Aortenaneurysma: Frauen in der Versorgung benachteiligt
Daten aus klinischen Studien lassen vermuten, dass abdominelle Aortenaneurysmen bei Frauen anders behandelt werden als bei Männern. Das Team um die Gesundheitswissenschaftlerin Niveditta Ramkumar vom Dartmouth Institute for Health Policy & Clinical Practice in Lebanon, USA, wertete jetzt entsprechende Register und Versicherungsdaten aus.
Die Forscher untersuchten retrospektiv mehr als 16 000 Behandelte über 65 Jahre, bei denen zwischen 2003 und 2015 ein Aortenaneurysma versorgt worden war. Rund 12 000 davon waren Männer. Die Frauen waren im Schnitt etwas älter, sie rauchten häufiger und wiesen kleinere Aneurysmen auf.
Höhere Mortalität nach endovaskulärer Reparatur
Bei gut einem Viertel der Patientinnen hatte man das erweiterte Gefäßsegment chirurgisch per Laparotomie ausgeschaltet (statt über die von den Leitlinien empfohlene endovaskuläre Intervention) – jedoch nur bei etwa einem Sechstel der Männer. Nach Korrektur für statistische Störfaktoren lag bei Frauen die Wahrscheinlichkeit für eine offene OP immer noch um etwa zwei Drittel höher als bei den Männern (Risk Ratio 1,65).
Auch hinsichtlich Letalität zogen Patientinnen den Kürzeren: Zwar ähnelten sich die Zehn-Jahres-Überlebensraten beim klassischen Vorgehen, nach dem endovaskulären Eingriff lagen sie bei Frauen jedoch deutlich niedriger (23 % vs. 37 %). Die höhere Sterberate bei Frauen ging, wie die Mediziner bei der weiteren Analyse herausfanden, vor allem auf die höhere Sterblichkeit nach elektiver endovaskulärer Ausschaltung und nach offenen Notfalleingriffen bei Rupturen zurück.
Keine passenden Stentgrafts für Frauen?
Da der Trend insgesamt Richtung endovaskulärer Aortenreparatur geht, sind die beobachteten Geschlechterunterschiede bei diesem Verfahren bedenklich, so die Autoren. Über die Ursachen der Differenzen könne man derzeit nur spekulieren. Möglicherweise existieren für Frauen einfach keine passenden Stentgrafts, da sich ihre Befunde anatomisch oft komplexer präsentieren – z.B. mit einem kürzeren und schmaleren Aneurysmahals.
Quelle: Ramkumar N et al. JAMA Netw Open 2020; 3: e1921240; DOI: 10.1001/jamanetworkopen. 2019.21240