Poplitealarterien-Aneurysma: Endovaskuläre Therapie eher für Hochrisikopatienten
Mehr als 90 % der Patienten mit einem Poplitealarterien-Aneurysma (PAA) sind Männer. Als weitere Risikofaktoren neben dem männlichen Geschlecht gelten Nikotinabusus, Hypertonie und ein Alter über 65 Jahre. Das PAA tritt häufig beidseitig auf und wird von Gefäßaussackungen in anderen Körperregionen begleitet. Deshalb ist beim Nachweis ein Screening von Aorta und Extremitätenarterien obligat, betont Dr. Frank-Peter Pfabe vom Asklepios-Klinikum Uckermark in Schwedt. Vor allem bei ungewöhnlich jung erkrankten Patienten sind Differenzialdiagnosen wie ein Kompressionssyndrom der A. poplitea und seltene Ursachen, etwa Vaskulitis, M. Behçet oder Infektionen, auszuschließen.
Baker-Zyste und Hämatom als Differenzialdiagnosen
Nur etwa zwei Drittel der poplitealarteriellen Aneurysmen verursachen im Verlauf Symptome. Diese ähneln dann meist den typischen PAVK-Beschwerden. Embolisation und Thrombosierung sind die häufigsten und gefährlichsten Komplikationen, sie können jederzeit zum Extremitätenverlust führen. Rupturen hingegen ereignen sich im Vergleich zu aortoiliakalen Gefäßaussackungen eher selten (ca. 2,5 % der Fälle).
Typisch für das PAA ist eine tastbare pulsierende Schwellung im Bereich der Kniekehle. Auch unspezifische Schmerzen, ein Phlebödem durch Einengung der Begleitvene und neurologische Beschwerden aufgrund einer Kompression von z.B. N. peroneus oder N. tibialis können auf die Gefäßveränderung hinweisen.
Die Indikation zur Therapie lässt sich meist schon anhand des Ultraschallbefundes stellen. Ankle-Brachial-Index (ABI) und schmerzfreie Gehstrecke erlauben eine Einschätzung des Abstroms in den Unterschenkel. CT- und MR-Angiographie ermöglichen die Abgrenzung von Differenzialdiagnosen wie einer Baker-Zyste, entzündlichen oder malignen Raumforderungen oder einem Hämatom.
Brisante Komplikationen erfordern eine sofortige Ausschaltung des Aneurysmas – ungeachtet seiner Ausdehnung. Ansonsten wird eine Therapie ab einem Durchmesser von 2,0 cm empfohlen, weil jenseits dieser Grenze das Risiko für Rupturen und andere Gefäßereignisse steigt. Arterielle Erweiterungen mit thrombotischem Randsaum sollten unabhängig von ihrer Größe behandelt werden.
Bis dato therapeutischer Goldstandard ist die offene chirurgische Behandlung mit einem Gefäßinterponat oder Bypass – vorzugsweise unter Verwendung von venösem Material. Die Qualität des kruralen Abstroms bestimmt maßgeblich, ob die Gefäßversorgung offen bleibt.
Flow-Diverter wohl gut für kleine Aneurysmen geeignet
Als Alternative zur offenen Operation kommt eine endovaskuläre Rekonstruktion in Betracht. Mangels valider Daten ist diese Methode beim poplitealen Aneurysma allerdings noch nicht standardisiert. Die Entscheidung für diesen Eingriff hängt also von der klinischen Situation im Einzelfall ab. Verwendet werden neben gecoverten Stents auch spezielle Bare-Metal-Stents (z.B. Flow-Diverter) – vorausgesetzt, die Gefäßanatomie eignet sich dafür. Die bedeckten „Gefäßschienen“ begeben sich allerdings nicht selten auf Wanderschaft oder es kommt zu Stentthrombosen bzw. -frakturen, die eine erneute Intervention erfordern. Als vielversprechend bezeichnete Dr. Pfabe dagegen erste Ergebnisse zum Einsatz des Flow-Diverters bei kleineren, sacciformen Aneurysmen.
Junge aktive Patienten versorgt der Gefäßspezialist nach wie vor bevorzugt offen – unabhängig von den anatomischen Gegebenheiten. Endovaskuläre Verfahren werden heute vor allem bei Hochrisikopatienten genutzt oder falls kein Venenmaterial zur Verfügung steht.
Quelle: Pfabe F-P. Zeitschrift für Gefäßmedizin 2020; 17: 5-12