Leitlinie zum Aneurysma-Screening legt Kontrollintervalle fest
Grundsätzlich soll die sonographische Früherkennung des abdominellen Aortenaneurysmas (AAA) allen Männern im Alter über 65 Jahre empfohlen werden, schreibt die Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin (DGG) in ihrer Guideline. Auch Frauen wird zum Aortenscreening geraten, wenn sie über 65 Jahre alt sind und rauchen oder früher geraucht haben. Nichtraucherinnen mit fehlender Familienanamnese raten die Gefäßexperten dagegen von der Untersuchung ab. Erwogen werden darf diese aber wegen des erhöhten Risikos bei Geschwistern 1. Grades von Patienten mit AAA.
Den Nutzen des Screenings hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) für die älteren Männer positiv bewertet. Grundlage dieser Einschätzung waren vier randomisierte, kontrollierte Studien (RCT) mit insgesamt fast 140 000 Teilnehmern. Im Langzeitverlauf führt das Screening demnach zu einer signifikanten Abnahme von Gesamtsterblichkeit und aneurysmabedingter Mortalität. Auch die Zahl der Rupturen und Notfalloperationen geht zurück.
Bei Frauen konnte das IQWiG dagegen keinen Nutzen des Screenings erkennen. Das lag nicht zuletzt daran, dass von den vier RCT nur eine einzige auch Frauen einschloss. Mit dieser einen Untersuchung konnte selbst nach zehn Jahren kein Vorteil bezüglich Rupturrate sowie Gesamt- und aneurysmabedingter Sterblichkeit gezeigt werden. Besonders gefährdete Frauen könnten dennoch von der Früherkennung profitieren, so die Leitlinienautoren. Schließlich haben Raucherinnen ein doppelt so hohes AAA-Risiko wie Männer, die nie geraucht haben. Wer für alle Männer ab 65 Jahren ein Screening vorsieht, müsste konsequenterweise auch Raucherinnen einladen, so die Autoren.
Verwandte von Betroffenen tragen erhöhtes Risiko
Nicht zu unterschätzen ist die familiäre Belastung, die das Risiko für Bauchaortenaneurysmen verdoppelt. Bei weiblichen Verwandten mit AAA tragen Männer sogar ein vierfach erhöhtes Risiko. In einer Geschwisterstudie hatten 17 % der Brüder von Betroffenen selbst ein AAA und 6 % der Schwestern.
Vertretbar ist das Aortenscreening allerdings nur, wenn die damit Identifizierten mit einer niedrigen periprozeduralen Morbidität und Mortalität behandelt werden können. Denn das Rupturrisiko von Aneurysmen < 5,5 cm liegt bei Männern bei 0–1,61 pro 100 Patientenjahre. Ein weiteres Risiko des Screenings sind Überdiagnosen, also der Nachweis von AAA, die zu Lebzeiten des Patienten klinisch nicht aufgefallen wären. Von einer Übertherapie spricht man, wenn der Patient invasiv behandelt wird, obwohl ihm das Aneurysma nie Beschwerden bereitet hätte.
Kleine Bauchaortenaneurysmen – < 5,5 cm bei Männern, < 5,0 bei Frauen – bedürfen keiner speziellen Therapie. Eine regelmäßige Überwachung reicht aus, wobei sich das Kontrollintervall nach der Wachstumsgeschwindigkeit der Gefäßerweiterung richtet. Jede Zunahme des Durchmessers um 0,5 cm beschleunigt das Aneurysmawachstum um 0,5 mm/Jahr, wodurch sich das Rupturrisiko jeweils verdoppelt. Die Wachstumsgeschwindigkeit ist bei Rauchern um 0,35 mm/Jahr höher als bei Ex- oder Nichtrauchern. Entsprechend kalkulieren die Leitlinienautoren, dass bei Männern mit einem AAA-Durchmesser von 3–4 cm ein Intervall von mehreren Jahren klinisch akzeptabel ist (siehe Kasten). Die Aneurysmen der Frauen haben ähnliche Wachstumsraten, aber ein vierfach höheres Rupturrisiko.
Überwachung kleiner asymptomatischer Aneurysmen
- alle zwei Jahre bei einem Durchmesser von 3–3,9 cm
- einmal jährlich bei einem Durchmesser von 4–4,9 cm
- alle sechs Monate bei einem Durchmesser von 5–5,4 cm
- alle zwei bis drei Jahre bei einem Durchmesser von 3–3,9 cm
- alle sechs Monate bei einem Durchmesser von 4–4,5 cm*
- alle drei Monate bei einem Durchmesser > 4,5–4,9 cm*
* bei konstanter Größe eventuell Intervall verlängern
Nieren- und Iliakalgefäße immer mitbeurteilen
Methode der Wahl für das Screening ist die B-Bildsonographie. Die Treffsicherheit zur Diagnose einer dilatierten Aorta beträgt nahezu 100 %. Bei der Sonographie sollte auch die topographische Beziehung des AAA zu den Nierenarterienabgängen und die Einbeziehung der Iliakalgefäße beurteilt werden. Die zuverlässigsten Ergebnisse liefert die Leading-Edge-Methode in senkrechter Messung rechtwinklig zur Längsachse des Gefäßes.Quelle: S3-Leitlinie zu Screening, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Bauchaortenaneurysmas, AWMF-Registernummer 004-14, www.awmf.org