kortikoide nicht immer korrekt angewendet

Autor: Dr. Elke Ruchalla

So manche Eltern von Kindern mit atopischer Dermatitis wenden die Kortison­salbe unzureichend an. So manche Eltern von Kindern mit atopischer Dermatitis wenden die Kortison­salbe unzureichend an. © Science Photo Library/MID ESSEX HOSPITAL SERVICES NHS TRUST

Trotz topischer Kortikosteroide will die atopische Dermatitis eines Kindes einfach nicht abklingen. Die Eltern­ sehen schon ein Therapieversagen. Aber vielleicht liegt es ja gerade an ihnen, dass die Salbe „nichts bringt“.

Bei Kindern mit atopischer Dermatitis gelten topische Kortikosteroide nach wie vor als Medikament der ersten Wahl. Spricht die Behandlung den Eltern (und dem klinischen Befund) zufolge nicht an, sollte man zunächst vier Dinge eruieren, rät Dr. Jin Ho Chong vom Raffles Children’s Centre am Raffles Hospital in Singapur:

  • Wie wurden die Salbe oder Creme aufgetragen?
  • Reicht die Potenz des Kortikosteroids?
  • Werden Emollienzien eingesetzt?
  • Gibt es externe Faktoren, die ein Aufflammen triggern könnten?

Aus Angst vor Nebenwirkungen tragen einige Eltern die Präparate zu dünn, zu selten oder nicht lange genug auf. Auch manche Ärzte teilen diese Sorgen und sind evtl. zögerlich bezüglich der empfohlenen Applikationsmenge, der Dosierung oder der Therapiedauer. Dabei macht ein korrekter, umsichtiger Einsatz sowohl systemische Komplikationen als auch lokale Reaktionen wie eine Hautatrophie sehr unwahrscheinlich, schreibt der Kollege. Patienten und deren Angehörige brauchen eine emotionale Unterstützung und müssen gut über die chronisch-rezidivierende Erkrankung aufgeklärt werden.

Cremen, bis man eine ununterbrochene Schicht sieht

Zum Eincremen wird mitunter die „Fingerspitzen-Einheit“ empfohlen. Darunter versteht man die Menge, die ein Erwachsener von der Fingerspitze bis zur Hautfalte des distalen Interphalangealgelenks auftragen kann. Diese Portion soll dann ein Areal so groß wie zwei Handflächen abdecken. Wegen der unterschiedlich großen Läsionen kommen die Betreuenden damit aber oft nicht zurecht. Folgende Anweisung eignet sich besser: „Schmieren Sie so viel drauf, bis Sie eine ununterbrochene glänzende Schicht auf der betroffenen Haut sehen.“

Nach spätestens fünftägiger Therapie müsste laut dem Experten eine deutliche klinische Besserung zu sehen sein – vorausgesetzt, die Potenz des Kortikosteroids stimmt. Klasse-I-Topika kommen eher für kleine Kinder, bei großflächigen Ekzemen auf dünner Haut (z.B. Gesicht) und bei leichten Läsionen von älteren Kindern infrage. Stärker wirksame Präparate helfen bei akuten, ausgeprägten Läsionen und auf dicker Haut (z.B. Handflächen). Die Applikation erfolgt so lange, bis die Haut weich und nicht gerötet erscheint und der Juckreiz verschwunden ist.

Emollienzien bilden sowohl im akuten Schub als auch zur Erhaltung die Basis der Therapie. Ihr Gebrauch lindert Symptome, beugt Schüben vor und geht mit einem steroidsparenden Effekt einher. In welchem zeitlichen Abstand zum topischen Kortikoid Creme, Lotion und Co. am besten aufgetragen werden sollten, ist allerdings noch unklar. 

Neurodermitis-Mimics

  • Tinea corporis/capitis
  • Scabies
  • Ekzema herpeticatum
  • seborrhoisches Ekzem
  • Psoriasis (Plaques, pustulös oder guttata)
  • Hyper-IgE-Syndrom
  • Zinkmangel
  • neonataler Lupus
  • Langerhans-Zell-Histiozytose
  • Mycosis fungoides

Bei persistierenden Ekzemen potenzielle Trigger suchen

Hat sich nach ein bis zwei Wochen keine klinische Besserung eingestellt, erfolgt eine Reevaluation (korrekte Anwendung und Potenz?). Bei persistierenden oder wiederkehrenden Ekzemen gilt es, limitierende Trigger abzuklären, z.B. Hitze/Schweiß, Stress, Kontakt- bzw. Nahrungsmittelallergene sowie kutane Superinfektionen. Und natürlich darf auch die Diagnose hinterfragt werden, insbesondere bei Gedeihstörungen der Kinder, atypischen Läsionen oder rezidivierenden schweren Infektionen. Zahlreiche Krankheiten können wie eine atopische Dermatitis daherkommen (s. Kasten). Grundsätzlich sollte man unter diesen Umständen einen Facharzt hinzuziehen.

Quelle: Chong JH et al. BMJ 2021; 372: n297; DOI: 10.1136/bmj.n297