Claudicatio ohne PAVK entsteht oft durch Popliteakompression
Wenn junge Patienten über intermittierende Claudicatio klagen, dürfte es sich meist nicht um eine PAVK handeln. In dieser Altersgruppe muss man eher mit einem poplitealen Kompressionssyndrom rechnen.
Symptome von Schmerzen bis zu Zehennekrosen
Besonders häufig betroffen sind mit einem Anteil von 40 % Menschen unter 30 – vor allem Männer – und überwiegend (Leistungs-)Sportler.
In den meisten Fällen steckt die Poplitealarterie in der Klemme. Sie wird durch umgebende Muskeln in der Kniekehle eingeengt. Je nach Ausprägung der Ischämie reichen die Symptome von intermittierenden Schmerzen bis zu Zehennekrosen. Die ebenfalls mögliche Kompression der Vena poplitea macht sich typischerweise mit einer belastungsabhängigen Beinschwellung bemerkbar. Fußtaubheit und Parästhesien sprechen für Druck auf den Nerven, erklärte Professor Dr. Eike Sebastian Debus von der Klinik für Gefäßmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.
Das Entrapment der Poplitealarterie (PAES**) kann durch zwei anatomische Varianten bedingt sein:
- Beim Typ 1 verläuft die Schlagader medial des medialen Gastrocnemius-Kopfes.
- Im Fall des Typ 2 nimmt das Gefäß die normale Route, wird aber durch einen veränderten Ursprung des M. gastrocnemius bzw. plantaris eingeengt.
Therapeutisch genügt in frühen Fällen eine muskulotendinöse Resektion. Bei verzögertem Nachweis muss man die geschädigte A. poplitea rekonstruieren, beispielsweise mit einem autologen Venenbypass.
Von den anatomischen Varianten der A. poplitea ist das funktionell bedingte PAES zu differenzieren. Es entsteht durch eine Hypertrophie des M. gastrocnemius und lässt sich durch den Gefäßverschluss im Provokationstest (Fußflexion) nachweisen. Überwiegend betroffen sind intensiv trainierende junge Sportler (z.B. Läufer, Fußballer). In dieser Patientengruppe sollte zusätzlich der Druck im Kompartment gemessen werden. Das ermöglicht eine Differenzierung zwischen dem funktionell bedingtem Entrapment der Kniekehlenarterie und dem (wesentlich häufigeren) belastungsbedingten chronischen Kompartmentsyndrom (erhöhte Druckwerte).
Dessen Behandlung erfolgt primär mit einer Fasziotomie. Wesentlich aufwendiger gestaltet sich die Therapie des funktionellen PAES: Sie erfordert eine ausgedehnte Freilegung des Nervengefäßbündels mit Faszienresektion und Durchtrennung ligamentärer Strukturen.
Nach nur einer Spritze beschwerdefrei?
Möglicherweise profitieren manche auch von einer Botulinumtoxin-Injektion in den medialen Gastrocnemius-Bauch (Tonusreduktion). In einer Pilotstudie (n = 27) konnte eine bis zu einem Jahr anhaltende Wirksamkeit gezeigt werden, in den meisten Fällen genügte eine Injektion.
Quelle: 12. Interdisziplinäres Update Gefäßmedizin*
* Online-Veranstaltung
** popliteal artery entrapment syndrome